001 - Vampire unter uns
und gebeten, diese Adresse aufzusuchen, um etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen?«
Er hielt mir einen Zettel unter die Nase, auf dem eine Adresse stand, die ich noch nie gehört hatte.
»Doktor, was soll das alles?«
»Sie baten mich«, fuhr er fort, »die Polizei zu benachrichtigen, falls Sie nicht zurückkämen. Auch davon wissen Sie nichts mehr?«
Ich schüttelte den Kopf.
Er seufzte.
»Hypnose. Wie ich es mir dachte. Man hat Ihnen den posthypnotischen Befehl gegeben, alles zu vergessen.«
»Das war es, was ich auch bei Martha vermutete«, sagte ich.
»Aber ich dachte nie …«
»Dass man sich wahrhaftig an gar nichts mehr erinnert?« ergänzte er.
Ich nickte. »Es ist schwer zu glauben, was Sie sagen, aber ich sehe ja die eindeutigen Beweise.«
Ich deutete auf das Bissmal an meinem Hals. »Sagen Sie mir, was alles geschehen ist. Auch wenn es mir erscheint, als berichteten Sie mir über irgendeinen anderen Menschen, so will ich doch versuchen, mir vorzustellen, dass ich es bin, von dem Sie mir erzählen. Wann kam ich in die Klinik?«
»Um halb zehn etwa. So genau weiß ich es nicht mehr«, erklärte er.
»Wie geht es Martha?«
»Gut. Sie könnte entlassen werden. Aber ich werde sie noch eine Weile behalten. Nach dieser letzten Entwicklung erscheint es mir sicherer.«
Ich nickte zustimmend.
»Sie gingen kurz nach elf«, fuhr er fort. »Um etwa zwölf riefen Sie mich an, Sie hätten den bereits erwähnten Anruf von einem Herrn Malasse erhalten und würden ihn aufsuchen. Aber Sie befürchteten, dass es eine Falle sei, und baten mich, die Polizei zu benachrichtigen, wenn ich bis zum Abend – Sie gaben keine genaue Zeit an – kein Lebenszeichen von Ihnen erhalten hätte.«
»Bin ich hingefahren?« fragte ich atemlos.
Dr. Felbermann nickte.
»Ich beschloss, nicht abzuwarten, sondern der Sache nachzugehen. Ich fuhr zur angegebenen Adresse und wartete in der Nähe. Sie kamen kurz darauf und verschwanden in dem Haus. Ich blieb in der Nähe und hielt mich den größten Teil der Zeit in einem Cafe auf.
Dort erfuhr ich durch einen Zufall auch Näheres über diesen Herrn Malasse. Der Besitzer des Cafes kannte ihn persönlich.
Er kannte auch eine Menge Leute, die in dieses Haus gekommen waren. Herr Malasse ist so etwas wie ein Wunderheiler und Weissager. Eine Kapazität auf seinem Gebiet und auch im Ausland bekannt.«
»Ja«, sagte ich, »jetzt fällt es mir wieder ein, woher ich den Namen kenne. Die ganze Zeit denke ich schon darüber nach.
Martha nannte den Namen … im Zusammenhang mit Willie Martin. Sie sagte, Willie Martin hätte einen Magier aufgesucht, weil er glaubte, impotent zu sein. Er sah in ihm seine letzte Rettung.«
»In einem Magier?«
Ich zuckte die Achseln. »Warum nicht? Wenn Menschen verzweifelt sind, versuchen sie alles. Und es passt ja auch zusammen! Wenn Philip Malasse sich des Vaters angenommen hatte, warum nicht auch des Kindes?«
Dr. Felbermann schüttelte den Kopf.
»Wir müssen auf dem Boden der Tatsachen bleiben, wenn wir uns in dieser Sache Klarheit verschaffen wollen. Nehmen wir an, oder gehen wir von der Voraussetzung aus, dass eine Verbindung zwischen Willie Martin und Malasse bestanden hat. Das darf uns aber nicht zu phantastischen Spekulationen verleiten.«
»Ist es möglich, männlichen Samen zu speichern, zu konservieren?«
Felbermann nickte.
»Das ist wohl bereits möglich. Aber dazu bedarf es Speziallabors und spezialisierter Kräfte, die wir hier nicht haben.«
»Aber Malasse könnte eine Möglichkeit gefunden haben!« warf ich ein.
Er sah mich nachdenklich an und zuckte schließlich die Schultern. »Ich kann nicht mit ›Nein‹ darauf antworten.
Warum sollte er nicht eine Möglichkeit entdeckt haben? Aber es erscheint mir unwahrscheinlich. Normalerweise bedarf es einigen technischen Aufwandes und der Arbeit ganzer Teams, um solch eine Samenbank zu unterhalten, damit das Sperma auch wirklich über all die Jahre hinweg funktionsfähig bleibt.
Ich verstehe, dass Sie nach jedem Strohhalm greifen.«
»Vielleicht sollten wir alle wieder nach unseren Märchenbüchern greifen, Doktor«, erwiderte ich leise. »Aber das hieße, die Gefahr ignorieren. Das Kind ist ein kleiner Mörder, der jetzt noch seinen Instinkten folgt, plump und schwach. Aber mit Helfern wie Malasse wird es heranwachsen und seine Intelligenz entwickeln. Es wird eines Tages eine dieser intelligenten, blutgierigen Bestien sein, von denen die Zeitungen voll sind. Man muss es finden und …
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