Zweifel in Worten
nicht verkneifen, seinen Blick musternd über die Rückseite des schlanken Mannes gleiten zu lassen. Er bewegte sich so natürlich und geschmeidig, dass Gabriel kurz an einen Greifvogel dachte. Einfach elegant, selbst in der legeren Kleidung, die der schlanke Mann trug. Sneakers, Jeans und ein enges T-Shirt, darüber ein offenes, kurzärmeliges Hemd, trotzdem bewegte sich Frank, als würde er in den Wolken schweben, um gleich auf seine nächste Beute herabstoßen. Der Bibliothekar hatte etwas Gefährliches an sich. Etwas, von dem Sam nichts berichtet hatte. Und es gefiel Gabriel sehr gut!
Er ertappte sich dabei, viel zu lange hinter ihm herzusehen, schluckte hart und begann endlich damit, seine neuen Pflanzen herauszusuchen.
Franks Rückkehr kündigte sich mit dem unschönen Gerappel eines Einkaufswagens an. Er grinste, während er näherkam. „Na? Dachtest du, ich hätte dich hier stehengelassen und wäre abgehauen?“
„Nein, auf die Idee bin ich nicht gekommen. Ich glaube, ich hab genug schöne Petunien gefunden.“ Er begann damit, sie in den Einkaufswagen zu stellen. Frank half ihm dabei.
Als sie die Kassen passiert hatten und wieder auf dem Parkplatz ankamen, konnte Gabriel nicht anders. Auf Höhe von Franks Wagen blieb er stehen und sagte: „Ich würde mich sehr freuen, wenn du mitkommen würdest. Du könntest mir beim Einpflanzen helfen, während Sam sich endlich beruhigt, weil es dir gutgeht ...“ Er lächelte und hoffte inständig, dass Frank nicht ablehnen würde.
Der musterte ihn nachdenklich und legte auf eine aparte Art den Kopf schräg. Ein spitzbübisches Grinsen zog seine Mundwinkel hoch. „Wenn du mir vorher dabei hilfst, meine Gartenmöbel nach oben zu kriegen, gern.“
Gabriel blinzelte und konnte nicht anders, diese Schlagfertigkeit und Lockerheit gefiel ihm viel zu gut. „Geht in Ordnung. Sagst du mir deine Adresse?“
„Ich helfe dir beim Einräumen, dann kannst du mir nachfahren.“
„Erstaunlich!“, entfuhr es Gabriel und er sah Frank, der neben ihm her zu seinem Jeep Grand Cherokee ging, immer wieder verwundert an.
„Was meinst du?“
„Na, du bist ... so anders, als ich gedacht hätte.“
„Inwiefern?“
„Sam meinte, du wärst ziemlich ... scheu.“
Frank grinste erneut. „Bei Sams Temperament kann man das auch schnell werden ... Ich meine, ich glaube, ich mag ihn, aber du bist deutlich ruhiger und vernünftiger. Das mag ich eben auch. Vor allem beruhigt es mich, wenn du verstehst ...“
Gabriel schluckte. Das waren ja gänzlich unerwartete Töne!
„Freut mich. Also, dass du uns beide magst.“
Sie räumten die Pflanzen in den Kofferraum, dann brachte Gabriel den Wagen weg und Frank ging zu seinem Polo, zehn Minuten später parkten sie vor Franks Wohnhaus ein und er half ihm, die Kiste und die Stühle nach oben zu bringen.
„Wunderschön! Hier liest du? Da könnte ich glatt neidisch werden ...“, sagte Gabriel anerkennend und blickte sich gründlich um.
Frank holte das Handy von Sam aus seiner Tasche und reichte es Gabriel. „Hier, bevor ich es vergesse. Ich habe es ausgeschaltet.“
Gabriel nahm es entgegen und schob es in seine Hosentasche. „Darf ich da mal probeliegen?“
Frank nickte und Gabriel streckte sich auf der Liege aus. „Toll! Dieser Blick, unglaublich.“
„Ja, das stimmt, aber wenn du deine Blumen lebend einpflanzen willst, sollten wir sie bald aus deinem Wagen holen ...“
„Oh, das ist wahr. Na los, willst du noch irgendwas mitnehmen?“
„Mitnehmen? Gehe ich auf eine Weltreise?“
Gabriel kicherte. „Nicht ganz. Nein, aber vielleicht hast du Lust, nachher in den Pool zu springen?“
„Hm, das ist ein Argument.“ Frank verschwand in einem weiteren Zimmer und kehrte wenig später mit einer kleinen Umhängetasche zurück. Er nahm ein Brillenetui vom Schreibtisch und nickte bekräftigend. „Ich bin so weit.“
Verrückte Villa
Frank fuhr mit seinem eigenen Wagen hinter Gabriels Riesenauto her und staunte nicht schlecht, als ihm klarwurde, dass der Boss von mehr als tausend Mitarbeitern in der exklusivsten Wohngegend von Steglitz ein geradezu riesiges Grundstück mit einer dazu passenden Villa besaß. Das Gebäude war ungefähr so hoch, wie das Mehrfamilienhaus in welchem er wohnte, zumindest, wenn er die Breite und Höhe der Front betrachtete, vor der er nach kurzer Fahrt über einen kiesbedeckten Platz zu einem Parkplatz steuerte.
Er stieg aus und ging zu Gabriel, der die ersten Kartons mit jeweils fünf Pflanzen aus
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