02 - Heiße Nächte der Leidenschaft
impertinenten Waliser mit einem
durchdringenden Blick.
»Schon möglich«,
erwiderte John vage. Aber er wollte offensichtlich ihrem Wunsch nachgeben, denn
er öffnete die Seitentür und hielt sie auf, während Patrick, Sophie und Simone
hindurch gingen.
Schließlich
betraten sie einen großen Raum. Patrick schob sich an der Decke vorbei, die in
der Türöffnung hing, und blieb neben Sophie stehen. Der Raum war mit Feldbetten
gesäumt, auf denen die Verletzten lagen. Manche hatten einem Verband am Kopf,
manche am Bein. Wieder anderen fehlte ein Arm oder ein Bein. Die meisten Männer
sahen nicht einmal zur Tür hinüber, als sie eintraten. Eine rundliche Frau
blickte jedoch auf und fuhr dann fort, einem Soldaten die Brust zu verbinden.
Patrick schaute auf
Sophie hinunter. Ihr war sämtliches Blut aus dem Gesicht gewichen und er legte
ihr tröstend einen Arm um die Schulter.
»Mein Gott,
Patrick, siehst du das? Das sind ja noch richtige Kinder.«
»Sie sehen nur so
jung aus, weil sie verwundet sind«, widersprach er sanft.
»Nein.« Sophie
holte tief Luft. »Dieser dort kann nicht älter als vierzehn sein.« Patricks
Blick folgte ihrem Finger. Er hatte in Indien schon solche Wunden gesehen, und
er glaubte nicht, dass der Junge große Überlebenschancen hatte.
Plötzlich tauchte
ein schmaler Bursche vor ihnen auf. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt
und trug die zerrissenen Überreste einer französischen Uniform.
»Was wollen Sie
hier?«, fragte er. Sein Englisch hatte einen starken Akzent, war aber dennoch
gut zu verstehen. In seinen grauen Augen blitzte es wütend. Der junge sah
tatsächlich gefährlicher aus als John Hankford samt seinem Gewehr. Er warf
Hankford einen durchdringenden Blick zu. »Warum haben Sie sie heraufgelassen?«
John räusperte sich
entschuldigend. »Es hat ihren Klipper in den Hafen verschlagen und daher werden
sie die Nacht hier verbringen, Henry. Ich musste es ihnen sagen.«
Patrick blickte den
Waliser belustigt an und gab den letzten Rest seines Verdachts auf, dass
Hankford an einem napoleonischen Komplott beteiligt war. Ganz offensichtlich
hatte ihn dieses französische Gossenkind fest in der Hand.
Sophie machte einen
Knicks. »Sie müssen der Mann sein, der tapfer genug war, seine Kameraden zu
retten«, sagte sie, und ihre sanfte Stimme war voller Bewunderung.
Henry musterte die
wunderschöne Dame vor sich eingehend. »Ich habe sie nur in ein Boot
verfrachtet«, sagte er. »Sie lagen im Sterben, waren am ganzen Körper mit
Fliegen bedeckt. Ich konnte nicht ... ich konnte sie nicht alle in das Boot
schaffen.«
Patrick sah sich im
Raum um. »Sie haben zehn Männer gerettet«, sagte er.
Henry blickte zu
dem groß gewachsenen Engländer hoch.
Plötzlich machte
Patrick eine Verbeugung. »Ich muss Ihnen gratulieren, Henry. Sie haben etwas
sehr Tapferes getan.«
Zum ersten Mal,
seit sie den Raum betreten hatten, wirkte Henry ein wenig verwirrt. »Ich heiße
Henri«, sagte er. Dann vollführte er eine kleine, aber vollendete höfische
Verbeugung.
Patrick zog die
Augenbrauen hoch und blickte unwillkürlich zu Sophie hinüber. Da gab es mehr,
als man auf den ersten Blick vermuten konnte. Henri war ganz bestimmt kein
gewöhnlicher, französischer Bursche.
»Wie alt sind Sie,
Henri?«, fragte Patrick.
»Ich bin beinah
dreizehn.«
»Verdammt«, rief
Patrick ungläubig, »ein zwölfjähriger Fußsoldat?«
»Nein, ich war ein
... ich kenne das englische Wort nicht«, sagte Henri. Ach habe die Fahne
getragen. Ich wollte Soldat werden, sobald ich vierzehn werde.«
Sophie schluckte
und umklammerte Patricks Arm fester.
Henri, der
offensichtlich mehr als bereit für eine jugendliche Schwärmerei war, schaute
Sophie schüchtern an. »Soll ich sie Ihnen vorstellen?« Er zeigte auf die
Betten.
Sophie antwortete
auf Französisch und das brach den letzten Rest von Henris Widerstand. Er
strahlte sie an, führte sie durch den Raum und flüsterte ihr den jeweiligen
Namen des Soldaten zu.
Patrick beobachtete
Henri einen Augenblick lang. Der Junge musste drei oder vierjahre alt gewesen
sein, als die Franzosen anfingen, ihren Adel auf die Guillotine zu schleifen -
und er hatte diese Verbeugung bestimmt nicht von einem Bauern gelernt.
»Wie sind Sie in
diesem Kloster gelandet?«, fragte Patrick Hankford.
Hankford schaute
sich mitleidig im Raum um. »Meine Mutter und ich sind Mitglieder der Familie
der Liebe. Haben Sie schon von ihnen gehört?«
Patrick nickte. Wer
hatte noch nicht von
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