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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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verlieren, wenn er Patienten
gefährdete   - und steckte meine Rechte
vorsichtig in den Beutel. Zunächst spürte ich nur verschiedenartige
Empfindungen wie kalt, warm, schwer, leicht, spitz oder weich an meiner Hand.
Ich wurde mutiger und griff mir einen Gegenstand. Er war klein, hart, kühl,
oben rund und unten schmäler und hatte   an den Umrissen seiner Unterseite Zacken.    
      " Ein Schlüssel!"   jubelte ich.
    "Ich
habe einen Schlüssel in der Hand!" Martin sah mich forschend an.
"Sind Sie ganz sicher? Wenn ja, holen Sie ihn heraus!"   Ich war mir sicher und zog tatsächlich einen
silbernen Schlüssel hervor. "Prima, und jetzt machen Sie weiter, bis alles
draußen ist."
    Es
war faszinierend für mich, dass die Bewegungsfähigkeit meiner Hand, was die
Feinmotorik angeht, noch eingeschränkt war, ich aber wieder alles spüren konnte,
obwohl   ein paar Wochen vorher überhaupt
kein Gefühl da gewesen war. Zumindest mein Tastsinn war wieder voll entwickelt!
Ich förderte nach und nach einen Tennisball, ein Blatt Papier, drei Münzen,
einen Teelöffel und einen Kugelschreiber aus dem Beutel zutage und konnte alles
richtig identifizieren!
     
    Das
gab mir nach wie vor Hoffnung auch für mein rechtes Bein. Mittlerweile war ich
in der Lage, dort Berührungen spüren. Die fühlten sich aber sehr seltsam an und
was das Komischste daran war: Berührte mich zum Beispiel etwas oder jemand an
der Wade, dann sah ich das zwar, nahm aber die Berührung ganz woanders wahr,
z.B. am Oberschenkel, an der Hüfte oder am Oberarm! Und ich fühlte alles wie
durch eine dicke Watteschicht hindurch! Ab dem Knöchel abwärts war überhaupt
noch kein Empfinden da; ohne hinzusehen konnte ich nicht sagen, wie mein Fuß
dastand, ob er belastet war oder gar umgeknickt. Ich hoffte sehr, dass sich
auch in dieser Hinsicht drastische Verbesserungen ergeben würden.

Kapitel Einundzwanzig
     
     
    Schließlich
brach der Karfreitagsmorgen an, ich hatte meine Reisetasche und meinen
Kosmetikkoffer selbst gepackt - welch ein Fortschritt - und wartete auf Mark,
der leider nicht mit seinem geliebten Porsche kam, sondern mit dem Familienkombi
von Sabine und Alex. Das leider bezog sich dabei nicht auf mein Bedauern,
sondern eher auf Mark, der wie ich wusste, praktische Autos, vor allem Kombis,
verabscheute! Die waren für ihn der Gipfel der Spießigkeit. Aber es ging nicht
anders, in sein tiefergelegtes Teil mit den Sportsitzen wäre ich auch mit seiner
Hilfe nie im Leben rein oder raus gekommen. Da hätten wir schon einen Hebekran
gebraucht! Zudem hätten Rollstuhl und Gepäck keinen Platz darin gehabt.
     
    Als
er mich gegen elf Uhr in meinem Zimmer abholte, spürte ich deutlich, dass er
bereits von der Herfahrt genervt war. Aber er war entschlossen, sich   mir gegenüber nichts anmerken lassen. Ich
meinerseits wollte aber nicht schon wieder, dass irgendetwas Unausgesprochenes
zwischen uns stand. " Hey, Schatz, ich kann mir gut vorstellen, wie du
beim Fahren deinem Porsche nachgetrauert hast." Als er abwehren wollte,
schnitt ich ihm das Wort ab. " Erzähl mir nichts, mir würde es genauso
gehen. Auch ich würde viel lieber in meinem Cabrio sitzen!"  
    Aber
als wir am Auto ankamen, brauchten wir trotz des komfortablen Einstiegs zwei
Anläufe, bis ich aus dem Rollstuhl auf den Autositz hinüber wechseln konnte und
meine langen Beine verstaut hatte. Die nächste unangenehme Überraschung: Ich
hatte Angst vor Geschwindigkeit. Wenn man sich wochenlang erst überhaupt nicht,
dann nur mühsam mit eigener Kraft im mechanischen Rollstuhl fortbewegt oder -
noch langsamer auf den eigenen zwei Beinen - erscheinen einem 50
Stundenkilometer - so viel fuhr Mark im Ort vorschriftsmäßig - als enorm
schnell. Ich ertappte mich dabei, wie ich mich mit der rechten Hand am Türgriff
festkrallte und in den Sitz zurückstemmte. Mir graute schon vor der Autobahn!
Gleichzeitig hoffte ich, mein Muffensausen vor Mark verbergen zu können. Die
Häuser, Felder und Verkehrsschilder schienen nur so vorbei zu fliegen.
    Nach
der Einfahrt auf die Autobahn beschleunigte Mark derart, dass der Motor
aufheulte und entsetzt sah ich aus den Augenwinkeln, dass der Tacho in
Windeseile auf 160 km/h hochschnellte. Mark wechselte, wie es seine Art war,
zügig auf die zweite Spur und zog an einer LKW-Kolonne vorbei. Ich versuchte
mich abzulenken, indem ich die Autokennzeichen las und Sprüche aus den
Initialen machte. Gerade fuhr knapp vor uns auf der rechten Spur ein LKW mit
Anhänger

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