Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Sprache verständigten, herrschte innerhalb eines Lagers immer Lärm. Dem Steppenwind gleich, gaben die Stimmen nie Ruhe, sondern veränderten höchstens ihre Intensität.
Viele eilten herbei, um das Löwen-Lager zu begrüßen, und erboten sich, beim Zeltaufbauen und Einrichten zu helfen, und wurden auch herzlich begrüßt, doch wechselten Talut und Tulie mehr als einmal vielsagende Blicke. Sie konnten sich nicht erinnern, jemals so viele hilfreiche Freunde gehabt zu haben. Mit Hilfe von Latie, Jondalar und Ranec und, für eine kurze Zeit, Talut, richtete Ayla einen Platz für die Pferde ein. Die beiden jungen Männer arbeiteten sehr gut Hand in Hand, sprachen aber nur wenig miteinander. Die Hilfsangebote der Neugierigen lehnten sie ab; sie erklärte ihnen, die Pferde wären scheu, und Fremde machten sie nervös. Das jedoch machte nur deutlich, daß sie diejenige war, die Macht über die Tiere ausübte, was wiederum noch mehr Neugierde weckte. Ayla war bald in aller Mund.
Am äußersten Ende des Lagers, ein wenig um die gebogene Wand der Schlucht herum, nicht weit von der Stelle, wo es zum Flußtal hinunterging, errichteten sie einen sonnensegelähnlichen Unterstand; dabei verwendeten sie das Zeltdach, das Ayla und Jondalar benutzt hatten, als sie allein unterwegs gewesen waren, und spannten dieses zwischen kleinen Bäumen und kräftigen Ästen auf. Damit waren die Pferde den Blicken der Leute, die in der Senke ihr Lager aufgeschlagen hatten, ein wenig entzogen, doch der Ausblick auf den Fluß und die mit Bäumen bestandenen Weiden auf der anderen Seite war wunderbar.
Sie waren noch beim Einrichten und Aufstellen von Schlafmöglichkeiten, als eine Abordnung vom Wolfs-Lager und etlichen anderen eintraf, sie offiziell willkommen zu heißen. Sie befanden sich im Lagerbereich der Gastgeber, und wenn das auch erwartet wurde, so war es doch mehr als ein Gebot der Höflichkeit, die Erlaubnis zur Benutzung der angestammten Fischwehren, Beerenschläge, Erdnuß-, Getreide- und Wurzelbeete und Jagdgründe des Wolfs-Lagers auf alle auszudehnen. Auch wenn das Sommer-Treffen nicht die gesamte warme Jahreszeit über dauerte, Gastgeber für eine solche vielköpfige Masse von Menschen zu sein forderte schon seinen Zoll, und es war daher notwendig, sich zu erkundigen, ob irgendwelche Gebiete gemieden werden sollten, um die natürlichen Ressourcen der Gegend nicht im Übermaß zu beanspruchen.
Talut war überrascht gewesen, als man ihm gesagt hatte, der Treffpunkt für das Sommer-Treffen sei verlegt worden. Für gewöhnlich trafen die Mamutoi sich als Gesamtgruppe nicht in einem der Lager, sondern wählten einen Ort draußen auf den Steppen oder in einem großen Flußtal, wo eine solche Vielzahl von Menschen leichter untergebracht werden konnte.
»Im Namen Der Großen Mutter von allen heißen wir das Löwen-Lager willkommen«, sagte eine schmächtige, grauhaarige Frau.
Tulie war erschrocken, sie zu sehen. Dies war einst eine Frau von größter Anmut und Gesundheit gewesen, welche ihren Teil der gemeinsam mit dem Bruder übernommenen Verantwortung mühelos getragen hatte, doch seit dem vorigem Treffen schien sie um zehn Jahre gealtert.
»Marlie, wir wissen eure Gastfreundschaft zu schätzen. Im
Namen der Mut, wir danken euch.«
»Wie ich sehe, habt ihr es wieder mal geschafft!« sagte ein
Mann und ergriff zur Begrüßung Taluts Hände.
Valez war jünger als seine Schwester, doch bemerkte Tulie
zum ersten Mal, daß auch er älter geworden war. Plötzlich
wurde sie sich bewußt, daß auch sie sterblich war. Sie hatte
immer gemeint, daß Marlie und Valez ungefähr in ihrem Alter
standen.
»Allerdings ist das wohl die größte Überraschung, mit der ihr
je aufgewartet habt«, fuhr Valez fort. »Als Toran angelaufen
kam und was von Pferden schrie, die mit euch über den Fluß
kämen, mußten alle hin und gaffen. Und dann hat irgendwer
den Wolf erspäht …«
»Wir erwarten nicht, daß ihr uns jetzt erzählt, was es damit
auf sich hat«, sagte Marlie, »obwohl ich zugeben muß, daß ich
neugierig bin. Aber dann müßtet ihr es immer und immer
wieder erzählen. Wir können genausogut bis heute abend
warten, dann könnt ihr es allen auf einmal erzählen.«
»Da hat Marlie selbstverständlich recht«, sagte Valez, wiewohl
er darauf brannte, zu erfahren, was es mit den Tieren auf sich
hätte. Auch ihm fiel auf, daß seine Schwester ganz besonders
erschöpft aussah, und er fürchtete, es könnte das letzte Mal sein, daß sie ein
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