008 - Der schlafende König
um sich zu schützen. Der erste Eindruck hatte nicht getrogen: Der knochige Schädel seines Gegners war hart wie Eisen, und wenn überhaupt jemand Schmerzen verspürte, dann nur er selbst.
Matts Hände schlugen dennoch zu, und er musste in jeder Sekunde darauf achten, den schrecklichen Reißzähnen der knurrenden Bestie nicht zu nahe zu kommen. Die Arme seines Gegners erwiesen sich als sehr kräftig, und seine Klauen ritzen Matts Haut, bis sie blutete. Als Aruula mit dem Schwert heran eilte, sprang Matt hoch, um ihr Platz zu machen.
Doch im gleichen Moment sprang auch der Guul mit einer artistischen Glanzleistung wie von einer Feder abgeschossen auf die Beine. Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, doch er wich zähnefletschend und sabbernd zurück. Nun, da er waffenlos war, schien ihn der Mut zu verlassen. Sein Kopf ruckte zur Seite, dann machte er einen Satz um die Hüttenecke und verschwand im Wald. Krackst Ein hartes Knacken und ein leises Wimmern drangen an Matts Ohren.
Dann herrschte Stille. Er hörte nur noch ein leises Rascheln, als schleife etwas über den Waldboden.
Er tauschte einen verblüfften Blick mit Aruula, dann lugte er vorsichtig um die Hütte herum und sah den graubraunen Leib einer jungen Taratze, die sich ins Genick des erschlafften Guuls verbissen hatte und ihre Beute auf Samtpfoten ins Dickicht verschleppte.
»Hasta la vista, Baby«, sagte Matt und winkte hinter dem toten Guul her.
»Comdo?« fragte Aruula.
»Danke, mir gehts gut«, sagte Matt. »Was man von unserem bleichen Freund nicht behaupten kann.«
Er schaute sich um, dann sammelte er seine Sachen ein und schulterte das Notpaket.
»Hier können wir nicht bleiben, Aruula.«
»Wohin willst du gehen?«
Matt deutete durch das bläuliche Nebelgewaber auf die alte Villa. »Dorthin.« Aruula kniff argwöhnisch die Augen zusammen. »Du kennst die Leute?« fragte sie.
»Wie kommst du darauf?« Matt versuchte den Nebel mit Blicken zu durchdringen, denn er wollte wissen, ob das Guul-Heer etwas von dem Zwischenfall mitbekommen hatte.
»Sie haben Donnerstöcke!«
»Gewehre, Aruula. Man nennt sie Gewehre.«
»Also sind sie wie du?«
»Ich weiß nicht. Ich hoffe es.«
Er nahm den Säbel des Guuls an sich und wog ihn in der Hand. Solide Arbeit. Dann gingen sie nebeneinander zu Boden und robbten der Einfriedungsmauer entgegen. Als Matt nach zwanzig Metern den Kopf hob und einen Blick auf die aus dem Moor aufsteigenden Nebelschwaden warf, huschten weit hinter ihnen einige der Aasfresser von Baum zu Baum und näherten sich der Hütte.
Jetzt wurde es gefährlich. Wenn die Guule nicht völlig verblödet waren und es gab keinen Grund zu dieser Annähme , würden sie die Kampfspuren erkennen. Dann mussten sie davon ausgehen, dass einige der Villenverteidiger in ihrer unmittelbaren Umgebung waren. Sie würden möglicherweise versuchen, diese Spione aufzuspüren.
Urplötzlich wurde in Matts Rücken ein wildes Heulen laut. Als er den Kopf erneut wandte, sah er eine bleiche Gestalt an der Hütte stehen, die wie ein Derwisch auf und absprang, in ihre Richtung deutete und Laute ausstieß, die nur eins bedeuten konnten: Ich hab sie gesehen, Papa!
Alte Petze, dachte Matt. Na, wir sprechen uns noch.
Er hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als sich fünf Zentimeter vor seinem ausgestreckten rechten Arm der Schaft einer Lanze ins Erdreich bohrte. Der Attacke folgte ein Wutgeheul. Matt robbte um die Lanze herum und weiter. Aruula war irgendwo links vor ihm. Sie drehte ab und zu den Kopf, um zu prüfen, ob er noch bei ihr war.
Plötzlich zischte eine Bolzensalve über sie hinweg. Matt presste das Gesicht in den Dreck und spürte, dass etwas in seinen rechten Stiefelabsatz einschlug. Er verharrte und schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Da er keine Schmerzen spürte und das Innere des Stiefels sich auch nicht mit rinnendem Blut erwärmte, griff er nach unten, packte den Bolzen, riss ihn heraus und warf ihn weg.
»Maddrax?« Aruulas Stimme. Sie konnte höchstens einen Meter von ihm entfernt sein.
»Mir gehts gut«, erwiderte er leise.
»Mir auch.«
Zwei Minuten später hatten sie die Mauer erreicht. Matt signalisierte Aruula, dass sie nicht sprechen sollte. Er hatte keine Lust, von den Verteidigern der Villa für den Feind gehalten zu werden.
Aruula nickte. Ihre braunen Augen stellten freilich auch eine Frage: Was tun wir jetzt?
Sie hatte Recht. Komischerweise fielen Matthew in diesem Moment die Titel zweier Bücher ein, die der Genösse
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