Zerstörte Seelen
Darby zu.
«Das ist nicht Ihr Ernst», sagte sie lachend zu Lu.
«Doch.»
«Was wird mir vorgeworfen?»
«Illegaler Waffenbesitz.»
«Ich habe einen Waffenschein.»
«Jetzt nicht mehr. Die Bostoner Polizei hat Ihnen die Berechtigung entzogen.»
«Wann?»
«Heute. Hat Pratt mir gesagt.»
«Das ist mir neu.»
«Besprechen Sie die Sache mit Ihrem Anwalt», sagte Lu. «Sie können ihn von der Wache aus anrufen. Gegen Sie wird Anklage erhoben.»
41. Kapitel
Darby saß in Handschellen auf dem Rücksitz des Streifenwagens und war verdammt mies gelaunt. Aber wenigstens bekam sie so ein wenig Ruhe zum Nachdenken.
Leland hatte Lu gesagt, sie würde sich in eine laufende Ermittlung einmischen. Womit sich die Frage stellte, ob Leland wusste, was tatsächlich mit der Rizzo-Familie passiert war. Die Feds hatten zwar eine Informationssperre verhängt, doch dass Leland ihr am Tag ihrer Entlassung aus der Quarantäne ein Jobangebot gemacht hatte, konnte kein Zufall sein. Darby hätte wetten können, dass die Feds den kommissarischen Bostoner Polizeipräsidenten gedrängt hatten, sie wieder zu beschäftigen, bis die Ermittlung abgeschlossen war. Danach konnte die Polizeibehörde mit ihr anstellen, was sie wollte.
Falls Leland die Wahrheit über Charlie Rizzo und dessen Familie kannte, hatte er sicher mit niemandem darüber gesprochen. Leland wusste, wann man den Mund halten musste. Er war ein guter Bürokratensoldat, wenn nicht der beste überhaupt.
Auf der Wache gab Darby ihr neues Handy, ihre Geldbörse, den Gürtel, ihre Schlüssel und ihr Holster ab, sah zu, wie alles in eine Tüte verpackt wurde, und unterschrieb die Inventarliste. Die Pistole hatte sie bereits einem der Techniker zur ballistischen Auswertung übergeben.
Nach einer gründlichen Durchsuchung wurden ihre Fingerabdrücke genommen. Ein Beamter brachte sie zu einem Verhörzimmer, das nach Schweiß und abgestandenem Kaffee roch. Eine der Leuchtstoffröhren an der Decke summte und flackerte.
Ein fülliger Detective mir zierlichen Händen und einem Smaragd am kleinen Finger kam herein. Er trug den Pony seines braunen, von Weiß und Grau durchzogenen Haars zur Seite gebürstet und hatte eindeutig mehr für Männer übrig als für Frauen.
Anstatt Darby die Handschellen abzunehmen, klinkte er sie in einen Ring in der Tischmitte ein.
«Soll das ein Witz sein?», sagte sie.
Der Detective verließ ohne Antwort den Raum.
Laut der Uhr an der Wand war es 9.20 Uhr. Abends. Darby hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. Sie bettete die unverletzte Seite ihres Gesichts auf den Unterarm und versuchte, ein wenig zu schlafen.
Einige Zeit später öffnete sich die Tür. Sie hob den Kopf und sah auf die Uhr. 10.33.
Ein anderer Detective, ein Weißer mit breitem Fladengesicht, ließ einen Schreibblock auf den Tisch fallen. Er hatte buschiges schwarzes Haar, und sein breiter Oberlippenbart hätte gut in einen 1970er Pornostreifen gepasst.
«Ich bin Detective Steve Kenyon.»
Steve Kenyon
, dachte sie.
Kein schlechter Name für einen Pornodarsteller.
Der Stuhl ächzte unter seinem Gewicht. Er zog einen goldenen Kugelschreiber aus der Hemdtasche.
«Wollen Sie jetzt reden?»
«Geht nicht. Das könnte mich hinter Gitter bringen. Ich habe entsprechende Dokumente unterschrieben.»
«Dokumente? Was denn für Dokumente?»
«Eine Art Vertrag. Trug das Wappen der United States Army. In Gold.»
Steve Kenyon, der 70er Retro-Pornostar, schien verwirrt.
«Rufen Sie Sergeant Major Glick an», sagte Darby. «Er leitet die biomedizinische Einrichtung an der BU .»
Kenyon rieb sich den buschigen Bart.
«In Boston», sagte sie.
«Ich weiß, wo die BU ist.»
«Gut. Rufen Sie ihn an. Aber ich muss Sie vorwarnen, man bekommt ihn nur schwer an den Apparat. Sollte er also anderweitig beschäftigt sein, fragen Sie nach Billy Fitzgerald. Der ist angeblich Glicks Stellvertreter, aber das glaube ich nicht.»
«Wir rufen gar niemanden an.»
«Ich kann erst reden, wenn Sie Glick oder Fitzgerald herholen. Ich brauche ihr Einverständnis.»
«Sie sollten den Bogen nicht überspannen.»
«Und Sie sollten dringend an Ihrer Harter-Bulle-Nummer arbeiten. Versuchen Sie es mal mit einer tieferen Stimmlage. Dann zittern mir vor Angst vielleicht die Eierstöcke.»
Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. «Dass Sie jeden anpissen, habe ich gehört.»
«Sie haben Fragen – ich will sie beantworten. Nicht mehr und nicht weniger. Aber das kann ich aus juristischen Gründen
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