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niederschmetternd, denn wir hatten erst kurz zuvor eine Überwachungsaktion in der Region ergebnislos abgebrochen. Wir waren von den Polizeibehörden um Hilfe gebeten worden, weil in den Chiemgauer Alpen seit geraumer Zeit immer wieder unbewohnte Almhütten aufgebrochen wurden. Konkrete Hinweise auf die Einbrecher gab es bislang nicht, doch die Spurensicherung ging davon aus, dass es sich um zwei Personen handelte. Offenbar benutzten sie die Hütten kurzfristig als Unterkunft, schliefen und kochten dort und nahmen am Ende allerlei Brauchbares mit. Neben Geld vor allem Lebensmittel und Wolldecken. Die Bergsaison war vorbei, die Wanderer wurden weniger, viele Hütten schlossen. Das kam ihnen gerade recht.
Dann wurde in einer kleinen Gemeinde im Tal ein 79-Jähriger vor seinem Haus niedergeschossen und ausgeraubt. Der Mann erlitt schwere Verletzungen, konnte aber eine vage Beschreibung der Täter abgeben. Es seien zwei Jugendliche gewesen mit einem Akzent, der auf eine Herkunft vom Balkan hindeute. Wie sie ausgesehen hatten, dazu wusste das Opfer allerdings kaum Angaben zu machen. Trotzdem ließ man einen Zeichner nach den ungenauen Beschreibungen Phantombilder anfertigen, die in der Gegend ausgehängt wurden.
Jedenfalls brachte man den Überfall mit den Einbrüchen in Verbindung und beschloss eine Überwachung der am stärksten betroffenen Bergregion. Eines dicht bewaldeten und teilweise steilen Areals, das nur schwer zu kontrollieren war. Zumindest nicht von den örtlichen Polizeikräften. Deshalb wurde um Amtshilfe beim SEK nachgesucht. Ob unsere Leute sich nicht nachts in einigen Hütten auf die Lauer legen und ungebetenen Besuchern den entsprechenden Empfang bereiten könnten. So die Anfrage.
Gemeinsam mit dem Kommandoführer stellte ich eine 16-köpfige Gruppe zusammen, die sich der Sache annehmen sollte, und begleitete sie in den Chiemgau. Mit den Kollegen vor Ort musste schließlich zuvor die genaue Vorgehensweise besprochen werden. Schon als wir den Übersichtsplan aller Almen und Hütten sahen, wurde uns mulmig zumute. Jetzt erst erkannten wir in vollem Umfang, wie weitläufig und unübersichtlich das Gelände war, wie viele Wege es gab, auf denen man sich verlaufen konnte. Vor allem wenn man sich nicht auskannte. Außerdem war die Zahl der Hütten weitaus größer als von uns angenommen.
Wo also Prioritäten setzen? Das mussten die einheimischen Kollegen entscheiden. Wir gaben nur die Zahl vor, und diese Rechnung war ganz einfach. Vier Mann pro Hütte schienen mir das Minimum, vier weitere brauchte ich für andere Aufgaben außerhalb, machte drei Objekte pro Nacht. Mehr nicht.
» Okay, dann entscheiden wir uns für diese hier«, sagte der Einsatzleiter und zeigte uns seine Karte. » Und wie wollt ihr dort hinkommen?« Gute Frage, dachte ich. Schließlich sollte das alles unauffällig geschehen, sonst konnten wir es gleich im Radio durchsagen lassen. Zu Fuß schien uns zu lang, Geländewagen waren zu auffällig und schwer zu verstecken, blieb mal wieder nur der Hubschrauber. Natürlich keine Maschine, auf der groß » Polizei« aufgemalt war. Wir besprachen noch, wo die Hüttenbesatzungen abgesetzt werden sollten, und suchten auf der Karte gute Beobachtungspositionen im Bergwald für die restlichen vier Leute, dann kehrte ich nach München zurück.
Dort stellte ich eine Ablösung zusammen, denn die Überwachung sollte mehrere Tage dauern. Es wäre schon ein unglaublicher Glücksfall, wenn die Einbrecher gleich in der ersten Nacht auftauchten. Natürlich taten sie das nicht, zumindest nicht in den von uns besetzten Hütten. Stattdessen brachen sie auf einer recht weit entfernten Alm ein. Auch die folgenden Tage vergingen ereignislos, und vor allem die zuständigen Polizeibehörden waren mehr oder weniger überzeugt, dass die kriminellen Kids inzwischen anderswo ihr Unwesen trieben. Oder dass sie vorübergehend untergetaucht waren, um von sich abzulenken. Jedenfalls wurde die Überwachung auf Anordnung des Gesamteinsatzleiters eingestellt, und die SEK -Kräfte rückten ab.
Und nun das. Ein Bergwanderer hatte die beiden Toten entdeckt. Als er die Hütte, die noch bewirtschaftet war, zugesperrt vorfand, schöpfte er Verdacht und spähte durchs Fenster in den Schankraum, sah den Wirt und seine Frau dort blutüberströmt liegen. Sobald er die Polizei informiert hatte, wurden wir zur Unterstützung angefordert, denn für die Jagd nach Mördern fühlte man sich hier nicht gerüstet.
Noch in München machten
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