0246 - Im Räderwerk der Unterwelt
es hier doch noch diesen Mord an dem Funker. Vielleicht gibt es sogar einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Verbrechen?«
Hickson hob überrascht den Kopf.
»Die Ermordung Stevens und die Ermordung des Lieutenants bringen Sie in einen Zusammenhang?«, rief er erstaunt. »Nehmen Sie mir’s nicht übel, aber das kommt mir doch sehr weit hergeholt vor.«
»Sagen Sie das nicht so voreilig«, erwiderte Phil. »Wir haben schon die kühnsten Überraschungen erlebt. Vielleicht hat der Mörder gerade darauf spekuliert, dass niemand einen Zusammenhang vermuten würde, wenn er den einen Mord hier und den anderen in New York ausführen ließ?«
»Das müsste aber ein mehr als raffinierter Bursche sein!«, sagte Hickson ohne Überzeugung.
»Jeder Mörder ist auf seine Weise raffiniert und auf seine Weise dumm«, gab ich zur Antwort. »Und wenn sich alle möglichen Mörder vorher in der Kriminalstatistik davon überzeugen würden, dass vierundneunzig Prozent aller Mordfälle heutzutage aufgeklärt werden, dann müssten sie eigentlich so vernünftig sein und sich sagen, dass ihre Chancen verschwindend klein sind.«
»Vierundneunzig Prozent?«, wiederholte Hickson ungläubig. »Ist das so?«
»Das ist so«, bestätigte Phil.
»Das ist wirklich wesentlich mehr als ich erwartet hatte«, gab Hickson zu. »Aber ich will Sie jetzt wirklich nicht länger stören. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Ruhe, meine Herren!«
»Danke, gleichfalls, Colonel!«, sagten wir.
Hickson ging hinaus. Wir suchten das benachbarte Badezimmer auf, duschten uns den Salzstaub der Wüste von den Gliedern uild putzten die Zähne. Als ich schon ins Bett kroch, kam Phil auf einmal mit einem vollen Wassereimer aus dem Badezimmer. Einem Blecheimer.
»Was hast du denn noch vor?«, fragte ich erstaunt.
Phil grinste nur. Und ging zur Tür und stellte den Wassereimer so auf, dass jemand ihn umwerfen musste, der versuchte, in unser Zimmer zu kommen.
»Vergiss nicht, unterm Bett nachzuschauen, ob sich nicht der schwarze Mann darunter versteckt hat!«, spottete ich.
»Guter Gedanke«, sagte Phil ernsthaft und kniete tatsächlich nieder, um unter sein Bett zu schauen. Als er sich wieder aufrichtete, sagte er: »Du könntest mir einen Gefallen tun.«
»Nämlich?«
»Leg deine Pistole unters Kopfkissen.«
»Da müsste ich ja noch mal aus dem Bett raus«, gähnte ich.
Ich hatte mein Schulterhalfter mit der Waffe über die Stuhllehne gehängt, wo auch meine Hose hing. Phil zog die Pistole heraus und warf sie mir zu.
»Danke«, sagte ich und schob die Waffe unters Kopfkissen. »Obgleich ich mir wirklich nicht denken kann, dass es irgendeinen Grund für diese übertriebene Sorgfalt gibt.«
»Vielleicht gibt es einen, vielleicht gibt es keinen«, murmelte Phil seelenruhig. »Morgen früh wissen wir es. Gute Nacht, alter Junge.«
»Nacht, Phil«, murmelte ich, sah noch, wie mein Freund das Licht ausknipste, drehte mich auf die andere Seite und schloss zufrieden die Augen. Es ist eines der schönsten Dinge auf dieser Erde: Einschlafen dürfen, wenn man so richtig müde ist. Nur schade, dass man das Schlafen nicht bewusst genießen kann.
***
Ich wälzte mich auf die andere Seite, halb wach, halb im Schlaf. Ein Hustenreiz kitzelte meine Kehle. Ich wollte tief Luft holen, aber irgendjemand saß mir auf der Brust und quetschte mir die Lungen zusammen.
Ich wurde wach. Und ich musste sofort husten. Und mitten im Husten wurde es mir klar: Es war irgendein Gas im Zimmer.
Ich fuhr hoch. Ich taumelte hustend aus dem Bett. Durch das Fenster fiel der schwache Lichtschein einer entfernten Laterne herein, die vorn am Haupttor stand, wo das Wachgebäude war. Auf weichen Knien torkelte ich zum Fenster und riss es auf. Keuchend ließ ich mich gegen die Fensterbank fallen und rang um Atem.
Die frische, kühle Nachtluft drang erlösend in meine Lungen. Schon nach drei, vier tiefen Atemzügen spürte ich, wie sich der drückende Ring um meine Brust lockerte und die Lungen freier atmen konnten.
Phil!, war mein nächster Gedanke. Ich drehte mich um und tappte zu seinem Bett. Je tiefer ich ins Zimmer hineinkam, umso intensiver wurde der Gasgeruch und umso deutlicher stellte sich von Neuem Atemnot ein.
Ich riss Phils Decke beiseite. Ich beugte mich vor, während es in meinen Lungen wieder anfing zu stechen und in meinem Magen würgende Übelkeit auftrat. Mit aller Kraft packte ich Phil und schleifte ihn zu dem weit geöffneten Fenster.
Ein paar Minuten lang atmete ich
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