Zwischen Diesseits und Jenseits
alten Villa mit ihren starken Mauern, die sehr gradlinig und schnörkellos war.
Ignatius erwartete uns an der Eingangstür. Seine Gestalt wirkte klein in der großen offenen Türöffnung. Ich musste daran denken, was er in der Nacht gesehen hatte, als er aus dem Fenster geblickt hatte. Eine völlig andere Umgebung und nicht mehr diesen Park mit seinen herrlichen, Schatten spendenden Bäumen.
Die gleiche Welt war auch mir in meinem Traum aufgefallen. Wenn ich das einem Fremden erzählt hätte, hätte der nur den Kopf geschüttelt und mich für einen Narren gehalten.
Wir stiegen die Treppe hoch, sahen unseren Freund jetzt besser und mussten beide erkennen, dass er nicht gut aussah. Zumindest nicht wie jemand, hinter dem ein erholsamer Schlaf lag. Auch körperlich hatte er etwas abbekommen. Auf der rechten Stirnseite klebte ein Pflaster. Durch den Anruf wussten wir, dass er in der Nacht noch einen Kampf hinter sich gebracht hatte.
»Willkommen!«
Mehr sagte er nicht. Anschließend wurden wir umarmt. Ignatius drückte uns an sich, und an der Stärke des Drucks merkten wir, wie erleichtert er war, uns zu sehen.
Wir wurden in die kühle Halle geführt und stellten dort unsere Taschen ab.
»Ja, es ist lange her, dass wir uns hier begegnet sind«, sagte Father Ignatius.
»Dafür hast du uns immer die Silberkugeln pünktlich geschickt, mein Freund.«
»Das ist Ehrensache, John.«
»Wir werden wieder welche mitnehmen.«
»Sie liegen schon bereit.«
Ignatius lächelte bei diesem Wortwechsel, aber Suko und ich wussten sehr gut, dass dieses Lächeln gezwungen war und sich Ignatius sehr zusammenriss.
Vom Äußerlichen her hatte er sich kaum verändert. Das Haar war noch immer grau und wohl schütterer geworden. Das Leben hatte einige Falten in seine Gesichtshaut gedrückt, doch die Augen blickten noch immer so klar wie die eines jungen Mannes.
»Es ist leer hier«, erklärte er uns, »aber das ist gewollt.« Er deutete in die Höhe. »In Absprache mit oben, Freunde, aber nicht mit ganz oben.«
»Was ist mit den beiden Toten?«, fragte Suko.
»Sie liegen noch oben.«
»Wir sollten sie uns ansehen.«
»Ja, das ist besser. Wir können anschließend reden.«
»Gut. Dann könnt ihr euer Gepäck direkt in eure Zimmer stellen. Es gibt im Moment einige leere Räume.«
Das brachten wir schnell hinter uns und betraten dann den Raum, in dem die Leichen lagen. Er war so etwas wie das Herz dieser Villa, und man konnte ihn auch als eine Nachrichtenzentrale bezeichnen. Für die Technik hatten wir keinen Blick, denn was in diesem etwas durch Vorhänge abgedunkelten Raum auf dem Boden lag, waren zwei Tote, die ein Kreuz bildeten.
Wir blieben vor ihnen stehen und schauten sie an. Ignatius hatte die Hände gefaltet. Er schwieg ebenso wie Suko. Ich spürte auf meinem Rücken den leichten Schauer. Die Lage der Toten kam mir vor, als sollten sie das Kreuz verhöhnen.
Als einige Sekunden vergangen waren, übernahm Ignatius das Wort. »Es war schlimm für mich«, erklärte er, »sie trugen den Keim in sich, aber ich weiß nicht, wer ihn zu ihnen gebracht hat. Jedenfalls wurden sie erlöst, als ich sie mit meinem Kreuz berührte.«
»Und sie gehörten zu dir?«, fragte Suko.
»Ja. Ich konnte ihnen vertrauen. Wir vertrauen uns hier alle, aber die Vorgänge haben bewiesen, dass auch diese Mauern kein Schutz mehr gegen die anderen Mächte sind.«
»Sollen sie wirklich noch länger hier liegen bleiben?«
Ignatius zuckte die Achseln. »Es wurde so gesagt. Ich habe mich nicht wehren können.« Er räusperte sich. »Wir wollen kein Aufsehen erregen, und an höherer Stelle will man nicht, dass die Polizei eingeschaltet wird. Man möchte keine Fragen erleben.«
»So geheim seid ihr?«
»Es liegt nicht an mir, Suko.«
Die beiden waren zweifelsfrei tot, das sahen wir, als wir uns niederbeugten und sie genau anschauten. Hier oben war es zwar kühl, aber lange konnte man sie nicht hier liegen lassen. Ich verstand Ignatius Vorgesetzte auch nicht, aber es änderte sich sehr bald einiges. Wir hielten uns noch immer im Zimmer auf und ich hatte mehr zufällig einen Blick durch das Fenster in den Garten geworfen, da bekam ich mit, dass sich wieder das Tor öffnete.
Ein dunkler Wagen rollte auf das Grundstück. Ich sagte meinen Freunden Bescheid, die ebenfalls zuschauten und feststellten, dass der Wagen vor dem Eingang stoppte.
Zwei Männer in Mönchskutten stiegen aus.
»Sie holen die Toten doch ab«, sagte Ignatius und lächelte zufrieden.
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