0206 - Das Vampirnest
wieder zurück.
Vampire haben ein Merkmal! zuckte es durch seinen Kopf. Ihr Zeichen sind zwei spitze Zähne im Oberkiefer. Wenn er also zum Vampir geworden war, dann mußte er auch die Zähne haben, sie mußten ihm gewachsen sein.
Er öffnete den Mund.
Es waren Sekunden der Spannung, als er seinen rechten Arm hob. Er traute sich noch nicht so recht nachzufühlen, erst als er sich einen innerlichen Ruck gab, da fuhr er mit dem Daumen die obere Zahnreihe entlang.
Alles normal bis…
Er zuckte zusammen. Dr. Easton fühlte genau die beiden Spitzen an der rechten und der linken Seite. Sie waren vor vielleicht einer Stunde noch nicht dagewesen.
Es gab keinen Zweifel. Die gefährliche Pille hatte auch bei ihm gewirkt.
Er war zu einem Vampir geworden. Zu einer Bestie, die sich vom Blut der Menschen ernährte.
Als er das alles richtig begriffen hatte, stieß er ein hämisches, schadenfrohes Lachen aus.
Die anderen würden sich wundern. Die große Überraschung sollten sie bekommen.
Mit zwei Schritten war er an der Tür und zog sie auf…
***
Ich schrie Suko hinterher. Er hörte mich nicht oder wollte mich nicht hören. Der Chinese war schnell wie ein Schatten, und er schaffte es, den Wagen zu erreichen, der soeben gestartet wurde. Leider konnte ich nichts Genaues sehen, weil in der Nähe zu wenig Laternen brannten und die Straße ziemlich im Dunkeln lag.
Als der Wagen fuhr, glaubte ich dennoch, an seinem Heck eine Bewegung zu erkennen.
Demnach mußte es meinem Partner gelungen sein, sich an dem Fahrzeug festzuklammern.
Wohin würde diese unfreiwillige Reise den Chinesen führen? Ich wußte es nicht, hoffte jedoch, daß Suko sich auf irgendeine Art und Weise melden konnte, wenn er sein Ziel erreicht hatte.
Mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Ich starrte auf den Sarg. Er war wirklich pechschwarz und stand als makabres Mahnmal auf der Treppe vor dem Haus.
Ich bückte mich und probierte aus, ob er verschlossen war. Nein, ich konnte den Deckel anheben. Mit beiden Händen klappte ich ihn hoch und warf einen Blick in das Innere, wobei mir die Lampe an der Tür mit ihrem Licht half.
Der Sarg war nicht von innen gepolstert, wie ich angenommen hatte. Es war eine normale, leere Totenkiste, an den Innenund auch Außenwänden glatt gehobelt. Für mich war der Sarg sicherlich nicht bestimmt. Es gab meiner Ansicht nach nur einen, der dieses makabre Geschenk bekommen sollte.
Jack Hillary, der tote Vampir.
Aber wer hatte ihn gebracht? Einer von Dr. Eastons Helfern? Wohl kaum, dann hätte sich der Arzt nicht extra herbemüht. Da mußte es einen anderen Zusammenhang geben.
Suko und ich waren bei unserem letzten Gespräch auf Logan Costello gekommen. Ob er den Sarg vielleicht geschickt hatte? Zuzutrauen war ihm so etwas schon, ich war mir plötzlich sicher, daß ich ihm das makabre Souvenir verdankte.
Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Er hatte ja nicht damit rechnen können, daß etwas schiefgelaufen war und wir bereits am Ball waren. Wenn Costello das herausbekam, würde er sicherlich in die Luft gehen.
Ich wollte vor dem Haus auf die Kollegen warten, zündete mir eine Zigarette an und setzte mich auf die Totenkiste. Wirklich, ein Bild für die Götter, wie ich da hockte und rauchte.
Nach drei Zügen aus dem Glimmstengel sah ich bereits das Rotlicht.
Sirenen heulten nicht, dafür geisterte das farbige Licht über die Hauswände in der Nähe und berührte auch schemenhaft die Fahrbahn.
Mehrere Wagen stoppten schräg vor dem Haus. Auch ein Fahrzeug der Ambulanz war dabei. Mit ihm sollte die Frau abtransportiert werden.
Ich erhob mich und schaute den Kollegen entgegen, die natürlich große Augen machten, als sie mich und den Sarg sahen. Chef der Mordkommission war ein Mann namens Bowler. Wie der Hut.
»War das ein Witz, Sinclair?«
»Leider nicht.«
Kopfschüttelnd schaute er sich den Sarg an. »Was sollen wir mit ihm machen?«
»Mitnehmen.«
»Und der Tote?«
»Liegt im Keller.«
»Schade.« Bowlers Knittergesicht verzog sich noch mehr. »Ich dachte schon, wir hätten die Leiche wohl verpackt in der Totenkiste finden können.«
»Sie machen es sich auch verdammt leicht.«
»Unser Job ist schon schwer genug.«
Bevor wir in den Keller gingen, zeigte ich den Helfern, wo Mrs. Hillary lag. Die beiden Männer nahmen die Trage mit und betteten die Schlafende darauf.
»Sie ist völlig normal?« fragte mich der Inspektor.
»Ja.«
Im Keller lag Jack Hillary noch so, wie wir ihn verlassen
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