0166 - Im Labyrinth von Eysal
daß es heiß geworden war. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er hakte die Lampe in den Gürtel und packte die Waffe fester. Er wollte einen Blick über das Geländer hinwegwerfen, aber die Helligkeit war zu stark, und außer, daß es jenseits senkrecht in unbekannte Tiefen ging, konnte er nichts erkennen. Er sah nach rechts und links und bemerkte, daß die Wand des Riesenraumes leicht gekrümmt war. Die Balustrade lief an ihr entlang, so weit John sehen konnte. Die Decke des Raumes befand sich knapp vier Meter über ihnen. Von neuem spürte John das Zittern des Bodens.
Diesmal war es deutlicher, aber es kam nicht aus dem Kessel, an dessen Rand sie standen. Der gewaltige Raum war völlig geräuschlos. Stumm brach das Licht aus der Tiefe und wurde von der glatten Decke reflektiert. „Sieht aus wie ein Startschacht", sagte Karen nachdenklich. „Ja, wenn das Licht nicht wäre.
Vermutlich ist der Raum zylindrisch", antwortete John. „Mindestens zweihundert Meter Durchmesser. Tiefe ...", er zuckte mit den Schultern, „ ... wahrscheinlich unendlich."
„Was ist das für ein Licht?" fragte Paddie verstört. „Hm! Bemerkt jemand die Hitze?"
„Ja, natürlich. Bin schon ganz naß!"
„Eine Brennkammer ...", murmelte John mehr zu sich selbst. „Magnetohydrodynamische Generatorenstation. Wenn man eine richtige große Anlage bauen will, dann sind die Schutzvorrichtungen meistens teurer als die Anlage selbst. Das hier wäre der ideale Platz ... groß genug, ein paar Kilometer tief."
„Das ist doch Unsinn!" protestierte Karen respektlos. „Eine Fusionskammer zur Plasmaerzeugung? Offen aufgebaut?
Wir wären vor Radioaktivität schon geröstet!" John lächelte sie an. „Die Kalt-Katalyse-Fusion leichter Kerne erzeugt nur ein klein wenig Gammastrahlung, Königin der Weisheit. Ein kleiner gravitomechanischer Umlenkschirm, nur eine winzig dünne Schicht mit einem immens hohen Schwerefeld ... und schon gibt es keine gefährliche Strahlung mehr." Er sah wieder über das Geländer. Die Augen schmerzten, aber er ertrug es. „So einfach ist das", murmelte er im Selbstgespräch. „Ich habe mich schon lange gefragt, woher die Huldvollen ihre Energie nehmen. Nirgendwo haben wir einen großen Generator gefunden, der alle die Maschinen im Labyrinth betreiben könnte ... vor allen Dingen die, die den Gravitionsschock auslöste. Jetzt haben wir's. Wir sind an der Quelle. Alles, was wir jetzt noch zu tun brauchen, ist..." Er wurde unterbrochen. Fauchend löste sich neben ihm ein Strahlschuß. Sengend heiß fuhr das glühende Energiebündel dicht an ihm vorüber. Im gleichen Augenblick schrie Paddie: „Da sind Sie! Feuer!" John wirbelte herum. Vor ihm, vielleicht zehn Schritte entfernt, stand ein Wesen mit schmalen Schultern, einem schüsselförmigen Kopf und einer gefährlich aussehenden Waffe in der Armbeuge.
*
Ein zirpender Schrei klang auf. John sah eine Gestalt durch die Luft wirbeln und in den Kessel hineinstürzen. Paddie hatte also getroffen. Es gab keinen Zweifel daran, was der Fremde mit seiner Waffe wollte. Es war keine Zeit mehr zum Verhandeln. John warf sich zur Seite, zur Wand hin, rempelte Karen dabei so hart an, daß sie in den immer noch offenen Gang hineinstürzte, und schoß. Nur im Unterbewußtsein nahm er wahr, daß der Fremde eine Art helmlosen Raumanzug trug, der mit einer glitzernden Schicht von oben bis unten bedeckt war. Molkex! Keine Form der Energie konnte dieser Masse etwas anhaben. Und trotzdem hatte John vollen Erfolg. Er hatte rascher reagiert als der Fremde. Sein Schuß löste sich zuerst. Der gewaltige Impuls des Energiebündels brachte das Wesen mit dem Schüsselkopf aus dem Gleichgewicht.
Es breitete die Arme aus, um sich zu fangen, und ließ die Waffe fallen. Es machte einen vergeblichen Versuch, sich ans Geländer zu klammern. Aber John nahm den Finger nicht vom Abzug.
Pausenlos hämmerten seine Salven auf den Fremden ein. Der schmale Körper hob sich vom Boden. Die Wucht eines erneuten Schusses packte ihn und schleuderte ihn über das Geländer hinweg. Derselbe zirpende Schrei erklang, und der Fremde verschwand wie ein fallender Stein in der Flut aus Licht, die aus der Tiefe kam. John stand breitbeinig und starrte aus zusammengekniffenen Augen die Balustrade entlang. Kein Fremder war mehr zu sehen. Er spürte eine Berührung am Rücken und fuhr herum. Es war Paddie. Er war rückwärtsgehend gegen ihn gestoßen. „Da drüben", keuchte John, „alles in Ordnung?"
„Luft rein",
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