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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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ans Ende meiner Tage. Ich will in den Tavernen den schweren blauen Wein trinken und mich an gebratenem Fleisch mit Oliven ergötzen. Es spielt keine Rolle, dass ich ein Geist bin und eigentlich keine Verwendung habe für noch ein Bedürfnis nach Wein und Fleisch und Oliven. Hier bin ich, und hier will ich bleiben, tief versunken in den Abgründen der Zeit, in dichten Dunst gehüllt, und an einem Ort, wo wir Roma Herren sind und nichts zu fürchten brauchen.
    Aber was ist denn dies nun? Kleine Wellen laufen zitternd gegen den Kai. Ein Kräuselsaum sanfter Brandung schlägt gläsernhell gegen die marmornen Schiffsländen und Molen und weicht zurück – und schwappt erneut heran, und diesmal bei weitem nicht mehr so sacht wie vorher.
    Die vor Anker liegenden Schiffe tanzen auf und ab, und die See schäumt vor ihrem Bug klatschend auf.
    Das Frachtschiff, das noch vor der Hafeneinfahrt lag, taucht für einen Augenblick unter den Horizont, erscheint wieder, schlingernd und rollend.
    Die Erde zittert. Der Himmel erbebt.
    Oh, was ist das, was ist denn das nur? In meinen Ohren ein Brüllen. Der Dunst lichtet sich, ich wende mich um, und ich sehe, dass der Berg jenseits der Stadt Feuer und schwarzen Rauch aus sich hervorwürgt. Aus dem Giebelfeld des Delphintempels stürzten große Marmorblöcke herab. Weiter oben, auf der Agora der Tausend Säulen, sehe ich Säulen umknicken wie dürre Zweige. Das Grollen und Dröhnen wird immer lauter.
    Aber es gibt keine Panik. Die Frauen und Männer in ihren weißen Kleidern und mit den sandalenbeschuhten Füßen streben zielbewusst ihren Häusern zu. Eine marmorgepflasterte Straße reißt in der Mitte entzwei und wölbt sich auf, und man kann darunter dampfende schwarze Erde sehen. Pferde brechen aus und rasen wiehernd über den Platz. Ein Gespann mit Wagen ohne Lenker rast auf mich zu – rast durch mich hindurch und ist verschwunden.
    Atlantis! Ach, Atlantis! Und heute muss ich deinen Untergang erleben!
    Aber wo ist der Nebeldunst? Ich will, dass er wiederkehre. Aber nein, jetzt ist auf einmal alles klar und erbarmungslos deutlich. Jeder gezackte Bruch, jeder Riss im Stein. Und noch immer keine Panik. Aber jetzt höre ich sie jammern, laut, und die Götter um Erbarmen anflehen. Sind denn unsere Leiden nicht genug? Müssen wir auch hier zerstört und vernichtet sein? Auch hier, nachdem wir von dem anderen Ort der Schönheit in den Sternen vertrieben wurden?
    Atlantis! Atlantis!
    Wehe über diese große Stadt …
    Wehe über diese große Stadt … die da prangte in feinstem Linnen und in purpurnen und scharlachroten Gewändern, die bedeckt war mit Gold und kostbaren Edelsteinen und Perlen! Denn seht, in einer kurzen Stunde sind alle diese gewaltigen Reichtümer zu einem Nichts geworden. Und jeglicher Schiffsherr und alle die Passagiere und Matrosen, und alles, was sich auf dem Meer zu schaffen machte, die hielten sich weitab von der Insel, und sie schrien und wehklagten, als sie den Rauch des Feuers sahen, in dem sie verbrannte, und sie sprachen: Wo wird es je wieder eine solche Stadt geben wie diese große Stadt! Und sie streuten sich Asche ins Haupthaar und klagten und weinten und sprachen: Ach, ach, die herrliche Stadt! Denn in einer kurzen Stunde ist sie verwüstet und dahin.
     
     
    10
     
    Nein, Atlantis ist nicht die Lösung. Aber vielleicht gibt es gar keine Lösung. Es reißt mich dahin. Ich wirble weit, weit, weit und tiefer, tiefer, tiefer fort. Nein, es gibt keine Lösung. Oder wenn es sie gibt, so bin ich doch nicht mutig genug, sie zu suchen. Und wieder wirble ich wie ein Flugsamen im Wind. Fort und fort und weiter wehe ich, weiß nicht wohin, und es bekümmert mich auch nicht, ich überantworte mich völlig der Macht der Götter, die mein Schicksal lenken. Was tut es schon, wohin ich ziehe? Welchen Wert hat überhaupt irgend etwas? Alles ist verloren, so ist es doch? Das Imperium ist dahin. Zänkische kleine Lords hacken zähnefletschend auf die vergilbenden Knochen ein. Es gibt keinen Mittelpunkt mehr, keine Grenzen. Und wie sollen wir in diesem Chaos überleben? Wieder werden die Roma in alle Winde verstreut werden. Umhergetrieben, so wie ich jetzt.
    Weiter. Tief. Fernab.
    Lässt du dich wieder willkürlich herumtreiben, Yakoub?
    Aber das ist falsch. Wenn die Rätsel deines Lebens eine Lösung haben, wirst du sie niemals finden, solange du so ziellos umherflatterst. Du hattest doch die Macht dazu; ergreife sie wieder. Geh wieder zurück! Geh so weit zurück, wie du es

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