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Zwergensturm

Zwergensturm

Titel: Zwergensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Mueller-Hammerschmidt
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Ein Kind?“ Endlich ließ Wily Haggys Kopf los. Haggy blieb jedoch nah bei ihm. „Er ist es als Kind.“ Wily hustete los, und wieder spuckte er einen Klumpen Schleim aus, der diesmal blutig war. „So sah er unmittelbar nach Beginn der Besatzung aus.“ Auf einmal fühlte er sich müde. Sehr müde. Er spürte, wie das Leben aus seinem Körper fuhr. „Heute ist er natürlich älter. Er wird auch nichts wissen über seine Herkunft. Trotzdem … sucht ihn! Sucht den König. Seht euch das Bild genau an, er hat eine Narbe …“, Wily musste kurz pausieren, Haggy nahm ihn in die Arme, „… unter dem linken Auge. Die müsste immer noch da sein.“ „Und dann?“, wollte Haggy wissen. „Was machen wir dann mit ihm, selbst wenn wir ihn finden?“ „Das wird sich ergeben.“ „Wo ist er? Wo sollen wir suchen?“ „Geht nach Grünleben. Ich glaube nicht, dass die Dunkelelfen sich die Mühe gemacht haben, ihn wegzubringen.“ „Grünleben? So weit weg? Ich war noch nie außerhalb von Pruda.“ Haggy drückte Wily fester. „Was sollen wir ihm denn sagen? Wir können ja nicht einfach dort auftauchen und einem Zwerg eröffnen, dass er angeblich unser König ist. Woher hast du das Bild eigentlich?“
    Wily antwortete nicht mehr. Er war eingeschlafen. Für immer. Haggy legte Wilys Leichnam auf das Bett und strich ihm über die Augen, um seine Lider zu schließen. Haggy weinte leise. Otto legte seine Arme um Zahrin, die auch eine Träne im Auge hatte. „Das war es also mit dir, alter Freund“, dachte Haggy. Als er sich erhob, glaubte er, eine Stimme zu hören. „Nein, das war es noch nicht. Wir sehen uns wieder.“

    Nachdem der städtische Bestatter den Leichnam abgeholt hatte und sie Dieba etwas getröstet hatten, verließen sie traurig das Haus. Dieba war eine starke Frau, und der Tod ihres alten Vaters kam ja nicht überraschend. Trotzdem ergriff die Trauer sie natürlich.
    Draußen sah Haggy seine Freunde an. „Was meint ihr?“ Zahrin lächelte grimmig und sagte: „Ich war noch nie in Grünleben.“ Ihre selbst geschmiedeten Augenbrauen- und Nasenringe reflektierten das wenige Sonnenlicht, das sich den Weg durch die Wolken bahnte. „Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Weg von den Kindern, und wer repariert dann alles im Waisenhaus?“ Otto schien wenig überzeugt. „Und wer klaut dann die ganzen Küchenmesser?“ Zahrin schien sich als Erste etwas von der traurigen Situation zu erholen. Vielleicht wollte sie auch nur vom gerade Erlebten ablenken. „Na, unter den dortigen Lümmeln würde sich schon jemand finden, der Otto nacheifert“, lächelte Haggy. Er ergänzte: „Ich verstehe dich schon, Otto, wir wissen alle, wie eng du dich ans Waisenhaus gebunden fühlst.“ „Das Waisenhaus ist mein ganzes Leben, etwas anderes kenne ich ja gar nicht“, sagte er ergriffen. Sie machten sich langsam auf den Weg, auch wenn eigentlich keiner wusste, wohin sie gehen würden. Sie gingen einfach die Straße hinunter Richtung Marktplatz.
    Auf halbem Wege kam ihnen eine Patrouille aus zwei Dunkelelfen entgegen. Haggy streckte sich und ging so aufrecht er konnte. Irgendwie dachte er, so würde er weniger verdächtig aussehen. Dabei hatte er sich gar nichts zu Schulde n kommen lassen. Die Dunkelelfen schauten die Gruppe zwar skeptisch an, ließen sie jedoch passieren.
    „Grünleben soll ja ganz schön sein“, fuhr Haggy fort. „Die Ställe sind mir nicht so wichtig, auch wenn ich die Ponys mag. Aber seit Wily nicht mehr dort arbeitet, ist es nicht mehr so wie früher. Meine Familie, meinen Vater und meine Mutter, würde ich aber vermissen. Meine Güte, was würde mein Vater sagen, wenn ich ihm erzähle, dass ich nach Grünleben gehe?“ „Und das, um den König der Zwerge zu suchen, hihi“, grinste Tinchena. „Also, das würde ich ihm bestimmt nicht erzählen“, lachte Haggy. „Hat eigentlich jemand das Bild?“ „Ja, ich.“ Zahrin hielt es hoch. Haggy sah die kleine Gnomin an: „Tinch, was meinst du? Zahrin scheint gehen zu wollen, Otto ist nicht so überzeugt, und ich bin ratlos. Du hast zwar den kleinsten Kopf, aber das größte Hirn von uns allen. Also, erleuchte uns!“ Tinchena erstrahlte plötzlich, riss die Arme in die Lüfte und fing an zu tanzen: „Juchhu, wir gehen nach Grünleben! Alle miteinander!“ Sie war so putzig, dass Haggy nicht anders konnte, als mitzulachen. Er war unendlich traurig wegen Wily, aber die Freude, die Tinchena nun auf einmal ausstrahlte, färbte sofort auf ihn ab. Auch

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