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Zwillingsbrut

Zwillingsbrut

Titel: Zwillingsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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war.
    Vielleicht könnte sie ihm etwas vorbeibringen, das sie für Weihnachten gebacken hatte. Plätzchen? Nein, das war zu abgedroschen. Eine Flasche Wein mit Weihnachtsanhänger? Das würde er sofort durchschauen.
    Musste diese »Lass-uns-Freunde-sein«-Masche nicht zwangsläufig schiefgehen? Wie oft hatte sie ihn seit ihrer Trennung angerufen? Dreimal? Viermal? Achtmal?
Albern, albern, albern!
Außerdem hatten sie sich genau genommen gar nicht getrennt, da sie nie eine Beziehung geführt hatten, ganz egal, was sie lächerlicherweise nach zwei Verabredungen bei Facebook gepostet hatte. Da konnte man mal sehen, wohin das führte: zu viel Wein und Gespräche mit Leuten, die noch betrunkener waren als man selbst.
    Was für ein Chaos.
    Trace hatte durch Freunde davon erfahren und war alles andere als erfreut darüber gewesen. Kurze Zeit später hatte er Schluss gemacht.
    Sie hätte ihn nicht anrufen sollen. Jetzt krümmte sie sich bei dem Gedanken daran, dass sie gestern Nacht zweimal seine Nummer gewählt und aufgelegt hatte, als die Mailbox drangegangen war.
    Sei ein kluges Mädchen und komm über ihn hinweg. Es gibt noch andere Männer, selbst in Grizzly Falls.
    Mittlerweile lief sie die Straße hinauf, die an der dem Fluss zugewandten Steilwand entlangführte. Von hier aus mündete der Weg in einen Park, wo sie kehrtmachen und den Rückweg antreten konnte.
    Drei Autos fuhren an ihr vorbei, die Kegel ihrer Scheinwerfer schimmerten auf der nassen Straße, die Reifen wirbelten Schmutzwasser auf. Jocelyn biss die Zähne zusammen und behielt ihr Tempo bei, bis sie schwer atmend den Park mit seiner Vielzahl von Wanderwegen erreichte. Da drüben lag schon der Parkplatz für die Spaziergänger und Wanderer, beleuchtet von einer einzelnen Straßenlaterne.
Nur noch ein kleines Stück,
feuerte sie sich selbst an. Sie war jetzt völlig aus der Puste, und ihre Waden begannen sich zu verkrampfen.
    Endlich wurde das Gelände flacher, und sie joggte den Asphaltweg auf dem Gipfel des Hügels entlang, der dicht am Abgrund entlangführte. Über eine kleine, nur etwas über einen halben Meter hohe Steinbrüstung, errichtet vor mehr als einem Jahrhundert, blickte man in eine Klamm, wo sich der Fluss fast sechzig Meter in die Tiefe ergoss – die Wasserfälle, denen Grizzly Falls seinen Namen zu verdanken hatte. Der ältere Teil der kleinen Stadt erstreckte sich entlang des Flussufers direkt unterhalb der Wasserfälle, von hier oben schillerten die Straßenlaternen wie Juwelen in der zunehmenden Dunkelheit.
    Sie richtete die Augen wieder auf den Asphalt und folgte dem Gipfelweg durch den Park. Trotz der Winterluft schwitzte sie, als sie in Richtung der großen, einzeln stehenden Hemlocktanne lief, die sie stets umrundete, bevor sie dieselbe Strecke zurücklief.
    Ihr Atem bildete kleine Wölkchen in der Luft, ihr Puls raste.
    Fast geschafft!
    Sie war ganz allein, niemand sonst war verrückt genug, um bei diesem Wetter rauszugehen. Mein Gott, war das eisig! Ihre Finger waren selbst in Handschuhen taub vor Kälte.
    Hinter einer letzten Kurve erblickte sie den gewaltigen Baum, der sich dunkel vor der mittlerweile fast stygischen Finsternis abhob. Zum Glück warf der Mond ein wenig Licht durch die Wolken.
    Sie verlangsamte ihren Schritt, schnappte nach Luft vor Anstrengung und zog für einen Moment die Stöpsel ihres iPods aus den Ohren. Dann beugte sie sich nach vorne, die Hände auf die Knie gestemmt. Für gewöhnlich hielt sie nicht nach der Hälfte an, doch heute Abend brauchte sie eine kurze Verschnaufpause.
    Über ihr Keuchen und Herzklopfen hinweg hörte sie das Rauschen des Flusses und das Heulen des Windes. Sie wählte gerade ein paar neue Songs aus, als sie ein Geräusch vernahm … Schritte? War doch noch jemand außer ihr unterwegs?
    Sie riss den Kopf hoch.
    Das war zwar nichts Ungewöhnliches, trotzdem war sie auf der Hut.
    Bestimmt nur ein weiterer passionierter Jogger.
    Womöglich bist du doch nicht die einzige Irre, die sich an einem Abend wie diesem rauswagt.
    Sie schob einen Ohrstöpsel wieder an seinen Platz und lief weiter. Mit einem Ohr hörte sie eine Nummer von Beyoncé, mit dem anderen lauschte sie auf die Laute der hereinbrechenden Nacht.
    Nur, um sicherzugehen.
    Der Wind fegte eisig durch die Klamm, und sie meinte, den Ruf einer Eule zu vernehmen, die die Dunkelheit begrüßte, dann hörte sie wieder das gleichmäßige Aufsetzen von Schritten auf dem Asphalt hinter ihr.
    Ja, ein weiterer Jogger.
    Und zwar ein

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