Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Raum.
»Komm, setz dich zwischen Tulie und mich«, sagte Nezzie und rückte ihren ausladenden Körper beiseite, um Platz zu machen. Tulie rückte in die entgegengesetzte Richtung. Auch sie war eine große Frau, doch zum größten Teil bestand ihr Körper aus schieren Muskeln; dennoch ließ ihre üppige Weiblichkeit keinen Zweifel daran, welchen Geschlechts sie war.
»Ich mochte vorher den ganzen Schlamm abwaschen«, sagte Deegie.
»Ayla wird das vermutlich auch erst wollen. Habt ihr gesehen, wie sie das Dach runtergerutscht ist?«
»Nein. Hast du dir wehgetan, Ayla?« fragte Fralie besorgt und ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft wegen auch ein wenig befangen.
Deegie lachte, ehe Ayla dazu kam zu antworten. »Ranec hat sie aufgefangen, und allzu unglücklich schien er darüber nicht zu sein.« Allgemeines Lächeln und verständnisvolles Kopfnicken.
Deegie ergriff ein Becken, das aus einem Mammutschädel bestand, schöpfte heißes und kaltes Wasser hinein, holte beiläufig einen Fichtenzweig aus dem heißen Wasser, entnahm einem dunklen Haufen irgendeine weiche Substanz und riß auch für Ayla eine Handvoll heraus.
»Was ist das?« fragte Ayla und befühlte die seidenweiche Wolligkeit der Substanz.
»Mammutwolle«, sagte Deegie. »Und zwar die Unterwolle des Winterfells. Die streifen sie im Frühjahr in dichten Flocken ab, nur das lange Oberhaar bleibt stehen. Dann bleibt es an Büschen und Bäumen hängen. Manchmal kann man es auch vom Boden aufheben. Du brauchst es nur ins Wasser zu tauchen und kannst dir den Schlamm damit abwaschen.«
»Mein Haar ist auch schmutzig«, sagte Ayla. »Ich sollte es mir waschen.«
»Das machen wir später. Erst wollen wir ein bißchen schwitzen.«
Dampf wölkte auf, als sie sich abspülten, dann nahm Ayla zwischen Deegie und Nezzie Platz. Deegie lehnte sich zurück, schloß die Augen und seufzte wohlig auf; Ayla hingegen, die sich fragte, warum sie alle schwitzend beisammensaßen, beobachtete alle anderen im Raum. Latie, die auf der anderen Seite von Tulie saß, lächelte sie an.
Am Eingang entstand Bewegung. Ayla verspürte einen kalten Luftzug, woraufhin ihr erst aufging, wie heiß ihr war. Alle wandten den Kopf, um zu sehen, wer kam. Rugie und Tusie kamen heruntergeklettert; ihnen folgte Tronie, die Nuvie auf dem Arm hatte.
»Ich mußte Hartal nähren«, verkündete Tronie. »Tornec wollte ihn mit ins Schwitzbad nehmen, und ich wollte nicht, daß er anfing zu schreien.«
Ob Männer hier nicht erlaubt waren, nicht einmal Jungen im Kleinkindalter? fragte Ayla sich.
»Sind denn alle Männer drüben, Tronie? Vielleicht sollte ich Rydag holen«, sagte Nezzie.
»Danug hat ihn mitgenommen. Ich glaube, die Männer haben beschlossen, diesmal alle zusammen zu schwitzen«, sagte Tronie. »Die Kinder eingeschlossen.«
»Frebec hat Tasher und Crisavec mitgenommen«, berichtete Tusie.
»Es wird aber auch Zeit, daß er sich mehr mit den Jungen beschäftigt«, brummte Crozie. »Ist das nicht der einzige Grund, warum du dich mit ihm zusammengetan hast, Fralie?«
»Nein, Mutter, das ist nicht der einzige Grund.«
Ayla war überrascht. Noch nie hatte sie erlebt, daß Fralie anderer Meinung als ihre Mutter gewesen wäre, auch andeutungsweise nicht. Außer ihr schien niemand etwas Besonderes daran zu finden. Vielleicht brauchte sie hier, nur unter den Frauen, nicht den Anschein zu fürchten, Partei zu ergreifen. Crozie saß mit geschlossenen Augen da; es war erstaunlich, wie sehr ihre Tochter ihr ähnelte. Sie sah ihr sogar zu ähnlich. Wie Ayla jetzt auffiel, war sie bis auf den von der Schwangerschaft aufgetriebenen Leib so ausgemergelt, daß sie fast so alt wirkte wie ihre Mutter. Ihre Fußgelenke waren geschwollen. Das war kein gutes Zeichen. Ayla wünschte, sie könnte sie untersuchen, und dann ging ihr auf, daß sie das hier drinnen vielleicht tun konnte.
»Fralie, sind deine Fußgelenke arg geschwollen?« erkundigte sie sich ein wenig zögernd. Alle setzten sich auf und warteten auf Fralies Antwort, gleichsam als hätten sie plötzlich alle begriffen, was Ayla soeben aufgegangen war. Selbst Crozie sah ihre Tochter erwartungsvoll, aber schweigend an.
Fralie schaute auf ihre Füße, schien die geschwollenen Gelenke zu betrachten und zu überlegen. Dann hob sie den Blick. »Ja. Sie sind erst in letzter Zeit so geschwollen«, sagte sie.
Nezzie stieß einen leisen Seufzer der Erleichterung aus, aber auch den anderen schien ein Stein vom Herzen zu fallen.
»Und morgens, leidest du da immer noch an
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