0327 - Wer die Blutfrau lockt
unterwerfen. Und das Dritte ist dein eigener Wille. Ich spürte es doch in dir beben, daß dir das Gefühl eben gefallen hat - und daß du meinen Kuß und den Hauch meiner Lippen wieder verspüren willst. Das Verlangen in dir ist geweckt und du kannst ihm nicht widerstehen. Ich spüre es ganz genau - rede was du willst!«
»Marenia… ich… !« preßte Marc Corner hervor.
»Sage nichts!« hauchte Marenia. »Komm zu mir und küß mich auf die kalte Stirn. Empfange von mir den Kuß der dunklen Ewigkeit. Den Kuß des Vampirs…!«
***
Eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang.
Im Haus schliefen alle Menschen. Niemand nahm wahr, daß zwei Personen geräuschlos durch das Treppenhaus die Stiege hinab schritten.
Kein Licht brannte. Denn Marenia, der Vampir, brauchte kein Licht. Und die Schritte von Marc Corner lenkte ihr Wille. Mit ihren Augen sah sie für ihn und ließ ihn Stufen und Absätze erkennen.
Ohne ein Wort zu sagen führte Marenia den Mann mit dem jetzt kalkweißen Gesicht und den rotgepunkteten Bißspuren am Hals zur Tür, die hinunter in den Keller führte.
Sie legte die Hand ans Schloß und die Tür schwang auf. Gestaltlose Schwärze gähnte dahinter. Aber das Auge des Vampirs sah in der Dunkelheit. Ohne darauf zu achten, ob Marc Corner folgte, ging Marenia voran.
Der willenlose Mann folgte ihr mit taumelnden Schritten…
***
»Sie sind wie das Fernsehen, Brown!« knurrte Inspektor Scandler seinen Assistenten an. »Ständige Wiederholungen. Können sie mir nicht mal wieder einen ganz normalen Banküberfall oder so was bringen? Immer wieder dieses Verschwinden von Personen. Eine unendliche Reihe von Fällen, von denen wir noch nicht einen einzigen gelöst haben. Immer wieder tappen wir im Dunklen!«
»Wir tun, was wir können, Chef!« erklärte Brown. »Hier ist die Akte. Ein gewisser Marc Corner. Jennifer Marshal, seine Verlobte, hat die Vermißtenanzeige erstattet. Nach unseren Ermittlungen wollte er den Tower in der Nacht fotografieren, wenn er angestrahlt wird. Einer der Beefeaters, die den Tower bewachen und der Feierabend hatte und nach Hause ging, will einen Mann gesehen haben, auf den die Beschreibung stimmte. Er wurde von einer jungen Frau mit hellen Haaren angesprochen und ist mit ihr gegangen. Die Frau soll sehr gut ausgesehen haben und die Kleidung habe der neusten Mode entsprochen!«
»Womit ihre Vampir-Theorie, die sie unlängst äußerten, ausfällt, Brown!« Inspektor Scandler lachte freudlos. »Denn Vampire laufen immer in altertümlicher schwarzer Kleidung rum!«
»Stimmt. In alten Filmen von Graf Dracula!« nickte Brown. »Ich schlage dennoch vor, Professor Zamorra anzurufen und seinen Rat einzuholen.«
»Glauben Sie, ich mache mich lächerlich, Brown!« fauchte der Inspektor. »Diese Leute warten doch nur darauf, daß sich offizielle Stellen mit ihnen beschäftigen und ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Das bringen sie dann groß in der Presse heraus und benutzen es als Referenzen für Kunden, die für teures Geld um ihre Hilfe bitten und von ihnen größtenteils betrogen werden!«
»Professor Zamorra machte nicht den Eindruck eines Scharlatans!« wandte Detective Brown ein. »Dieser Mann wußte, was er sagte und tat, und war grundehrlich. Ich bin sicher, er kann uns weiterhelfen!«
»Und morgen steht in der Presse, daß sich Scotland Yard auf die Mithilfe eines Geisterjägers verläßt!« fauchte George Scandler. »Diesen Skandal will ich nicht verantworten. Wir ermitteln weiter, wie bisher!«
»Sollte man nicht wenigstens versuchen, ganz dienstintern Oberinspektor Sinclair um Mithilfe zu bitten?« machte Brown einen weiteren Vorstoß.
»Ich sagte Ihnen doch schon, was ich von John Sinclair halte!« Inspektor Scandler wurde ernsthaft böse. »Ich glaube nicht an die Geister, die er vorgibt zu jagen. Und wenn schon -unser Dezernat kann es sich nicht leisten, zu erklären, daß eine ganze Serie von Fällen nicht geklärt werden kann. Man hat uns den Fall übertragen - und wir führen ihn auch zu Ende! Basta! Keine Widerrede!«
»Und wie gehen wir weiter vor?« fragte Detective Brown.
»Wir verhaften die Frau, die der Beefeater gesehen hat!« ordnete der Inspektor trocken an.
»Dann wird die Verhaftungswelle einen ziemlich großen Prozentsatz der weiblichen Bevölkerung Londons erreichen!« erklärte Brown sarkastisch. »Ich schlage vor, die Verhaftung im Kensington-Palast nehmen Sie selbst vor!«
»Was wollen Sie damit sagen?« knurrte Scandler böse.
»Die Beschreibung paßt
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