0035 - Die Vampirfalle
Aufnahmen an.
»Das muß ein uralter Friedhof sein«, meinte er, »die Aufschriften an den Grabsteinen sind gar nicht mehr zu entziffern. Und was ist mit der Leichenhalle? Steht sie leer?«
Der Colonel antwortete. Er war ein drahtiger Offizier, hochgewachsen, und hatte ein schmales Gesicht mit scharfen, stechend blickenden Augen.
»Wir haben Erkundigungen eingezogen. Die Leichenhalle wird in der Tat nicht mehr benutzt. Ebensowenig wie der Friedhof. Aber das werden Sie ja selbst sehen.«
»Ist die Maschine schon bereit?« fragte Jane.
Der Colonel deutete eine Verbeugung an. »Madam, wenn die Royal Air Force etwas in die Hand nimmt, dann klappt das. Ihre Kleidung und Geräte sind ebenfalls fix und fertig. Auch wenn dies ein Sondereinsatz ist, so sind wir doch präzise.«
Jane lächelte. »Das sollte keine Kritik sein, aber ich kenne Ihren Dienstbereich nicht.«
»Ich habe es auch nicht als Kritik verstanden.«
Bill suchte inzwischen weiter. »Und wo werden wir landen?« fragte er.
Der Colonel ging zur Karte und deutete auf ein freies Gelände.
Es lag etwa zwei Meilen westlich des Friedhofs. »Hier wird unsere Maschine hinuntergehen.«
Bill wandte sich an die anderen. »Dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Wann starten wir?«
»Sobald Sie umgezogen sind«, erwiderte der Colonel. »Für die Lady habe ich einen Extraraum zur Verfügung stellen lassen.«
Jane lächelte. »Ich danke Ihnen.«
Bill Conolly stieß Superintendent Powell an. »Wie ist es, Sir? Machen Sie den Einsatz auch mit?«
»Nein, aber ich werde an der Maschine auf Sie warten und Sie wieder in Empfang nehmen. Gesund, versteht sich.«
»Sir, Sie sind Optimist. Das habe ich bisher gar nicht gewußt«, erwiderte Bill und folgte den anderen.
***
Ich glaubte, mich verhört zu haben, und stand da, wie vom Donner gerührt.
Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit solch einer gemeinen und hinterlistigen Falle. Aber wieder einmal bewahrheitete sich die Tatsache, daß man den Dämonen nicht trauen konnte. Sie spielten immer falsch. Ich hätte es wissen müssen, suchte jetzt nach Entschuldigungen und machte mir doch nur Vorwürfe. Es war alles zu schnell gegangen. Erst die lange Reise nach Rumänien, dann die Entführung, anschließend das Ultimatum, meine Bereitschaft, darauf einzugehen – und so, nur so war ich betriebsblind geworden. Ich hatte die Lage einfach nicht richtig übersehen. Das zu wissen schaffte mich.
Für Sekunden drehte sich alles vor meinen Augen, während ich mich gedanklich mit dem Problem auseinandersetzte. Sheila würde mit dem Jungen in ihr Verderben rennen. Ich durfte wirklich nicht daran denken, sonst verlor ich noch den Verstand.
Kaluracs Kreaturen reagierten rasch. Hinter mir bauten sich die Zwillinge vor der Tür auf und schnitten mir so den Rückweg ab. Nun war auch die letzte Chance zur Flucht vorerst dahin. D. Kalurac hatte gesiegt. Draculas Neffe war in diesem Spiel der große Gewinner. Daran biß keine Maus den Faden ab.
Und dann lachte er. Schadenfroh, spöttisch und gemein. Er sah, in welch einem Zustand ich mich befand, wie ich innerlich zerrissen war, und er hatte seinen Triumph. »Du hast falschgespielt, Kalurac!« preßte ich hervor. »Der Teufel soll dich dafür holen!«
»Es stand dir frei, auf meinen Vorschlag einzugehen, Geisterjäger«, erwiderte er kalt. »Du bist als Held geboren, Sinclair, und wirst als Held sterben. Aber das nützt dir nichts. Wenn du erst als Untoter einer der unsrigen bist, siehst du alles ganz anders. Ich habe dich zum Duell gefordert, und nun stell dich, John Sinclair!«
Auf einmal waren die trüben, deprimierenden Gedanken wie fortgeblasen. Tief holte ich Luft.
Ja, ich würde kämpfen. Kalurac hatte sich nicht getäuscht in mir. Und ich würde mein Leben verteidigen. Auf Biegen und Brechen!
***
Als die Tür hinter Sheila Conolly zufiel, hatte sie das Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein. Sie drückte ihren Sohn an sich, kämpfte mühsam mit den Tränen und blickte sich ängstlich um. Sheila stand in einer perfekten Gruselkulisse. Weiter entfernt war der dunkle Wald. Davor ein alter Friedhof. Grabsteine ragten schief aus dem Boden. Sie waren mit Moos bewachsen, und das silberne Mondlicht übergoß sie mit einem fahlen Schein.
Sheila sah auch den Bus. Auf der rechten Seite lag er dicht am Waldrand. Sie konnte sich ausrechnen, daß die jungen Leute mit dem Bus gekommen waren, um dann den Blutsaugern direkt in die Arme zu laufen.
Nach wenigen Schritten blieb
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