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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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Abrinnspuren, und die Form der Überkreuzung ergibt die Reihenfolge, ganz simpel, Spurenkunde für Anfänger ist das, dachte ich. Und dann ist da noch der Klassiker, der Tropfen, der bei Fallhöhen über einem Meter Sekundärspritzer hinterlässt, ein kreisförmiger fetter Punkt, ein wenig ausgefranst, und rundum lauter kleine Pünktchen, und bei Fallhöhen darunter ist es eben nur ein kreisrunder, fetter Punkt, an den Rändern ein klein wenig unförmig, wenn er denn überhaupt Ränder hat, der Punkt, und nicht bloß einen einzigen Rand. Ohne Spritzerchen rundum. Blut spritzt ja wie Wasser, dachte ich weiter, weitgehend, weil Blut ja auch weitgehend Wasser ist, nur mit Farbe, und das Wasser eben ohne. Ganz wie diese Flecken . . . wie diese . . . Tropfen . . . blass und . . . schattiert. . . und an den Rändern keine . . . wegen der geringen Fallhöhe. . .
    Rosa.
    Es sind deine Tropfen, Rosa, nicht wahr?
    Es ist dein Blut da auf dem Papier. So blass. Und schattiert. Und ein klein wenig unförmig an den Rändern. Nur eben ohne Farbe.
    Es ist dein Herzblut, nicht wahr . . . Rosa?

Im Keller, Montagfrüh
    Schade, dass du es nicht erleben konntest. Eine Minute, wahrscheinlich länger. Der Plastiksack über seinem Kopf. Wie lange, glaubst du, hofft man in einer solchen Situation noch? Auf das Leben, auf ein Wunder? Wann kommt dann schließlich doch der Moment der Gewissheit? Dass alles aus ist? Ende. Das Endgültige. Der Tod. Denkt man da ans Beten, an den lieben Gott?
    „Du hast es getan? Den Geier? Mit einem Plastiksack?“
    Nicht ich war es, du hast es getan, du hast den Apparat in Bewegung gesetzt. Die Kriminalisten, Presseleute. Gratulation! Du bist jetzt der meistgesuchte Mann im Lande. Keine Angst. Sie werden dich nicht kriegen, weil du ja mir gehörst.
    „Sie werden aber dich kriegen. Ich weiß, dass sie dich kriegen werden. Und du weißt es auch. Du wirst Fehler machen, wahrscheinlich hast du sie bereits gemacht. Die sind gut dort oben am Paulustor. Glaubst du wirklich, die nehmen mir den brutalen Serienmörder ab? Schau mich an! Sehe ich aus wie ein kalter Killer? Die wühlen in meiner Vergangenheit, in meinem Leben. Kriminalpsychologie! Was du in meinem Namen getan hast, passt nicht zu meinem Persönlichkeitsbild. Die wissen das. Und die werden nach anderen Spuren suchen. Und eine davon wird zu dir führen.“
    Natürlich tun sie das. Kennst du den Schleimböck? Pardon, Herrn Chefinspektor Ferri Leimböck? Oberzampano in Sachen Mord? Ich kenne ihn. Besser als du, vielleicht sogar besser, als er sich selbst kennt. Ich weiß, wie er funktioniert, ich weiß, wie die alle dort oben funktionieren.
    „Du warst selbst einer von ihnen. Das ist es! Du warst Polizist. Vielleicht bist du noch immer einer. Warum? Warum? Und nimm diese verdammte Wollmütze ab. Ich will endlich dein Gesicht sehen!“
    Das hat man davon, wenn man versucht, freundlich zu sein. Ende des Gesprächs. Kein Essen und kein Wodka bis zum Abend.
    „Ist mir egal. Nimm die Mütze ab, du feiges Arschloch, schau mir in die Augen. Komm zurück. Hallo, komm zurück.“
    In der Küche, Montagmittag
    Fehler, Fehler, Fehler. Verdammt. In meiner Euphorie über den gelungenen Abend im Keplergymnasium habe ich mich hinreißen lassen, mit dem Journalistenwurm zu viel zu reden. Klar, im Unterbewusstsein habe ich jemanden gebraucht, mit dem ich mich darüber unterhalten konnte. Es gibt ja nur ihn. Es wird immer schwieriger, das, was ich tue, in mir selbst zu verarbeiten. Vielleicht sollte ich ihm ein Ohr abschneiden. Nur so. Weil ich es tun kann. Und will. Weil er mich getäuscht hat. Ich hatte gedacht, dass ihn der Schmerz, der Wodka, die Einsamkeit, die Angst kleiner gemacht hätten, aber er hat noch Kräfte, und er kann sich aufbäumen.
    Schleimböck, du warst immer ein offenes Buch für mich. Braver Knochenarbeiter, alles nach der alten Schule. Gelernt ist gelernt. Aber du bist noch immer weit weg von jenem Genie, das große Taten schaffen kann. In einem ähneln wir uns aber vielleicht sogar. Auch du bist ein Sammler, emsig und gewissenhaft. Deshalb wirst du auch alles, was ich dir hingeworfen habe, finden und bearbeiten. Das macht dich ja so berechenbar. Im Gegensatz zu mir sammelst du aber nicht Wissen und Weisheit, sondern nur Fakten. Du findest das, was da ist, und bleibst innerhalb der Grenzen, die dir dein Beruf vorschreibt. Das hat uns damals schon unterschieden. Ich habe stets versucht, diese Grenzen zu sprengen, ich habe nach neuen Wegen gesucht, du

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