Zwergenkinder, Band 01 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 01
seiner Wohnhöhle beschädigen.
Zunächst durfte Tomli nur ein Leuchten am Ende des Zauberstabs erzeugen, das er dann über Stunden erhalten musste, ohne dass es zu grell wurde oder verlosch.
Richtig gut konnte man dieses Leuchten nur in der Dämmerung oder bei Nacht sehen, weil am Tag die helle Wüstensonne vom wolkenlosen Himmel strahlte. An den ersten Tagen wurde das Licht manchmal zu einem gleißenden Feuerstrahl, der in den Himmel schoss. Dann hatte sich Tomli nicht richtig konzentriert.
»Du musst die Formel die ganze Zeit über stumm vor dich hinsagen«, wies ihn Meister Saradul zurecht. »Und achte darauf, dass die magische Kraftentwicklung immer schön gleichmäßig ist.«
Das war leichter gesagt als getan, doch mit der Zeit gewöhnte sich Tomli an den Umgang mit dem Zauberstab und auch an die Art und Weise, wie dieser die Kraft der angewendeten Magie verstärkte. Immer seltener passierte ihm ein Missgeschick.
Als er wenige Tage später um die Mittagszeit wieder seine magischen Übungen ausführte, schweifte sein Blick kurz in die Ferne, und er sah zwei Punkte am Horizont.
Zwerge verfügten nicht über eine besonders ausgeprägte Fernsicht. Darin waren sie nicht nur den Elben unterlegen, die für ihre scharfen Augen bekannt waren, sondern sogar den Menschen. Das war kein Wunder, denn normalerweise spielte sich der Großteil eines Zwergenlebens unter der Erde ab, und dort musste und konnte man nicht weit in die Ferne blicken. Es war stattdessen viel wichtiger, zu sehen, wohin man seinen Fuß setzte, oder einen von Staub überzogenen Goldklumpen zu entdecken, an dem ein anderes Wesen ahnungslos vorbeigestolpert wäre. Selbst in den oberirdischen Stadtteilen von Ara-Duun herrschte in den Gewölbegängen eine gewisse Enge, sodass man auch dort nicht allzu weit sehen musste. Entscheidend war, dass man mitbekam, was sich in unmittelbarer Nähe befand, damit man möglichst wenigen Leuten auf die Füße trat und kein Dieb einem das Geld wegnehmen konnte.
Tomli blinzelte. Die beiden Punkte bewegten sich langsam auf Ara-Duun zu und verschwanden dann hinter einem der Felsentürme in der Umgebung der Stadt. Tomli wartete darauf, dass sie dahinter wieder zum Vorschein kamen, und tatsächlich geschah das auch.
Für einen Augenblick lenkte ihn der Anblick eines besonders großen Wüstenschiffs ab, das mit hoher Geschwindigkeit durch den Sand pflügte. Es war nicht nur länger als alle Wüstenschiffe, die Tomli je gesehen hatte, sondern hatte auch größere Aufbauten. Die Magie der großen, starren Segel musste enorm sein, und die Blitze, die sie umflorten, waren besonders hell.
Ein Admiralsschiff! , erkannte Tomli.
Das riesige Gefährt versperrte ihm eine ganze Weile lang die Sicht. Anschließend suchte er die Gegend noch einmal nach den beiden sich bewegenden schwarzen Punkten ab und fand sie schlussendlich auch.
Reiter! , dachte er. Vielleicht sind es Reiter! Aber Genaueres konnte er nicht erkennen.
Da entschloss sich Tomli kurzerhand, noch einmal eine magische Linse zu erschaffen. Saradul hätte ihm das nach der kleinen Katastrophe in der Wüste mit Sicherheit untersagt. Jedenfalls ging Tomli davon aus. Aber der Meister war im Moment in uralte magische Schriften vertieft, die er kürzlich auf einem der Märkte von Ara-Duun erworben hatte.
Also versuchte es Tomli noch einmal. Er murmelte die entsprechende Formel und bemühte sich dabei, die magischen Kräfte derart einzudämmen, dass er sie sicher kontrollieren konnte, so wie er es die ganzen letzten Tage über schon mit dem Licht am Zauberstab geübt hatte.
Eine magische Linse entstand. Aber diesmal war sie weitaus kleiner als die in der Wüste. Dort hatte Tomli keine Rücksicht genommen, schließlich war ja nichts in der Nähe gewesen, was hätte beschädigt werden können.
Die Luft flimmerte, und der Durchmesser der Linse wuchs zunächst auf die Länge eines Zwergenarms, doch zum Schluss war er so groß wie ein Bein, und zwar wie das eines Menschen.
Tomli richtete die Linse mit seinem Zauberstab noch etwas genauer aus, dann hatte er die beiden sich bewegenden schwarzen Punkte deutlich im Blick.
Es waren die beiden Elben, die er schon in der Wüste gesehen hatte, als sie noch mehrere Tagesreisen entfernt mitten in den endlosen Sandlanden unterwegs gewesen waren. Sie hatten es geschafft, die Wüste zu durchqueren, waren nicht verdurstet, hatten ihre Pferde nicht zuschanden geritten und waren auch nicht von den Wüsten-Orks niedergemacht worden.
Und die
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