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Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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in der Badewanne und dachte nach. Sie hatte den ganzen Tag nichts anderes zu tun gehabt als die
Vogue
zu lesen, ein paar Telefonate entgegenzunehmen und den Anrufern zu sagen, dass Staatsanwalt Sauer leider krank sei. Ja, das sei sehr bedauerlich, man könne aber davon ausgehen, dass er hoffentlich am Montag wieder auf Arbeit erscheine.
    Sie hatte ein paar Kerzen angezündet, das Handy lag griffbereit auf dem Beckenrand. Im Wohnzimmer wummerte die neue Linkin-Park- CD .
    Ihr gefiel der Gedanke, dass Claudius Zorn sich um sie sorgte. Und so hatte sie sich heute Morgen ein Weilchen länger Zeit gelassen, als eigentlich für den Rückruf nötig gewesen wäre.
    Hannah richtete sich auf und ließ heißes Wasser nachlaufen. Ich muss mir die Beine rasieren, überlegte sie. Dann warf sie einen prüfenden Blick auf ihre Unterarme. Und ich darf nicht vergessen, mich einzucremen. Meine Haut ist ganz trocken.
    Es war heiß, fast wie in einer Sauna. Der Dampf waberte in dünnen Schwaden träge durchs Bad und schlug sich am Spiegel nieder. Sie griff zum zehnten Mal in der letzten Stunde nach ihrem Handy, sah aufs Display und ließ es dann frustriert neben die Wanne fallen.
    Du lässt dich ganz schön lange bitten, mein Lieber, dachte sie, hielt sich die Nase zu und tauchte unter. Genoss die Ruhe. Und die Wärme, die ihr Gesicht umgab.
    Du wirst anrufen, Claudius Zorn. Ich weiß es.
    *
    Schröder drückte die Klingel. Tief in der Wohnung erscholl ein hässlicher, misstönender Gong, kurz darauf öffnete ein massiger Mann in den Fünfzigern die Tür einen kleinen Spalt.
    »Wir haben telefoniert, Herr Bosch«, sagte Schröder knapp und hielt ihm seinen Ausweis entgegen. Wortlos wollte der andere wieder schließen, vergeblich. Plötzlich stand Schröders Aktentasche zwischen Wohnungstür und Angel.
    »Was soll das?«
    »Ich kann gerne einen Streifenwagen rufen, dann übernachten Sie in einer netten Zelle, und wir führen dieses Gespräch morgen früh im Präsidium.«
    Adam Bosch dachte nach. Dann öffnete er und ging, ohne sich umzusehen, voraus in den Flur. Schröder folgte ihm in ein Zimmer, das seit Monaten nicht gelüftet schien und offensichtlich gleichzeitig als Wohn- und Schlafraum diente. Das Sofa war mit einem zerknüllten Laken bedeckt. Davor, auf einem niedrigen Tisch, standen Bierflaschen, eine ungeöffnete Weinflasche und ein riesiger Aschenbecher aus geschliffenem Glas. Es roch nach schalem Bier und dumpfer Resignation.
    Schröder setzte sich unaufgefordert in einen abgewetzten Sessel und wies auf den großen Flachbildfernseher, der eine der täglichen Seifenopern zeigte.
    »Könnten Sie das bitte ausmachen?«
    »Hast du eigentlich ’ne Ahnung, wie spät es ist?«, knurrte Bosch und drückte auf die Fernbedienung. Schröder sah auf seine Uhr.
    »Neunzehn Uhr siebenundvierzig, Herr Bosch.«
    Schröder holte ein kleines Notizbuch und einen Stift aus der Innentasche seines Jacketts, schob den Aschenbecher beiseite und legte beides auf den Tisch. Das gab dem Gespräch einen offiziellen Charakter, und er wusste, dass Bosch die Sache jetzt ernster nehmen würde.
    »Sie heißen Adam Bosch?«
    »Ja.«
    »Sie haben eine Schwester, Sigrun?«
    »Ja.«
    »Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
    Bosch fuhr sich mit der Hand durch das dünne Haar. Früher musste es blond gewesen sein, jetzt war es von grauen Strähnen durchzogen. Die Farbe erinnerte an die Kippen, die sich in dem übervollen Aschenbecher türmten.
    »Was ist mit ihr?«
    »Beantworten Sie bitte die Frage.«
    Bosch zündete sich umständlich eine Zigarette an. »Das ist mindestens zehn Jahre her.«
    Schröder tat, als würde er mitschreiben, und fuhr ohne aufzublicken fort: »Wo genau?«
    »Ich will jetzt wissen, was los ist, sonst sag ich gar nichts mehr.« Bosch schob das Kinn vor und sah ihn herausfordernd an. Er hatte wässrige, von geplatzten Äderchen durchzogene Augen. »Ich kenne meine Rechte«, sagte er mit erhobener Stimme, »ihr könnt hier nicht einfach aufkreuzen und die Leute ausquetschen, wie ihr Lust habt. Das muss ich mir nicht gefallen lassen!«
    Schröder legte den Stift beiseite und sah Bosch an.
    »Sie wollen wissen, was los ist?«
    »Ja. Und … und ein bisschen plötzlich, wenn ich bitten darf.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich kenne meine Rechte«, wiederholte Bosch trotzig.
    »Gut.« Schröder verschränkte die Arme vor der Brust. »Nach jetzigem Ermittlungsstand wurde Ihre Schwester am 16. April entführt, stundenlang gefoltert und dann

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