Zone One: Roman (German Edition)
meiner Einheitsführer hat Kommunikationswissenschaften studiert, Herrgott noch mal.«
In der brasilianischen Churrascaria leerten Bravo und Omega ihre Gläser. Niemand sagte etwas. Der digitale Audioplayer zirpte erhebende Verse über Sommerliebe. Mark Spitz fiel plötzlich ein, dass er ihnen noch gar nicht von Bubbling Brooks erzählt hatte.
»Ach du lieber Gott«, sagte Angela.
»Die armen Leute.«
»Die Drillinge! Was ist mit den Drillingen?«
»Es heißt, einer wäre davongekommen«, sagte Mark Spitz.
»Welcher? War es Finn?«
»Das weiß ich nicht.«
»Ich hoffe, es war Finn«, sagte No Mas. »Der ist mir der Liebste. Der kleine Scheißer hat Mumm.«
»Arme Cheyenne«, sagte Kaitlyn.
Gary schloss die Augen und nickte, hielt stumme Zwiesprache mit dem mühsamsten Drilling der Welt.
Sie aktivierten die Bewegungsmelder und legten sich hin, schoben sich streng riechende Schlafsackränder bis unter die Nase. Kaitlyn stützte sich auf die Ellbogen und reinigte sich mit Zahnseide die Zähne. »Morgen in aller Frühe wieder an die Arbeit«, sagte sie. Die Frage, wem das strittige Planquadrat mit seinen nicht allzu hohen Häusern und seinem hochgeschätzten Parkplatz zufiel, war zugunsten von Omega entschieden worden. Ein letztes Geschenk des Lieutenants.
Mark Spitz schloss die Augen vor den Dschungelschatten an der Wand. Zum letzten Mal gesehen hatte er den Lieutenant in dem Jiaozi-Laden, während ihre sonntägliche Zusammenkunft sich dem Ende zuneigte. Kaitlyn schlief bereits, lehnte laut schnarchend an der Wand. Der Großraum Wonton war in fröhlicher Stimmung. Der italienische Premierminister hatte zur Hebung der globalen Moral Gina-Spens-Pin-ups freigegeben, auf denen die bikinitragende Kriegerin mit einem Maschinengewehr am Strand posierte, sich neckisch auf einem Radarschirm rekelte, etc. Es waren Berichte von drei weiteren Leichenfeldern eingegangen, wobei sich herausstellte, dass eines kein Leichenfeld im engeren Sinne, sondern der Abladeplatz irgendeines meisterlichen Skel-Töters von unbekannter Identität war. (Buffalo wollte ihn unbedingt finden, um ein Nachrichten-Feature über ihn zu produzieren.) Gute Nachrichten, obwohl das Gesicht des Lieutenants das Gegenteil ausdrückte. Mark Spitz sagte: »Sie wehren sich dagegen?«
»Ich bin nicht immun. Ich schlafe schlecht, aber ich döse gut. Die Seuche ist allerdings die Seuche. Ich sehe keinen Grund zu glauben, dass sie vorbei ist.«
»Ich hätte Sie nicht für einen von diesen Spinnern gehalten, die an göttliche Gerechtigkeit glauben.«
»Nicht Gott. Die Natur, wenn man es denn irgendwie nennen muss. Sie korrigiert ein Ungleichgewicht. Reißt uns aus unserem roboterhaften Trott raus, dem, was meinem Dad bescheinigt wurde, bevor wir den Stecker gezogen haben: dauerhafter vegetativer Zustand. Die Quittung für eine klinisch tote Kultur.«
»Vielleicht ist es ja inzwischen korrigiert«, sagte Mark Spitz. Er hatte so viel Whiskey getrunken, dass ein Hauch von Optimismus in seine Worte einsickerte. »Die Natur ist den Bevölkerungsüberschuss losgeworden, und damit hat es sich.« Sofort war er von sich selbst angewidert, weil er es so formulierte, und vergewisserte sich, dass Kaitlyn, sein nach außen verlagertes Gewissen, nichts gehört hatte. Sie schnarchte.
»Vielleicht hat Buffalo recht, und wir haben die Seuche hinter uns, und das, was wir hier tun, ist ein hochwichtiges Unternehmen. Vielleicht sind wir bloß Metzger, die die verdorbenen Stücke vom Fleisch abschneiden und es dann wieder unter das Glas legen.«
»Warum sind Sie dann hier, wenn es zum Scheitern verurteilt ist?«
»Ich muss mich noch einmal dafür entschuldigen, dass ich kein Eis mitgebracht habe.«
»Schon gut.«
»Eigentlich wollte ich das jede Woche tun, aber ich hab’s vergessen.« Er nahm einen großen Schluck. »Wissen Sie, warum die Skels herumlaufen? Sie laufen herum, weil sie zu blöd sind, um zu merken, dass sie tot sind.«
»Ich bin hier, weil es etwas gibt, das es wert ist, zurückgeholt zu werden.«
»So denken Irrläufer.« Er lächelte. In seinem Gesicht ging dabei nur eine ganz leichte Veränderung vor, als hätte sich viele Kilometer tief auf dem Meeresboden ein schwarzer Aal im Schlaf umgedreht und damit diesen schwachen Nachhall an der Oberfläche hervorgerufen. »Ich bin dankbar. Buffalo hat uns irgendeine sinnlose Beschäftigung gegeben, um uns von allem abzulenken. Einen Entwässerungsgraben für das Camp ausheben, die Blätter von den
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