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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Paps noch nichts davon. Wir wollen noch bis zum nächsten Jahr warten.«
    »Wegen Geld?«
    »Ja.«
    »Blödsinn! Dein Vater hat genug.«
    »Wir wollen auf eigenen Beinen stehen, Vater«, sagte Werner Ritter. »Du kennst meine Ansichten.«
    »Blöd sind sie, jawohl!« Konrad Ritter warf den Kopf in den Nacken. »Ich danke dem Himmel, daß du wenigstens eine vernünftige Frau bekommst! Mein Sohn und Jutta Boltenstern … Kinder, das habe ich mir ganz tief im Herzen immer gewünscht. Und ihr habt geschwiegen. Ihr habt dem alten Ritter nicht vertraut! Das ist fast eine Beleidigung! Aber trotzdem … Kinder, das feiern wir! Darauf trinken wir eine Flasche Wein! Und kein Wort zu Boltenstern! Ich bin jetzt euer Mitverschwörer!« Er legte den Arm um Werner und Jutta, und es sah von weitem aus, als ließe er sich von ihnen abschleppen. »Kinder, bin ich glücklich! Endlich hat mein Junge einmal einen vernünftigen Gedanken gehabt.«
    Sie gingen aus dem Park und am Schloß vorbei. Eine kleine, glückliche Familie.
    Und Jutta Boltenstern vergaß sogar ihre Reportage mit dem amerikanischen Schuhkönig Josuah Abram Rilley.
    An diesem Abend besuchte Alf Boltenstern mit einem großen Blumenstrauß Petra Erlanger.
    In der schloßähnlichen Villa war es still. Seit dem Tode Erlangers schien alles Leben in diesen riesigen, prunkvollen Räumen wie in Watte gepackt.
    Die Fabriken führten jetzt die Subdirektoren, ein Gremium von Juristen überwachte alles. Der Kopf der Wollhagen-Werke fehlte jetzt zwar, aber es zeigte sich schon nach einer Woche, daß dieser Kopf nur eine Schraube gewesen war, die man durch eine neue Schraube ersetzen konnte. Natürlich sprach das niemand aus … in der Halle des Verwaltungshochhauses wurde ein Ölbild Erlangers enthüllt und jeden Tag mit frischen Blumen geschmückt … aber von der am Grabe vorgetragenen ›Arbeit in seinem Geist‹ war wenig mehr die Rede. Neue Ideen gewannen Raum.
    Petra Erlanger saß im großen Wintergarten, als Boltenstern eintrat. Sie trug ein raffiniert schlichtes, schwarzes Kleid aus Seidencrêpe, gerade so weit geschnitten, daß man den Ansatz ihrer hohen, aber mädchenhaften Brust sah.
    »Das ist schön, Alf, daß du kommst«, sagte sie mit ihrer sanften, samtweichen Stimme. »Ich bin so schrecklich allein.« Sie lehnte sich zurück, legte die Rosen Boltensterns in ihren Schoß und schloß die Augen. Boltenstern starrte sie an wie das Erlebnis der Geburt einer Venus aus dem Schaum des Meeres. »Eigentlich war ich immer allein, die ganzen Jahre, aber ich habe es nie so gespürt wie jetzt, nachdem Richard nicht mehr da ist. Das große Haus, die herumschleichenden Menschen … wie in einer Gruft komme ich mir vor. Wie eine Inderin, die mit ihrem Mann von der Welt muß …«
    »Das war vor 200 Jahren, Petra«, sagte Boltenstern, beugte sich über sie und küßte ihre Stirn. Nur ein Hauch war's, die Andeutung eines Kusses.
    »Ich fühle mich 400 Jahre alt.«
    »Und siehst aus wie ein Gemälde Botticellis.«
    »Was bringst du Schönes, Alf?« Petra richtete sich auf. Ihre blauen Augen hatten einen verträumten Blick. »Wenn ich dich nicht in den vergangenen Wochen gehabt hätte …«
    »Du weißt, ich bin immer für dich da, Petra.« Das klang erbärmlich abgeleiert, aber was sollte man darauf sagen? Boltenstern setzte sich Petra gegenüber. Es war ein Rokokostuhl, etwas niedriger als Petras Stuhl, und so sah Boltenstern auf ihre langen, schlanken Beine in den hauchdünnen schwarzen Strümpfen. Ein Gefühl inniger Verbundenheit mit dieser Frau überflutete ihn. Ein Gefühl von Stolz, obwohl er noch gar keine Rechte genoß.
    »Ich möchte verreisen«, sagte Petra und blickte in den nächtlichen Park. »Weg von hier, die Stunden des Schreckens vergessen, etwas anderes sehen als nur trauernde Gesichter. Könntest du mich begleiten, Alf?«
    »Zu jeder Zeit, aber nicht vor September.«
    »Ach.«
    »Es sind noch dringende Geschäfte zu erledigen, Petra.«
    »Sind sie dringender als ich?«
    »Ja!« sagte Boltenstern klar.
    Petra sah Boltenstern einen kurzen Augenblick erstaunt und wie fasziniert an. So hatte Richard nie zu ihr gesprochen. Er war immer ein etwas weicher Mann gewesen, ein Mensch in Moll, der Härten auswich und Petras Launen duldete. Boltenstern aber sagte ein klares Ja oder Nein. Er war kraftvoll und selbstbewußt. Sie hatte das früher nie bemerkt oder erkannt. Nun sah sie ihn mit den Augen einer gereiften Frau an, einer Frau, die seit Jahren in einem goldenen Käfig

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