Zombieparade: Storys (German Edition)
Diese »Schädeltänzer« sprangen hoch über die rudernden Arme der Subtoten und zertraten ihnen die Schädel wie Eierschalen. Das war anmutig und tödlich, und auch wenn es nichts Wesentliches zur Kriegsführung beitrug, kann man es doch als einen der wenigen Aspekte unserer Kultur betrachten, der durch und durch uns gehört.
Leider kam auf jeden Schädeltänzer dieselbe Anzahl von »Emulatoren«, jene unserer Art, die beschlossen, wie die Sonnenbrüter zu den Waffen zu greifen. Die Emulatoren nutzten Erfindungen der Menschen: Schusswaffen, Klingen oder Keulen. Ihr Argument lautete, dass solche Hilfsmittel »wirkungsvoller« wären als unsere bloßen Leiber. Viele wählten Waffen basierend auf der Epoche oder Region ihres früheren Lebens. Es war nicht ungewöhnlich, dass man einen ehemaligen Chinesen sah, der beidhändig ein breites Dadao schwang, oder einen ehemaligen Malaien mit dem traditionellen Keris Sundang. Eines Nachts beobachtete ich in den Cameron Highlands sogar einen ehemaligen Okzidentalen, der mit einer rostigen »Brown Bess«-Steinschlossflinte feuerte, die er in einem Irrsinnstempo nachlud. »Manche sprechen von Alexander, manche von Herkules«, verkündete er mit einer Geschwindigkeit, die der eines modernen automatischen Gewehrs in nichts nachstand, »von Hektor und Lysander und anderen großen Namen!« So eindrucksvoll sich das Schauspiel darbot, ich konnte nur über seinen Vorrat an Schießpulver und Munition staunen. Wo, um alles in der Welt, hatte er beides her? Und überhaupt, woher bekamen die allesamt ihre spezielle Bewaffnung, und wie viel Zeit vergeudeten
sie darauf, ihrer habhaft zu werden? Wollten sie tatsächlich »wirkungsvoll« sein, oder lebten sie lediglich den unterbewussten emotionalen Wunsch aus, der tapferen Herzen zu gedenken, die einst in ihrer Brust geschlagen hatten?
Ich glaube, Letzteres legte den Grundstein für eine andere, noch fanatischere Clique von Emulatoren. Diese Schwachköpfe bezeichneten wir als »militarisierte Emulatoren«, da sie sich in quasimenschlichen »Stoßtrupps« organisierten. Sie legten sich Ränge und Titel zu und schufen sogar ein Protokoll mit Geheimcodes und sicheren Passwörtern. Binnen weniger Monate existierten mehrere dieser »Stoßtrupps« in und um Penang.
Am bemerkenswertesten waren »Feldmarschall Peng« (nicht sein richtiger Name) und seine »Armee des reinen Geblüts«.
»Der Plan für den Sieg wird in diesem Moment ausgearbeitet«, versicherte er mir eines Nachts und gestikulierte über einer Karte von Südostasien. Laila und ich waren neugierig genug, dass wir dem »Feldmarschall« einen Besuch abstatteten, und hofften, er könnte uns tatsächlich einen Ausweg aus unserer misslichen Lage zeigen. Nach zwanzig Minuten im »Feld-HQ« waren wir von dieser Hoffnung kuriert. Soweit wir erkennen konnten, bestand seine gesamte
Armee aus einem halben Dutzend Mitgliedern, die sich um eine Sammlung von Landkarten, Mobilfunktelefonen und Büchern über militärisches Handeln drängten. Mit den schwarzen, mit Goldlitzen verzierten Uniformen und blutroten Baretts boten sie fraglos einen prächtigen Anblick und trugen sogar dazu passende – und das schreibe ich ohne Spott – Sonnenbrillen. Noch eindrucksvoller als ihre Aufmachung präsentierte sich ihr Wortschatz. »Statische Verteidigung«, »Wendepunkt«, »Aufspüren und vernichten« und »Befreien, halten und wieder aufbauen«, waren nur einige Ausdrücke, die wir aus ihren endlosen verbalen Disputen heraushörten. Dem »Marschall« schienen unsere Blicke über seine Schulter und unsere Reaktionen auf seinen »Strategischen Einsatzstab« nicht entgangen zu sein.
»Der letzte Schlag muss entscheidend sein«, sagte er zuversichtlich, lächelte und nickte in Richtung seines Stabes. »Und darum, lasst hundert Blumen erblühen. Lasst hundert Schulen entstehen.«
»Hätten wir nur hundert von irgendwas«, seufzte Laila, während wir die »Armee des reinen Geblüts«, die »Fangzahn-Miliz«, das »Taktische Nachtgeschwader« und andere Emulatorgruppen, die kaum ein paar Regentropfen des Subtotengewitters aufzuhalten vermochten, als unerheblich abschrieben.
Der größte Vorteil unseres Gegners bestand immer noch in der enormen Anzahl sowohl verfügbarer Leute als auch verfügbarer Zeit. Wie viele Stunden musste unseresgleichen darauf verschwenden, Nahrung zu finden, auszuruhen oder Schutz vor den tödlichen Sonnenstrahlen zu suchen? Galt das auch für die andere Seite? Wir mussten uns bei
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