Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
versuchte an das Geschöpf dahinter heranzukommen. Plötzlich kamen in rascher Folge zwei Speere geflogen und trafen den bis zum Wahnsinn getriebenen Bullen. Der eine landete in seinem Hals, der andere schlug mit einer solchen Gewalt durch eine Rippe hindurch, daß das Blatt sein Herz erreichte.
Das Mammut brach neben den Eistrümmern zusammen. Blut schoß ihm aus den Wunden und floß in tiefen roten Lachen auf den Boden, wo es erst dampfte, dann erkaltete und auf dem kalten glazialen Eis erstarrte. Immer noch zitternd, kroch Ayla hinter dem Block hervor.
»Alles in Ordnung mit dir?« fragte Talut und streckte ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen.
»Ja, ich glaube«, sagte sie ein wenig außer Atem.
Talut griff nach dem Speer, der dem Mammut aus der Brust herausragte, zog kräftig und riß ihn heraus. Neuerlich schoß Blut heraus, da trat Jondalar zu ihnen.
»Ayla, ich war sicher, daß er dich erwischt hätte«, sagte Jondalar. Auf seinem Gesicht malte sich mehr als Besorgnis. »Du hättest warten sollen, bis ich kam … oder jemand anders, der dir hätte helfen können. Ist dir auch wirklich nichts passiert?«
»Nein, nichts, aber ich habe wohl Glück gehabt, daß ihr beide in der Nähe wart«, sagte sie lächelnd. »So eine Mammutjagd kann aufregend sein.«
Talut sah sie einen Moment forschend an. Das war gerade noch einmal gut gegangen. Fast hätte dieses Mammut sie erwischt, doch sie schien nicht sonderlich durcheinander. Ein wenig atemlos und erregt, aber das war normal. Er grinste und nickte, dann begutachtete er Speerspitze und -schaft. »Ha!« sagte er. »Noch zu gebrauchen. Damit kann ich noch einen erledigen.« Mit diesen Worten wandte er sich wieder dem Kampfgetümmel zu.
Ayla folgte ihm mit den Blicken, doch Jondalar hatte nur Augen für sie; sein Herz schlug ihm aus Angst um sie immer noch bis zum Hals hinauf. Beinahe hätte er sie verloren! Fast hätte das Mammut sie getötet! Die Kapuze hatte sie zurückgeschoben, und ihr Haar war zerzaust. Ihre Augen blitzten vor Aufregung. Das Gesicht war gerötet, und ihr Atem ging heftig. Schön war sie in ihrer Erregung, und die Wirkung kam augenblicklich und war überwältigend.
Seine schöne Frau, dachte er. Seine wunderschöne, aufregende Ayla, die einzige Frau, die er wirklich jemals geliebt hatte. Was hätte er getan, wenn er sie verloren hätte? Er spürte, wie ihm das Blut in die Lenden schoß. Die Angst, die ihn bei der Vorstellung befiel, sie verlieren zu können, und seine Liebe weckten sein Begehren und erfüllten ihn mit dem machtvollen Verlangen, sie in den Armen zu halten. Er wollte sie. Er wollte sie mehr, als er sie je im Leben gewollte hatte. Er hätte sie auf der Stelle nehmen können, mitten auf dem kalten, blutigen Boden der Eisschlucht.
Sie sah zu ihm auf und erkannte den Ausdruck in seinen Augen, dieses unwiderstehliche Strahlen der lebhaft blauen Augen, die so tief waren wie ein Schmelzwasserteich, aber nicht kalt, sondern warm dabei. Er begehrte sie. Sie wußte, daß er sie begehrte, und sie begehrte ihn mit einem Feuer, das sie verzehrte und sich nicht ersticken lassen wollte. Sie liebte ihn, mehr als sie es für möglich gehalten hätte, irgendeinen Menschen lieben zu können. Sie hob die Arme, griff nach ihm, hungerte nach seinem Kuß, nach seiner Berührung, seiner Liebe.
»Talut hat es mir gerade erzählt«, sagte Ranec, mit Panik in der Stimme, und kam auf sie zugelaufen. »Ist das der Bulle?« Er schien wie vom Donner gerührt. »Ist auch wirklich alles in Ordnung mit dir, Ayla?«
Ohne recht zu begreifen, starrte Ayla Ranec einen Moment an und sah Jondalars Blick sich verschleiern, als er zurücktrat. Dann erreichte sie das, was Ranec mit seiner Frage gemeint hatte.
»Ja, ich bin unverletzt, Ranec. Es geht mir gut«, sagte Ayla. Nur war sie sich nicht sicher, ob das noch stimmte. Ihr Inneres war in Aufruhr, als sie sah, wie Jondalar seinen Speer aus dem Hals des Mammuts herausriß und davonging. Sie blickte ihm nach.
Sie ist nicht mehr meine Ayla, und ich bin selbst schuld daran! dachte er. Plötzlich fiel ihm der Zwischenfall auf der Steppe ein, als er das erste Mal Renner geritten hatte, und Zerknirschung erfüllte ihn – und Scham. Er wußte, was für ein furchtbares Verbrechen es war, und doch hätte er es wieder begehen können! Ranec war der bessere Mann für sie. Erst hatte er ihr den Rücken gekehrt und sie dann besudelt. Er verdiente sie nicht. Er hatte gehofft, sich in das Unvermeidliche zu schicken, gehofft, eines Tages,
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