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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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berichtete Irma.
    »Sie hat ein Strafmandat für zu schnelles Fahren bekommen«, erklärte Paulie.
    »Das ist doch keine Tragödie«, kommentierte Rya.
    »Sie ist ja auch nicht wegen des Strafmandats verstört«, erwiderte Paulie.
    »Es geht darum, wie der Bulle sie behandelt hat«, sagte Irma und fuhr, an mich gewandt, fort: »Gloria hat einen speziell für sie angefertigten Cadillac. Mehr Stahl im Rahmen. Keine Rücksitze und dafür ein nach hinten versetzter Fahrersitz. Bremsen und Gasgeben per Handbedienung. Breitere Türen, damit sie problemlos ein- und aussteigen kann. Das beste Autoradio, das auf dem Markt ist, und unter dem Armaturenbrett ist sogar ein kleiner Kühlschrank eingebaut, so daß sie immer kalte Getränke mitnehmen kann. Sie liebt diesen Wagen.«
    »Hört sich ganz schön teuer an«, sagte ich.
    »Teuer war er, das stimmt, aber Gloria ist wohlhabend«, erzählte Paulie. »Wenn wir einen guten Standort haben, wie beispielsweise den Jahrmarkt im Staat New York Ende dieses Monats, werden in nur sechs Tagen etwa sieben- bis achthunderttausend Eintrittskarten für den Rummelplatz verkauft, und von diesen Besuchern statten schätzungsweise 150000 auch Shockville einen Besuch ab.«
    »Das macht bei zwei Dollar Eintritt pro Nase doch...« murmelte ich überrascht.
    »Dreihunderttausend in einer Woche«, beendete Rya meinen Satz, während sie sich eine weitere Tasse Kaffee eingoß. »Joel Tuck behält die Hälfte für sich, aber dafür bezahlt er auch sämtliche Unkosten, beispielsweise die gesalzene Standgebühr der Sombra Brothers; die andere Hälfte wird gleichmäßig unter seinen elf Attraktionen aufgeteilt.«
    »Das heißt, daß Gloria in einer Woche über 13000 verdient«, ergänzte Paulie, und seine ausdrucksvollen Hände zählten unsichtbare Bündel von Banknoten. »Da könnte sie sich sogar zwei spezialgefertigte Cadillacs leisten. Natürlich ist nicht jede Woche so lukrativ; manchmal bringt sie's nur auf zweitausend, aber im Schnitt dürfte sie so um die fünftausend pro Woche verdienen, und das von Mitte April bis Mitte Oktober.«
    »Wichtig ist aber nicht, wieviel Gloria für den Cadillac blechen muß, sondern wieviel Freiheit er ihr schenkt. Nur in diesem Wagen ist sie beweglich, und du weißt ja, wie wichtig es für Schausteller ist, frei und beweglich zu sein.«
    »Nein«, widersprach Rya, »auch die Freiheit, die der Wagen ihr schenkt, ist nicht so wichtig. Wirklich wichtig ist jetzt nur diese Geschichte vom Strafmandat, die wir endlich hören wollen.«
    »Na ja, das war so«, kam Irma endlich zur Sache. »Gloria fuhr heute morgen mit dem Cadillac nach Yontsdown, während Feg den Kombi steuerte, an den der Wohnwagen angehängt ist. Einen knappen Kilometer nach der Kreisgrenze hat einer der Leute des Sheriffs sie wegen angeblicher Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten. Nun, Gloria fährt seit 22 Jahren Auto und hat noch nie einen Unfall verursacht oder auch nur ein Strafmandat erhalten.«
    »Sie ist eine ausgezeichnete Fahrerin«, bestätigte Paulie, »und sie fährt vorsichtig, weil sie genau weiß, was für eine Katastrophe es wäre, wenn sie mit diesem Wagen einen Unfall baute. Die Männer vom Notdienst bekämen sie aus dem Auto nie heraus. Deshalb ist sie vorsichtig und fährt nie zu schnell.«
    »Wie dieser Typ sie also zwingt anzuhalten«, fuhr Irma fort, »hält sie das Ganze entweder für einen Irrtum oder für einen Schwindel, um Fremde zur Kasse zu bitten, und da sie letzteres für wahrscheinlicher hält, erklärt sie sich sofort bereit, die Strafe zu bezahlen. Aber damit ist der Kerl nicht zufrieden. Er wird beleidigend und will, daß sie aussteigt, aber sie hat Angst hinzufallen, und daraufhin verlangt er, daß sie vor ihm herfährt, zum Büro des Sheriffs in Yontsdown, und sobald sie dort sind, zwingt er sie auszusteigen und bringt sie ins Büro, und dann fängt für die arme Gloria eine regelrechte Tortur an. Man droht ihr, sie einzusperren, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt oder so was Ähnliches. Bockmist jedenfalls!«
    Paulie gestikulierte diesmal mit seiner Kuchengabel in der Hand. »Sie haben die Ärmste im ganzen Gebäude hin und her laufen lassen, von Pontius zu Pilatus, ohne ihr die Möglichkeit zu geben, sich zwischendurch irgendwo zu setzen; deshalb hat sie sich an die Wände gelehnt oder an Geländern und Schreibtischen festgehalten. Für sie steht fest, daß die Typen hofften, sie würde hinfallen, weil sie genau wußten, daß es für Gloria ein Alptraum

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