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Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält

Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält

Titel: Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sennett Richard
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Arbeit setzten sie eine Maske auf. Sie verharrten in diesem Doppelzustand. 6
    Mills hielt nicht viel von der akademischen Psychologie. Damals verfestigte sich in Amerika vor allem die Freud’sche Psychologie zu einer Orthodoxie. Mills führte die beschriebene schützende Maske auf die sozialen Bedingungen in der Stadt, im Staat oder in der Industrie zurück, desgleichen soziale Masken anderer Art. Das »Tiefenhandeln«, das Gideon Kunda in der Teamarbeit beobachtete, ließe sich in Mills Augen wohl hinreichend durch kurzfristige Orientierung im modernen Büro erklären. Wir wollen dieser soziologischen Erklärung jedoch etwas mehr psychologische Tiefe geben. Insbesondere vermag die Psychologie im Blick auf den Umgang mit sozialen Ängsten noch andere Aspekte aufzuzeigen als das bloße Gefühl und dessen Maskierung. Die Psychologie kann den Wunsch verständlich machen, sich zurückzuziehen, sich zu isolieren und so die Angst in Bezug auf die eigene Stellung in der Welt zu verringern.

Rückzug

    Der Ausdruck »Rückzug« impliziert, dass jemand eine Entscheidung trifft, wie etwa in Robert Putnams Bild des Menschen, der sich angesichts ethnisch, rassisch oder in ihrer sexuellen Orientierung andersartiger Menschen »einigelt«. Wir müssen die unterschiedlichen Bedeutungen von Wörtern klären, die ein durch Rückzug geprägtes Leben bezeichnen: Alleinsein, Isolation, Einsamkeit. Der Soziologe Eric Klinenberg hat versucht, dem Ausdruck »Alleinsein« eine eigene Bedeutung zu geben. 7 Er stellt fest, dass in Großstädten wie Paris, London oder New York etwa ein Drittel der Erwachsenen allein leben. In manchen Fällen ist dieses Alleinsein gewollt, in anderen nicht. Es fällt jedoch schwer, so schreibt er, die mit dem Alleinsein verbundenen Gefühle zu charakterisieren. Manche leiden unter dem Alleinsein, anderen gefällt diese Lebensweise. Ein gutes Beispiel ist die Scheidung. Wer beschlossen hat, seinen Ehepartner zu verlassen, entdeckt als Alleinstehender vielleicht, dass er einen großen Fehler begangen hat, während der verlassene Partner möglicherweise zu seiner eigenen Überraschung feststellt, dass ihm dadurch eine unerträgliche Last von den Schultern genommen wurde.
    Auch die nahe Verwandte der Alleinseins, die Isolation, ist nicht immer eine Wunde. Zwar halten viele Gefangene Isolierhaft für schlimmer als Folter, doch Kartäusermönche, die sich freiwillig für die Isolation in ihrer stillen Klosterzelle entscheiden, nehmen dieses Leiden auf sich, um ihre spirituellen Horizonte zu erweitern. Im weltlichen Leben bieten Spaziergänge, wie Jean-Jacques Rousseau sie in seinen Träumereien eines einsamen Spaziergängers (1778) beschrieb, ähnlich erleuchtende Erlebnisse. Rousseau zog es vor, seine Spaziergänge allein zu unternehmen, und vermied nach Möglichkeit Gespräche mit Freunden, denen er dabei begegnete. Er hatte das Gefühl, dass er im Alleinsein zu einem ganzen Menschen wurde. Einsamkeit an sich tut weh, doch Jean-Paul Sartre glaubte, alle Menschen sollten diesen Schmerz erleben. Einsamkeit von der Art, die Sartre in Das Sein und das Nichts als »ursprüngliche Einsamkeit« bezeichnete, lässt uns unsere begrenzte Stellung in der Welt erkennen. 8 Diese existenzielle Notwendigkeit vermittelt Samuel Beckett in Theaterstücken wie Warten auf Godot . Das Abwesend-Sein ist ein Grundbestandteil des menschlichen Daseins.
    Den Formen von Rückzug, mit denen wir uns hier befassen wollen, einem freiwilligen Rückzug, der die Angst verringern soll, fehlt diese existenzielle oder spirituelle Dimension. Sie lösen keine Gefühle der Einsamkeit oder des Mangels aus. Wenn der Rückzug dem Ziel dient, die Angst im Umgang mit anderen Menschen zu bändigen, führt er nicht zur Erleuchtung, sondern zu einer gewissen Blindheit. Diese Blindheit hat zwei psychologische Bestandteile: Narzissmus und Selbstzufriedenheit.

Narzissmus

    Narzissmus mag einfach nur als Synonym für Egoismus erscheinen, aber die Psychoanalyse hat ihn vor langer Zeit zu einer komplexeren Angelegenheit stilisiert. Als Freud 1914 seinen grundlegenden Aufsatz über den Narzissmus veröffentlichte, sah er darin einen Zustand der Selbstbespiegelung, in dem der betreffende Mensch sich beim Umgang mit anderen nur selbst in ihnen spiegelt. 9 Dabei verleiht der Psychoanalytiker der Identifikation, jenem zu Beginn dieses Buchs erörterten Schlüsselelement der Sympathie, eine bittere Wendung. Diese Wendung liegt in der Frage, ob wir uns mit anderen Menschen

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