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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nur eine Kopie!« sagte er, als Boltenstern keuchend aufhörte, in sinnloser Wut auf dem Projektor herumzutrampeln. »Das Original liegt in einem Banktresor. Mein Rechtsanwalt hat den Auftrag, bei meinem plötzlichen, also gewaltsamen Tode den Film zu entnehmen und der Polizei vorzuführen.«
    »Du erbärmlicher Hund!« sagte Boltenstern. Er schwitzte, und es war ein klebriger, kalter Schweiß. »Man sollte dich wirklich totschlagen wie eine Ratte!«
    »Der Film, Alf … Vergiß ihn nicht!« Huilsmann lehnte sich genießerisch an die Wand. Es war schon ein Vergnügen, den großen Boltenstern, das Genie aus Klugheit und Gewissenlosigkeit, so hilflos und ohnmächtig zu sehen. »Es ist schade, daß du ihn nicht zu Ende gesehen hast. Den Tod Erlangers unter den Händen Schreiberts kann kein Schauspieler jemals nachgestalten. So stirbt man wirklich nur einmal …«
    Boltenstern hatte sich beruhigt. Er überblickte seine Lage völlig klar, und sie war trostlos, wenn Huilsmann nicht weiter schweigen würde.
    »Was willst du?« fragte er deshalb und schleuderte die Filmschlange von seinen Füßen.
    »LSD!«
    »Es wird einige Tage dauern. Ich muß dazu verreisen.«
    »Gut! Du hast wirklich nichts mehr?«
    »Glaubst du, in dieser Situation belüge ich dich noch?«
    »Nein.« Huilsmann nickte. »Ich kann drei Tage warten. Solange ertrage ich diese miese Welt!«
    »Und wie soll das zu Ende gehen, Toni?« Boltenstern sah hinunter auf den Film. »Willst du uns alle zugrunde richten?«
    »Solange ich lebe, wird niemand diesen Film sehen. Sterbe ich eines natürlichen Todes, vernichtet mein Anwalt den Film ungesehen. Nur bei meinem unnatürlichen Tod –«
    »Ich weiß!« Boltenstern winkte ab. Ihm war plötzlich speiübel. Er verließ den Vorführraum und ging zurück in das große Zimmer und hinaus in den Innenhof mit den Glaskästen der tropischen Blumen. Huilsmann folgte ihm wie ein flinker treuer Hund.
    »Soll ich dir etwas zu trinken bringen?« fragte er.
    »Ja. Gift!«
    Huilsmann lachte und ging hinein zur Bar. Er mixte einen langen Drink mit Sekt und brachte ihn Boltenstern in den Innengarten.
    »Wir sind doch Freunde«, sagte er. Das Glas zitterte in seiner Hand. Die Flüssigkeit schwabbte über. »Solange du mir LSD besorgst, ändert sich daran nichts. Und merk dir eins: Du hast mir das Zeug gegeben. Nur durch dich habe ich diese andere Welt kennengelernt!«
    Mit dem Gefühl, enthäutet zu sein, verließ Boltenstern wenig später die Villa Huilsmanns.
    Mit dem Nachtzug fuhr er nach München. Ein Gammler auf der Leopoldstraße war bereit, für 500 Mark eine Adresse zu verraten. Sie war echt. Ein Chemiestudent stellte in einer alten Garage selbst das LSD her. Wer den Trick kennt, für den ist es nicht schwer. Wie nach einem Kochbuch kann man es herstellen. Man nehme …
    Mit fünfzig Faltpapierchen voll Pulver kehrte Boltenstern nach Düsseldorf zurück. Für den Studenten in München bedeutete der Kauf ein Jahr lang Miete und Essen.
    »Pulver?« sagte Huilsmann kritisch, als er das erste Faltpapier geöffnet hatte.
    »Man kann LSD flüssig, in Pulverform oder zu Tabletten gepreßt haben.« Boltenstern schnupperte an dem auch ihm fremden Pulver. »In Flüssigkeit löst es sich farblos auf.«
    »Das ist kein Schwindel?«
    »Ich habe dreitausend Mark dafür bezahlt.«
    Huilsmann griff in die Brusttasche und zog ein Bündel Hundertmarkscheine heraus. »Ordnung muß sein. Hier, such dir 3.000 raus!« Dann scharrte er die fünfzig Päckchen zusammen und rannte damit zu seinem Tresor, als bringe er einen Diamantenschatz in Sicherheit.
    Nur ein Päckchen ließ er liegen … die neue Wonne für den kommenden Abend.
    »Die Dosis stimmt auch?« fragte er, bevor Boltenstern sich verabschiedete.
    »Natürlich. 100 Mikrogramm.«
    An diesem Abend lernte Toni Huilsmann Himmel und Hölle kennen. Er wurde in eine schizophrene Anfallsphase geschleudert, die alles bisherige übertraf.
    Boltenstern hatte ihn belogen. Das Pulver enthielt 250 Mikrogramm LSD, genug, um die Sterne vom Himmel fallen zu sehen.

14
    Mitte August – 12 Tage vor dem großen Divisionstreffen in Nürnberg – erschien in den ›Niederrheinischen Tagesnachrichten‹ ein großer Artikel, der überall Aufsehen erregte.
    In allen Direktionszimmern der Großindustrie wurde er gelesen, und Generaldirektor Hollwäg rief sofort Boltenstern an. Auch Oberstaatsanwalt Dr. Breuninghaus meldete sich bei Major Ritter, der den Artikel ebenfalls gelesen hatte und sich die grauen

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