zorneskalt: Thriller (German Edition)
deine Augen.
Du drehst dich mit leicht schräg gelegtem Kopf nach mir um.
» Purpur ist nicht deine Farbe, Rachel«, sagst du und wühlst in meiner Schublade nach etwas anderem. » Aber der hier ist perfekt.« Du hältst einen grünen Lidschatten hoch. Ich verziehe das Gesicht. » Glaub mir, mit dem sehen deine Augen sensationell aus.«
» Ja klar«, sage ich lachend. Aber in Wirklichkeit spiele ich nur mit, weil ich dir blind vertraue. Ich bewundere, wie du weißt, was gut aussieht und was nicht, wie du’s immer schaffst, mich besser aussehen zu lassen, als ich mir je hätte vorstellen können.
Du schubst mich auf die Bettkante und fängst an, meine Augen zu schminken. » Zehn Minuten«, sagst du, » für ein komplettes Make-up brauche ich nur zehn Minuten.«
Ich nicke zustimmend. Ich würde liebend gern den ganzen Abend so sitzen bleiben, nur um deine Aufmerksamkeit zu genießen. Manchmal kann ich selbst kaum glauben, dass du ausgerechnet mich zu deiner Freundin gemacht hast, obwohl du die freie Wahl hattest. Auf dem Schulhof sehe ich immer wieder, wie sich Jungen und Mädchen um dich drängen, deine Anerkennung suchen. Du könntest jeden mit deinem strahlenden Lächeln bedenken und aufblühen lassen, aber das tust du nicht, du reservierst es für mich. Und dieses Wissen macht, dass ich mich herausgehoben und lebendig fühle, wo ich zuvor leer und grau war. Unter deinem Blick fühle ich mich wie eine meiner Sonnenblumen, Clara.
Endlich bist du fertig. Ich muss die Augen zumachen, dann ziehst du mich vom Bett hoch und führst mich vor den Spiegel. » Jetzt mach sie auf«, sagst du, und ich tue wie geheißen.
Das Mädchen im Spiegel bin nicht ich, das kann nicht ich sein. Die Augen, die immer trüb und blass waren, leuchten jetzt grün, sind groß und weit. Sie scheinen leicht zu funkeln. Mein ganzes Gesicht ist verändert. Ich kann die Wangenknochen sehen, und die Lippen glänzen unter einer dünnen Schicht Lipgloss. Ich sehe beinahe hübsch aus. Ich könnte weinen.
» Siehst du, Rachel, ich habe immer recht.«
» Danke«, sage ich. Das drückt nicht einmal ansatzweise aus, was ich empfinde, aber mehr bringe ich nicht heraus.
Du stellst dich neben mich vor den Spiegel und machst ein Gesicht wie ein Model, ganz schmollend und sinnlich. Darüber muss ich lachen, und ich versuche, es dir nachzutun. Dann lassen wir uns rückwärts auf das weiche Bett fallen, blicken zu der Artex-Decke mit ihren Spiralen und Erhebungen auf. Ich habe das Gefühl, neben dir auf einer Wolke zu schweben, nur wir zwei. Ich hoffe, dass es immer so bleiben wird.
» Weißt du was, Rachel? Ich werde später mal Schauspielerin und spiele Hauptrollen in aufwendigen Hollywoodfilmen. Ich will berühmt werden. Mein Dad sagt, dass ich nächstes Jahr anfangen kann, Schauspielunterricht zu nehmen.« Und dann lachst du. » Das ist zumindest mein Traum.«
Ich stelle mir vor, wie du kleine Wellen der Begeisterung auslöst, wohin du auch gehst, wie du in einer dieser Roben, die seitlich geschlitzt und am Rücken tief ausgeschnitten sind, über den roten Teppich schreitest. Ich sehe dein Haar, das sich bis zum Hintern hinunterschlängelt, und höre die Paparazzi im Blitzlichtgewitter Clara, Clara, Clara rufen.
» Du wirst sicher berühmt.« Ich wälze mich auf die Seite, um dich ansehen zu können. » Vergiss mich nur nicht, wenn du’s bist.«
» Als ob ich das täte.« Du rammst mir den Ellbogen in die Rippen. » Beste Freundinnen …« Du streckst mir den kleinen Finger hin, damit ich meinen einhaken kann.
» … auf ewig«, ergänze ich, und wir lachen gemeinsam darüber, wie kindisch wir sind.
Als unsere Hände sich wieder trennen, springst du vom Bett auf und schiebst eine CD in meinen Ghettoblaster. » Hier«, sagst du und gibst mir meine Haarbürste. » Wenn wir berühmt sein wollen, müssen wir üben. Ich habe eine Tanznummer ausgearbeitet.«
Wir hören » Relight My Fire«, und du versuchst, mir einen Tanz beizubringen, den du choreographiert hast. Aber wenn ich die Arme ausstrecke, sind sie schwabbelig, und ich höre nur das ungraziöse Getrampel meiner schweren Füße. Ich werfe mich aufs Bett und erhasche dabei im Spiegel noch einen Blick auf mein Gesicht, jetzt rot und verschwitzt.
» Gott, mir reicht’s, deine Assistentin zu sein, wenn du ein Filmstar bist. Ich kann weder tanzen noch singen, für mich gibt’s wenig Hoffnung«, sage ich lachend.
» Dann benote wenigstens meinen Auftritt, Höchstpunktzahl zehn.«
Ich setze
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