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Zwölf im Netz

Zwölf im Netz

Titel: Zwölf im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Seipolt
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wollte nur Simons Stehvermögen prüfen. Wenn ihr Gatte selig ein neues Fischnetz gekauft hatte, zerrte er es auch erst einmal nach allen Richtungen auseinander, um die Qualität zu prüfen. Belastungsprobe nannte man das, inzwischen sagt man Härtetest. Und wer wurde einem solchen unterzogen? Doch nur jemand, von dem man Großes erwartet.
    Lea blickte zu Simon hinüber, der, den Kopf in die Hände gestützt, schweigend vor sich hinbrütete. Sollte sie ihm ihre Lösung mitteilen? Nein, entschied sie nach einer Weile. Einen Härtetest mußte man selber durchstehen, ohne fremde Hilfe.

Stürmische Wogen

    Nichts hörten die Jünger lieber als den Wunsch des Meisters, auf den See hinauszufahren. Da umdrängte ihn keine Volksmenge mehr, belästigten ihn keine Bettlerscharen, keine plappernden Kinder, keine heimtückischen Pharisäer und Spitzel der Herodianer, da hatten sie den Meister ganz für sich. Da durften sie ihm von ihrem persönlichen Kummer und von ihrem Glück erzählen, von ihren Hoffnungen und Enttäuschungen. Da gewann der Keuchhusten der Zelotenkinder, die schulischen Mißerfolge von Levis Ältestem, die steigenden Betriebsunkosten und das rätselhafte Forellensterben auf einmal mehr Gewicht als die Erfüllung der messianischen Weissagungen und der Sabbatgesetze. Und Jesus hörte sich alles geduldig an und gab ihnen die Ratschläge, um die sie baten, vorausgesetzt, daß er nicht restlos ausgepumpt war wie an diesem Tag. Vom frühen Morgen an hatte er gelehrt, gepredigt und Kranken die Hände aufgelegt. Die Volksmenge wollte ihn auch nicht fortlassen. Als er die Jünger bat, ans gegenüberliegende Ufer zu fahren, murrten die Leute, bis Natanael ihnen mit klugen Worten klarmachte, daß der Meister sich schonen müsse und Ruhe brauche, um am nächsten Tag wieder predigen zu können.
    Drei Boote lagen am Ufer. In das erste stiegen Jesus, Simon Petrus und der kurze Jakob, in das zweite Natanael und Philipp, in das dritte und größte — es gehörte der Firma Zebedäus — der Rest der Mannschaft, eingeschlossen die frischgebackenen Wasserratten Levi und Judas. Ganz wohl war ihnen nicht beim Anblick des unruhigen Sees, aber sie vertrauten fest auf die Erfahrung der Freunde.
    Simon Petrus richtete Jesus im Heck des Bootes ein möglichst bequemes Lager her. Kaum hatte sich der Meister ausgestreckt, sank er in den wohlverdienten Schlaf. Simon wies Jakob an, als Wache bei Jesus zu bleiben, und stieg in das Schiff des Zebedäus um. Es gab so viel zu besprechen, da wollten sie den Meister nicht stören. Den hätten freilich, wie Jakob als Geräuschfachmann versicherte, nicht einmal zehn Posaunen aufgeweckt.
    »Habt ihr gesehen, wie die Pharisäer heute wieder davongeschlichen sind?« begann Andreas die Unterhaltung, »wie geprügelte Hunde. Es muß sie ja zermürben, daß Jesus in keine ihrer Fallen tappt. Weder damals, als sie ihm die Steuermünze vorlegten, noch heute, als sie das Zeichen vom Himmel forderten, gewissermaßen als göttliches Beglaubigungsschreiben. Wie souverän er sie da abblitzen und glattweg stehen ließ. Der helle Wahn!«
    »Trotzdem«, wandte Thomas ein, »wäre ihm manchmal mehr Vorsicht anzuraten. Sagt doch selbst, man kann nicht alle Pharisäer über den gleichen Kamm scheren. Natürlich wimmelt es von unerquicklichen Typen, satten Heuchlern, die Wasser predigen und Wein trinken, anderen schwere Lasten aufbürden und selber keine tragen wollen. Aber es fehlt auch nicht an ernsthaften Männern, die sich aufrichtig bemühen, Gottes Gesetz zu erfüllen.«
    »Das weiß Jesus auch«, sagte Andreas, »sonst hätte er die Einladung des reichen Simon zum Essen ausgeschlagen. Das sollte vermutlich eine erste Fühlungnahme sein. Leider lief die Sache schief.«
    »Und weshalb? Nur wegen der Dirne, die mit ihrem überschwenglichen Getue die Pharisäer bloßgestellt hat. Ich sag's ja, die Weiber.«
    »Von dem Geld hätte man wirklich hundert Arme füttern können«, bemerkte Judas spitz.
    »Und das nächste Mal hat sie der Meister getadelt, weil sie alle auf die ersten Plätze losstürzten. Ich glaube, zwischen ihm und den Pharisäern wird der letzte Faden bald zerschnitten sein. Was sagst du dazu, Zelot?«
    Der war nicht glücklich darüber. »Es finden sich wackere Patrioten unter ihnen«, sagte er, »eines Tages wird sogar Jesus auf sie angewiesen sein.«
    »Angewiesen, auf diese übertünchten Gräber? Das wagst du auch nur auszusprechen, weil Jesus schläft«, ereiferte sich Andreas. »Stimmt es,

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