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Zorn: Thriller (German Edition)

Zorn: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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bedeutet, dass er zur selben Zeit wie Ulrike Meinhof in konkret und wie Holger Meins in Agit 883 schrieb«, erklärte Söderstedt.
    »Ich habe keine Ahnung, wovon ihr gerade sprecht«, gab Kowalewski freimütig zu.
    »Damals warst du noch mit anderen Dingen beschäftigt«, erwiderte Söderstedt. »Unter anderem damit, geboren zu werden.«
    »Wir sprechen von Leitfiguren der Rote Armee Fraktion und der Baader-Meinhof-Gruppe in Westdeutschland«, verdeutlichte Paul Hjelm. »In den frühen Siebzigerjahren. Damals waren nur wenige von euch bereits geboren. Der erste Nachkriegsterrorismus.«
    »Mit einer ganzen Menge Sympathisanten«, fügte Beyer hinzu. »Kaum jemand wusste, wie umfangreich sie von der DDR finanziert wurden. Und Rudi Schrempf war offenbar einer von ihnen. Der sich dann allerdings weiterentwickelte und Karriere machte.«
    »Ausgerechnet beim Springer-Konzern«, merkte Söderstedt an. »Es gibt wohl nur eine Sache, die schlimmer ist, und zwar Bulle zu werden. ›Protest ist, wenn ich sage, das und das passt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, dass das, was mir nicht passt, nicht länger geschieht.‹«
    »Der berühmte Satz von Ulrike Meinhof.« Jutta Beyer nickte. »Aber es stört mich enorm, dass du diese Idioten offenbar mal bewundert hast, Arto. Ich bin in der DDR aufgewachsen.«
    »Und ich im kommunistischen Polen«, fügte Kowalewski an.
    »Und ich in der Sowjetunion«, sagte Laima Balodis.
    Was ihr eine Anzahl erstaunter Blicke einbrachte.
    »Da sieht man mal, wie schnell wir heutzutage vergessen«, stellte Hjelm fest. »Litauen gehörte immerhin bis 1991 zur Sowjetunion.«
    »Damals war ich dreizehn Jahre alt«, erklärte Balodis. »Meine gesamte Kindheit war sowjetisch geprägt. Und außerdem wurden wir von den Russen unterdrückt. Arme Menschen in einem Land mit niedrigem Status, das waren die Litauer. Später dann war es wunderbar, frei zu sein, das möchte ich wirklich betonen. Es war wunderbar, reisen zu können. Aber es war weniger wunderbar zu begreifen, wie sehr man betrogen worden war, wie unzulänglich das eigene Wissen war.«
    »Ich möchte betonen, dass ich Anfang der Siebzigerjahre auch noch nicht so alt war«, sagte Söderstedt. »Ich stand weder aufseiten der Sowjetunion, noch habe ich mit der Baader-Meinhof-Gruppe sympathisiert. Aber während meiner Zeit in den rauesten Gefilden Finnlands hatte ich mehr als nur Protest nötig, ich hatte Widerstand nötig. Ich erlebte eine Welt, in der immer der Stärkere siegt. Aber das war nicht die Welt, in der ich leben wollte. Ich wollte nicht einmal, dass sie existiert. Ich wollte Widerstand dagegen leisten.«
    »Und deshalb bist du Polizist geworden«, ergänzte Hjelm mit einem dezenten Lächeln.
    »Ich auch«, sagte Angelos Sifakis überraschend.
    »Du?«, fragte Hjelm.
    »Griechenland wurde bis zum Sommer 1974, also bis kurz vor meiner Geburt, von einer Militärjunta regiert«, erklärte Sifakis. »Es war eine rechtsgerichtete Militärdiktatur, die von den USA und dem Westen im Zuge des Kalten Krieges unterstützt wurde. In deren Schatten bin ich aufgewachsen und in eine aufkeimende Demokratie hineinerzogen worden. Ich habe gesehen, wie sich die Korruption ausgebreitet hat und die Demokratie immer stärker sabotierte, und ich wurde in der Tat Polizist, um die Reichen daran zu hindern, sich weiter zu bereichern. Aus Protest. Also, alles ist möglich.«
    »Und jetzt ist Griechenland dabei auseinanderzufallen«, sagte Miriam Hershey.
    »Die Korruption hat gesiegt«, erklärte Sifakis und machte eine resignierte Handbewegung. »Oder verloren. Wie man es nimmt. Das Misstrauen gegen den Staat und die Enttäuschung haben zur Folge, dass keiner mehr Steuern zahlt. Man hat den Eindruck, dass alle sich nur bereichern wollen. Und damit liegt man nicht ganz falsch. Aber so verliert man sein Land auch.«
    »Kurz und gut, Politik ist kompliziert«, fasste Hjelm zusammen und meinte, damit der Diskussion ein Ende gesetzt zu haben. Doch dem war nicht so.
    »Dabei wäre das alles doch gar nicht so schwer«, meinte Söderstedt. »Die Basis jeder Politik müsste es sein, dass es allen Bürgern so gut geht wie möglich. So einfach ist das.«
    »Zum Glück haben wir dich, damit einer Ordnung in die komplizierten Fragen bringt«, meinte Hjelm.
    In dem Moment zuckte wieder ein blauer Lichtblitz durch die Kathedrale. Auf dem slowenischen Bildschirm tauchte diesmal allerdings nicht Miladin Mlakar auf, sondern eine schwer zu identifizierende, fleischige

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