Zuckersueßes Chaos
Kontaktliste stehen. Touché. Weil er seinen Weg unbeirrt fortführte, versuchte ich es noch ein letztes Mal, diesmal auf die mitleidige Tour.
»Warum musst du mich eigentlich ständig ärgern? Ich hab dir überhaupt nichts getan.«
»Weil ich drauf stehe, wenn du wütend wirst«, sagte er mit einem trägen Lächeln und blieb vor mir stehen. Ich wusste nicht, ob er es ernst meinte oder mich wieder einschüchtern wollte, doch eigentlich war der Grund auch egal, denn beide Möglichkeiten waren mir zuwider.
»Okay, okay. Ich komme mit runter. Kein Grund, handgreiflich zu werden«, sagte ich mit erhobenen Händen und bevor er mich anfassen konnte. Für meinen Geschmack hatte er mich in letzter Zeit viel zu oft berührt. Er sah schon fast enttäuscht aus, machte dann aber eine übertrieben höfliche Geste und deutete zur Tür.
»Nach dir.« Vor mich hin grummelnd, kam ich seiner Aufforderung nach und wünschte mir, ich wäre ihm nur einmal körperlich überlegen. Dann könnte ich mich für all seine Dreistigkeiten und Sticheleien revanchieren. Als ich ins Wohnzimmer trat, kam mir eine süßliche Wolke entgegen, die mir im ersten Moment sämtliche Atemwege zuschnürte. Vicky hatte nichts dagegen, wenn man in ihrer Wohnung rauchte oder sonstige fragwürdige Substanzen konsumierte, der Geruch von Gras war mir dennoch zuwider.
»Gott, was raucht ihr denn da für Zeug?«, fragte ich und setzte mich ans andere Ende des Sofas, so weit weg von der Wolke wie nur möglich.
»Nichts für Kinder, Schätzchen«, sagte Jason, woraufhin die anderen lachten und setzte sich mir gegenüber. Ich verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und beobachtete ihn dabei, wie er einen kräftigen Zug nahm und die Tüte an Justin weitergab.
Kinder? Ich bin nur zwei Jahre jünger als du, du eingebildeter Flegel
, dachte ich mir und hoffte inständig, er würde an dem Inhalt ersticken. Auf meinen bösen Blick hin, lachte Will leise in sich hinein, so dass ich nicht anders konnte, als sein Lächeln zu erwidern. Dann fragte ich mich, wie jemand wie Jason überhaupt Freunde haben konnte? Seine Kumpels machten einen so bodenständigen und netten Eindruck, dass Jason völlig fehl am Platz wirkte. Doch im selben Moment wurde mir bewusst, dass er eigentlich nur bei mir so unverschämt war. Es musste also wirklich etwas Persönliches sein. Vielleicht lag es ja daran, dass ich ihm damals am Strand vor all seinen Freunden einen Korb gegeben hatte, überlegte ich.
Jemand wie Jason war es doch sicher gewohnt, dass ihm die Frauen scharenweise hinterherrannten. Und vielleicht hatte ihn die Abfuhr so sehr gekränkt, dass er es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, mich, wo es nur ging, zur Weißglut zu treiben. Oder war er etwa verunsichert, weil ich ihm nicht hinterhersabberte, wie alle anderen Frauen? Ich lächelte vor mich hin, als ich mir vorstellte, wie er sich darüber ärgerte und hatte plötzlich den Drang, ihn von meiner Unabhängigkeit zu überzeugen.
»Wer will noch ein Bier?«, fragte Jason, woraufhin sich einige Finger erhoben. Als er zum Kühlschrank lief, um die kalt gestellten Flaschen zu holen, beugte ich mich zu Will rüber.
»Gibst du mir einen Zug?«, fragte ich leise und deutete auf die Tüte in seiner Hand. Er warf einen kurzen Blick zu Jason, der sich laut pfeifend die Flaschen unter den Arm klemmte, als müsse er um Erlaubnis fragen.
Komm schon
, dachte ich und wedelte ungeduldig mit der Hand. Wie sehr es Jason wohl ärgern würde, wenn ich von seinem kostbaren Joint zog, dachte ich schadenfroh. Gerade, als Jason zurückkam, gab mir Will die Tüte und ich nahm zwei tiefe Züge, wohlwissend, dass es Jason gegen den Strich gehen würde.
»Bist du verrückt?«, sagte er an Will gewandt, als er sah, wie ich ihm die Tüte zurückgab. Doch sein Kumpel zuckte in einer
Sie hat es so gewollt
-Geste die Schultern. »Reg dich ab, Jason«, sagte ich augenrollend und lehnte mich wieder zurück. Dabei fühlte ich ein leicht taubes Gefühl auf der Zunge.
»Das ist nicht mein erstes Mal«, fügte ich hinzu. Er warf Will einen strengen Blick zu und stellte die Bierflaschen auf den Tisch. Dann fragte er:
»Wie oft hast du gezogen?«
»Zwei Mal, wieso?« Er setzte sich mir gegenüber und beugte sich vor, so dass er mir tief in die Augen blicken konnte.
»Das war kein Gras, Claire, zumindest nicht nur.« Ich starrte ihn an.
»Was soll das heißen? Was war denn noch drin?« Ich schlug mir die Hände vor den Mund. »Habe ich irgendwas Schlimmes
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