Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
sich gegen den Türpfosten gestemmt hätte, er mit seiner geballten Manneskraft die ganze Taverne zum Einsturz gebracht hätte.
Doch diesen Fehler hatte er gestern schon gemacht, er hatte zu massiv und zu schnell gedrängt.
Er brachte ein halbherziges Grinsen zustande. »Ich hebe mich für die Hochzeitsnacht auf.«
Ihr überraschtes Auflachen lenkte seinen Blick auf ihren Mund, wo seine Augen schmachtend verweilten. Sie hatte zauberhafte Lippen. Von einem dunklen Rosaton, der zur Mitte hin intensiver wurde. Die Unterlippe war voller als die obere. Ihr Gesicht war zwar anmutig, aber nicht unbedingt weich geschnitten. Sie hatte hohe, betonte Wangenknochen, einen entschlossenen Zug um Augen- und Mundpartie und ein energisches kleines Kinn. Indes war ihr Mund eine lockende, verletzliche, sanft geschwungene Rundung inmitten all der Strenge und Distanziertheit.
Er wollte – nein, er musste – diesen Mund schmecken.
»Nein«, flüsterte er. Er straffte sich und umschloss mit seinen großen, schwieligen Kämpferhänden ihr zartes Gesichtsoval. »Ich werde mein Nachtlager noch nicht mit Ihnen teilen. Aber ich gedenke, Ihnen heute Nacht einen Kuss abzutrotzen.«
7
E r setzte sein Vorhaben in die Tat um, ehe Meredith Zeit fand, Atem zu schöpfen.
Er senkte seinen Mund hastig auf ihren, als fürchtete er, sie könnte sich ihm sonst entziehen. Vielleicht hatte er auch Angst vor seiner eigenen Courage. Die Überrumpelungstaktik scheiterte, seine Lippen verfehlten ihre, und ihre Augen waren noch geöffnet.
Einen Herzschlag lang fühlte sie sich wieder wie damals mit vierzehn. Ungeschickt, unsicher. Sich schmerzlich zahlloser Dinge bewusst, nur nicht der Freuden, geküsst zu werden.
Doch dann neigte er ihr Gesicht ein wenig, sodass seine Lippen ihre fanden. Sie besann sich darauf, ihre Augen zu schließen.
Und mit einem Mal passte alles. Plötzlich war sein Kuss das Maß aller Dinge. Sie fühlte sich abermals wie mit vierzehn, himmlisch beflügelt, als stürmte sie kopflos einen felsigen Abhang hinunter, keinen Gedanken an Vorsicht verschwendend, mit dem einzigen Ziel, rauschhafte Freude zu empfinden.
Rhys St. Maur küsste sie.
Es war wundervoll .
So verharrten sie endlos wähnende Sekunden lang, ihre Lippen in zärtlicher Unschuld aufeinandergepresst. Er machte keinerlei Anstalten, seine Zunge zwischen ihre Lippen zu schieben und ihren Mund zu erkunden, wenngleich sie das voller Hingabe gebilligt hätte. Wenn er gewollt hätte, hätte er sie im Sturm erobern können. Indes unternahm er nicht einmal den Versuch. Er küsste sie sanft und behutsam. Ihre Mundwinkel. Ihre Oberlippe, dann die Unterlippe. Ein süßes kleines Nippen, genährt von Gin und sinnlicher Glut.
Als er sich von ihrem Mund löste, hob sie unwillkürlich die Hände, um seine zu umschließen, presste sie fest auf ihr Gesicht, um zu vereiteln, dass er sie losließ. Unvermittelt fuhr ihr der Gedanke durch den Kopf, dass sie ihn die ganze Zeit hätte berühren können. Sie hätte seine Haare streicheln, mit ihren flachen Händen seine muskulöse Schulter- und Brustpartie nachzeichnen können.
Herrschaftszeiten, sie war eine Närrin.
Stattdessen begnügte sie sich damit, mit ihren Daumen über seine Handrücken zu streichen, die weiche Haut zwischen seinen Fingern zu fühlen und schließlich seine kräftigen, sehnigen Handgelenke zu umkreisen. Sie schlug die Lider auf.
»Das war …« Er betrachtete sie mit einem seltsam verwirrten Ausdruck in den Augen. »Das war schön.«
»Ja. Wahrhaftig.«
Er löste seine Hände von ihrem Gesicht. Widerwillig ließ sie seine Handgelenke los.
Mit einem unschlüssigen Räuspern griff er hinter sich nach dem Türknauf. »Nun, es ist spät geworden. Ich glaube, ich gehe jetzt besser …«
»Warten Sie.«
Zur Hölle damit, sich wieder wie vierzehn zu fühlen. Und zum Teufel mit »schön«.
Kurz entschlossen packte Meredith ihn am Revers, stellte sich auf Zehenspitzen und küsste ihn freimütig.
Er stolperte rückwärts gegen die Tür und öffnete ob seiner Verblüffung die Lippen. Sie nutzte das Überraschungsmoment, um ihre Zunge schnurstracks in seinen Mund zu schieben. Zu mehr bedurfte es nicht. Jetzt küsste er sie wirklich und wahrhaftig zurück. Mit offenem Mund, knabbernden Zähnen und kreisender Zunge. Mit unverstellter Lust.
Ja, endlich. Es war genau das, wonach sie sich sehnte – ein Ansturm auf ihre Sinne. Hungriges Schmecken, aufgewühlte Atemzüge. Die feuchte Glut seiner Zunge, sein kratziges
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