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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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hatte
    volles weißes Haar und mächtige Koteletten. Er trug einen eleganten
    Tweedanzug und Seidenfliege. Ein Paar brauner Handschuhe klemmte
    zwischen seinen Fingern, die den Knauf eines Spazierstocks
    umfaßten, und auf dem Platz neben ihm lag eine Jagdmütze. Sein
    Gesicht war stark gerötet, und als ich an den Tisch trat, warf er den
    Kopf in den Nacken und lachte bellend wie ein Seehund über eine
    Bemerkung seines Begleiters.
    Der Mann ihm gegenüber war um die dreißig. Er hockte auf der
    Sitzkante und wirkte leicht nervös. Er nippte an einem Glas Tonic und
    trug einen teuren Nadelstreifenanzug, der aber schon bessere Tage
    gesehen hatte. Ich wußte, daß ich ihm schon mal irgendwo begegnet
    war, ich wußte nur nicht, wo.
    »Die Herren suchen mich?«
    Die beiden standen auf. Der ältere sprach zuerst. »Miss Next? Sehr
    erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Mein Name ist Analogy.
    Victor Analogy. Leiter der Swindoner LitAg-Abteilung. Wir haben
    telefoniert.«
    Er streckte die Hand aus, und ich schüttelte sie.
    »Nett, Sie kennenzulernen, Sir.«
    »Das ist Agent Bowden Cable. Sie beide werden
    zusammenarbeiten.«
    »Es ist mir eine Ehre, Ihre Bekanntschaft zu machen, Madam«,
    sagte Bowden verlegen. Er war ziemlich unbeholfen und wirkte sehr
    steif. Der Blick, den er mir zuwarf, sprach Bände. Er schien lange
    keine Frau mehr als Kollegin gehabt zu haben.
    »Haben wir uns nicht schon mal gesehen?« fragte ich und schüttelte
    ihm die Hand.
    »Nein«, antwortete Bowden nachdrücklich. »Daran würde ich mich
    bestimmt erinnern.«

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    Victor deutete auf den Platz neben Bowden, der Höflichkeiten vor
    sich hin murmelnd zur Seite rückte. Ich nippte an meinem Drink. Er
    schmeckte wie alte, in Urin eingeweichte Pferdedecken. Ich bekam
    einen Hustenanfall. Bowden hielt mir ritterlich sein Taschentuch hin.
    »Vorpal’s Special?« sagte Victor mit hochgezogener Augenbraue.
    »Tapferes Mädchen.«
    »D-danke.«
    »Willkommen in Swindon«, fuhr Victor fort. »Zunächst einmal
    möchte ich Ihnen sagen, wie sehr wir Ihr kleines Malheur bedauern.
    Nach allem, was man hört, muß Hades ja ein regelrechtes Ungeheuer
    gewesen sein. Um ihn ist es nicht schade. Ich hoffe, Sie haben sich
    einigermaßen erholt?«
    »Ich schon, andere hatten da weniger Glück.«
    »Das tut mir sehr leid, aber Sie sind hier hoch willkommen. Es ist
    das erste Mal, daß sich jemand von Ihrem Kaliber in die Provinz
    verirrt.«
    Ich sah Analogy fragend an. »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz,
    worauf Sie hinauswollen.«
    »Ich wollte damit sagen – und das ist nun weiß Gott kein Geheimnis
    –, daß es sich bei unseren Mitarbeitern eher um Akademiker als um
    typische SpecOps-Agenten handelt. Ihr Vorgänger war Jim Crometty.
    Er wurde in der Altstadt bei einem mißlungenen Buchkauf erschossen.
    Er war Bowdens Partner. Jim war uns allen ein ganz besonderer
    Freund; er hatte eine Frau, drei Kinder. Ich möchte … nein, ich muß
    die Person fassen, die uns Crometty genommen hat.«
    Ich starrte verwirrt in ihre ernsten Gesichter, bis der Groschen
    endlich fiel. Sie hielten mich für eine waschechte SO-5-Agentin auf
    Heimaturlaub. So etwas war durchaus nicht ungewöhnlich. Bei SO-27
    hatten wir ständig ausgemusterte SO-9-und SO-7-Leute zugeteilt
    bekommen. Sie waren ausnahmslos verrückt gewesen.
    »Sie haben meine Akte gelesen?« fragte ich vorsichtig.
    »Die haben sie nicht herausgerückt«, sagte Analogy. »Es kommt
    nicht allzu häufig vor, daß sich ein Agent aus den schwindelnden

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    Höhen von SpecOps-5 zu unserem kleinen Verein versetzen läßt. Wir
    brauchten einen kampferprobten Ersatz, der in der Lage ist … tja, wie
    soll ich sagen …?«
    Analogy verstummte, um Worte verlegen. Bowden antwortete statt
    seiner.
    »Wir brauchen jemanden, der im Notfall nicht vor extremer
    Gewaltanwendung zurückschreckt.«
    Ich sah sie an und überlegte, ob ich ihnen nicht lieber reinen Wein
    einschenken sollte; schließlich hatte ich in letzter Zeit lediglich auf
    mein eigenes Auto sowie auf einen offensichtlich unverwundbaren
    Meisterverbrecher geschossen. Offiziell gehörte ich SO-27 an, nicht
    SO-5. Aber da es gut möglich war, daß Acheron noch lebte, und ich
    nach wie vor auf Rache sann, war es vielleicht gar nicht so schlecht,
    wenn ich mitspielte.
    Analogy rutschte nervös herum. »Im Fall Crometty ermittelt
    selbstverständlich die Mordkommission. Inoffiziell können wir also
    nicht sehr viel unternehmen, aber SpecOps hält sich

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