03 - Geheimagent Lennet und die Saboteure
Hat Vater Youyou Sie zu ,W.T.A.' gelotst?«
»Ja. Und Mr. Bulliot ist mit von der Partie. Er ist ganz verzweifelt, daß seine Agentur im Verdacht steht, mit den Attentaten etwas zu tun zu haben. Wir können uns auf ihn verlassen. Er ist ein guter Engländer.«
»Aha, jetzt wird mir verschiedenes klar. Die Herrschaften haben mir einiges verschwiegen", meinte der Franzose etwas verärgert.
»Das nennt man Kriegsrecht!«
»Meinetwegen, Kriegsrecht. Fest steht, daß William Beauxchamps mir gegenüber einen gewaltigen Vorsprung gehabt hat. Dieser ausgekochte Bursche!«
»Er ist ein ganz reizender Kerl", bremste Clarisse und lächelte.
»Aber bestimmt nicht so nett wie ich", sagte Lennet. »Hören Sie zu: Ich schlage vor, wir schließen einen Pakt ab, ja? Wir vergessen die Rollen, die wir bisher gespielt haben, arbeiten Hand in Hand und teilen uns die Beute, einverstanden?«
Clarisse zögerte einen Moment. Dann meinte sie: »Nicht sehr fair, dieser Pakt, den Sie vorschlagen, Monsieur Lennet. Sie sind ein Agent, der längst seine Lehrzeit hinter sich hat - und ich, ich hab erst gerade mit dem Handwerk angefangen.«
»Macht doch nichts", erwiderte der Franzose väterlich. »Beim zweiten Auftrag wird Ihnen klar sein, daß man eine Waffe entsichern muß, bevor man schießen will.«
Clarisse wurde vor Verlegenheit ganz rot.
»Wie ist das eigentlich", wollte Lennet wissen, »haben Sie schon etwas gegessen?«
»Nein. Nachdem ich die Leutchen zur Agentur gebracht, mich daheim rasch umgezogen und meinen Wagen geholt hatte, bin ich sofort hierher zurückgefahren, hab dem Wachhabenden meine Marke gezeigt, sein Schlüsselbund geschnappt und bin losmarschiert, um Sie hier im Bau aufzuspüren.«
»Ich habe auch noch nichts im Magen", sagte der junge Franzose. »Wollen wir irgendwo eine Kleinigkeit essen?«
»Ja, schon, aber ich bin unmöglich angezogen.«
Lennet sah Clarisse von oben bis unten an. Sie trug ein schwarzes Trikot und Blue jeans. Die Aufmachung paßte zu ihrer schlanken Figur ganz ausgezeichnet.
»Sie gefallen mir so viel besser", meinte der Franzose, »wir gehen ja nicht ins vornehme Hotel Ritz. Ich kenne da auf der Park Lane ein kleines, gemütliches Restaurant, wo man sich nicht aufdonnern muß. Ich bin ja schließlich auch nicht im Smoking.« Er zeigte auf sein Polohemd und die Sporthose.
»Also gut", sagte die Engländerin, »ziehen wir los!«
»Ist jetzt unser Freundschaftsbündnis perfekt?«
»Es ist", erwiderte Clarisse und lächelte.
Als die beiden am Ausgang des Towers waren, grüßte der Wachhabende exakt militärisch und übernahm wieder von Clarisse den Schlüsselbund.
»Da drüben steht mein Wagen", sagte die junge Engländerin und zeigte mit dem Finger auf einen hübschen Sportwagen.
Clarisse fuhr sehr sicher. Das Auto schoß durch die Nacht. In der Park Lane, nicht weit vom Hilton-Hotel, erkannte Lennet schnell das Restaurant wieder, von dem er gesprochen hatte. Er war früher schon mehrfach dort gewesen, weit vor seiner Zeit als Agent des SNIF, als er mit seinem Vormund die britische Hauptstadt besucht hatte.
»Ich sehe, Sie kennen sich hier gut aus!« sagte Clarisse.
»Hm ja, das macht die gute französische Schulausbildung.«
Die nächsten zwei Stunden waren ganz reizend. Die beiden verstanden sich prächtig. Von allem wurde zunächst gesprochen, nur nicht von Sabotage. Clarisse erzählte Lennet, wieviel ihr die Malkunst bedeutete, wie bedrückend es für sie war, mit den Touristenhaufen durch die Museen zu ziehen. »Ich liebe diese Galerien von ganzem Herzen", sagte sie, »aber auf meine Art, verstehen Sie? Ich hoffe sowieso, daß mein Auftrag durch Ihre Hilfe bald erledigt sein wird. Ich verabscheue diese dämlichen Leute mit ihrer verrückten Fragerei. Es kommt noch soweit, daß ich alle Ihre Landsleute hasse!«
»Mit einer Ausnahme, wenn ich bitten darf", schloß der Franzose an. Clarisse brachte Lennet zum »Hotel Siebzig".
Bevor sich Lennet verabschiedete, sprachen sie noch einmal über »W.T.A.«.
»Glauben Sie, Clarisse, daß beim Personal von Bulliot etwas faul ist?«
»Nein, das glaub ich nicht. Das sind alles sehr anständige Leute, gute Engländer.«
»Und was halten Sie von den Fremden, die Sie zu betreuen haben?«
»Dieser junge Pouillot gefällt mir nicht", erwiderte Clarisse, nachdem sie einen Augenblick gezögert hatte.
»Kann ich verstehen", meinte Lennet. »Hören Sie mal zu, liebe Freundin, ich habe eine Idee! Was steht morgen auf unserem
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