Zwei Toechter auf Pump
vielleicht ein Held sein und das Fenster einen kleinen Spalt weit öffnen? Nein, entscheidet der Held nach dem alten militärischen Grundsatz: Warmer Mief ist besser als kalter Ozon.
Als ich erwache, legt es sich mir wie ein Stein auf die Brust: Margot und Buddy. Wenn nun schon etwas passiert ist? Was soll ich tun? Die Mama um Rat fragen? Nur, wenn alle Stricke reißen. Ich richte mich auf und kratze mir intensiv den Kopf, ohne dadurch wesentlich klüger zu werden. Wahrscheinlich rege ich mich über all das viel zu sehr auf, und vor allem ändere ich gar nichts damit.
Wenn ich jetzt wieder ins Bett zurückkriechen und mir die Decke über den Kopf ziehen würde, müßte auch alles weitergehen. Und würde auch. Keine schlechte Idee übrigens. Einen Geschmack habe ich im Mund — als ob ich geleimte Pappkartons gefuttert hätte. Leberpillen nehmen. Dieser >Spözielle< vom Seiler-Maxl hat mir direkt Löcher in den Magen gebrannt. Was ist denn das da Rotes auf dem Stuhl? Ach so — meine Schärpe. Jetzt riecht’s nach Kaffee. Kein schlechter Gedanke. Na, mal aufstehen. Was für Wetter ist denn draußen?
Ich krieche aus dem Bett und rüttele am Fenster. Es ist dick zugefroren. Als ich es endlich auf habe, stößt mir Eiseskälte wie ein Messer gegen die Brust. Ich werfe nur einen flüchtigen Blick auf den See. Er besteht aus einem Wald von Dampfsäulen, die gegen einen drohend schwarzgrauen Himmel steigen. Dann drücke ich das Fenster rasch wieder zu. Mindestens zwanzig Grad. Es klopft. Margots Stimme:
»Colonel?«
»Augenblick...« Wo ist denn bloß meine Hose — da, unter dem Stuhl. Schnell mit der Hand über die Haare, dann öffne ich die Tür. Sie steht da, im Schlaf rock, etwas blaß und ernst und beängstigend liebenswert. »Ich hab’ das Frühstück fertig, Colonel!«
»Nett von dir, Kerlchen, aber ich muß, glaube ich, erst mal zu mir ‘rüber...«
»Das kannst du später.«
»Ich hab’ aber gar nichts zum Waschen...«
»Im Badezimmer sind neue Waschlappen von mir und Seife und Handtuch. Warmes Wasser ist auch schon da, und zu rasieren brauchst du dich nicht.«
Und dabei legt sie mir die Arme um den Hals und gibt mir einen Kuß. Ich schiebe sie weg, aber in meiner Brust gibt es einen Klang wie von einer kleinen Glocke. Dieses entzückende Wesen — nein, ich muß alles aufbieten, um sie zu bewahren. »Was macht denn Susanne?«
»Schläft.«
»Du bist sicher, daß sie nicht noch mal losgeflitzt ist?«
»Ganz sicher.«
»Wieso — du hast doch auch geschlafen!«
»Nein.«
»Warum nicht?«
Sie nimmt meine Hand, spielt an meinen Fingern wie ein ganz kleines Kind: »Ach, Colonel...« Hebt dann den Blick, und es ist ein Blick aus vergangenen Tagen, als wir noch zusammen Pilze sammelten und Rehe beobachteten: »Eigentlich bin ich ganz froh, daß du’s erfahren hast. Da kann ich doch mal mit jemandem drüber reden...«
»Machen wir«, sage ich würdig. »Lauf mal, während ich mich zurechtmache, zur Mami ‘rüber und sag ihr, daß ich nachher käme.«
Sie dreht auf der Hinterhand um. Ich gehe ins Bad, höre von dort, wie sie den Mantel vom Bügel nimmt und die Tür öffnet. »Guten Morgen, meine Herren!« sagt sie. »Nicht so stürmisch!« Dann fällt die Haustür zu.
Fängt das schon wieder an mit den Bengels? Ich reiße die Badezimmertür auf — und herein stürzen Cocki und Weffi und springen an mir hoch. Sie haben gefrorene Tränen in den Augenwinkeln, und aus ihren Fellen dünstet die Kälte. »Ich wußte gar nicht mehr, daß es euch noch gibt«, sage ich, während ich mich niederknie, um ihnen den Schnee aus dem Fell zu klopfen und die Augen sauber zu machen.
Weffi springt auf den zugeklappten Thron, zittert mit den Hosen und reicht mir mit der Geziertheit einer Diva die Pfote. Dabei sehen seine braunen Augen still gegen den weißen Schein, der von draußen durch die Milchglasscheibe dringt. Der Löwe wirft sich vor mir auf den Rücken, läßt die lange, schwere Zunge albern aus dem offenen Rachen hängen und tatzt mit den dicken Pfoten gegen meine Beine. Da ist Liebe, einfache, unverstellte und unbedingte Liebe, die nach mir verlangt — und ich hatte sie vergessen! Vor lauter Kindergewuddel.
Ich ziehe die beiden Köpfe an mich: »Seid mir nicht böse, Jungs. Es dauert ja nur noch knappe zwei Wochen. Könnt ihr eurem Herrchen daraufhin noch ‘n bißchen Kredit geben?«
Der kleine Löwe leckt mir quer über das Gesicht. Seine großen Goldaugen glänzen vor Seligkeit, daß Herrchen sich
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