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039 - Der schwarze Abt

039 - Der schwarze Abt

Titel: 039 - Der schwarze Abt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Der Rhododendronstrauch unmittelbar darunter war zerstampft. Dick schwang sich auf die Fensterbank und sprang, noch ehe Puttler ihn von dieser Waghalsigkeit abhalten konnte, hinaus. Auf den dunklen Blättern des Strauches fand er Blutspuren. Auch der Mauervorsprung unmittelbar dabei war mit Blut beschmiert.
    Inzwischen hatte sich, nach einem vorsichtigeren Abstieg, Puttler eingefunden.
    »Dieses zweite Unheil passierte, als wir mit der Polizei im Park waren«, stellte er fest.
    »Ich hätte mich nach Auffinden des Toten um meinen Bruder kümmern sollen«, beschuldigte sich Dick. »Zum mindesten hätten wir eine Wache vor seiner Tür aufstellen müssen.«
    Gemeinsam suchten sie nach weiteren Spuren. Auf dem gepflasterten Pfad, der am Haus entlangführte, fanden sie nichts, doch als sie den Kiesweg erreichten, entdeckten sie eine Furche, - deutliche Schleifspuren im Kies, wie sie ein nachgezogener schwerer Gegenstand oder Körper hinterläßt. Doch nach wenigen Metern hörte diese Spur wieder auf.
    Sie liefen um den Seitenflügel herum bis zum Mittelbau und machten vor den Fenstern der Bibliothek halt. Eines von ihnen stand offen, und als Dick die Vorhänge zurückriß, sah er sofort, daß sich hier in der Nacht jemand zu scharfen gemacht hatte. Ein Bücherregal war fast ganz ausgeräumt, eine Schublade von Harrys Schreibtisch aufgebrochen, und auf dem Parkett lag die leere Geldkassette.
    Über eine Stunde suchten sie das ganze Gelände ab, ohne den geringsten Hinweis für Harrys Verbleib zu erhalten. Außer den Schleifspuren auf dem Kiesweg -nichts.
    Geradeaus vor ihnen, in einer Entfernung von fünfhundert Metern, rauschte der Ravensrill. Zur Linken, von ihrem Standort aus noch nicht zu sehen, lagen die Ruinen der Abtei.
    Sie kehrten zum Haus zurück und erreichten es gerade in dem Moment, als der erste neuigkeitslüsterne Reporter aus seinem Wagen stieg.

33
    Mr. Gilder erhob sich an diesem Morgen bereits um sechs Uhr. Er hatte eine unruhige Nacht hinter sich und begrüßte erleichtert die graue Dämmerung. Als um acht die erste Post verteilt wurde, öffnete er selbst dem Boten und ließ sich das halbe Dutzend Briefe aushändigen, um damit sofort in seinem Arbeitszimmer zu verschwinden. Nur einer der Briefe trug den erwarteten Stempel, doch die Handschrift auf dem Umschlag kannte er nicht. Nervös riß er ihn auf und las die paar hingekritzelten Zeilen:
    ›Falls ich Sie nicht wiedersehen sollte, besten Dank für Ihre Freundlichkeit. Denken Sie nicht zu schlecht von Ihrem alten Freund.‹
    Demnach hatte Thomas den Unterschlupf verlassen. Verstimmt warf Gilder den Brief ins Kaminfeuer und ging nochmals zur Korridortür, um den von den oberen Stockwerken zurückkommenden Postboten abzufangen.
    »War vielleicht nicht noch ein Brief für mich dabei?«
    Der Mann durchsuchte das ganze Bündel.
    »Nein, Sir. Übrigens kommt die Post aus der Provinz meist erst mit der Zehn-Uhr-Runde zur Verteilung.«
    Gilder knallte die Tür ins Schloß und setzte sich an den Frühstückstisch. Ärgerlich griff er nach der Morgenzeitung, die neben seinem Teller lag, und als er sie aufschlug, sprang ihm als erstes die fettgedruckte Überschrift: Mysteriöse Vorgänge in einem Spukschloß‹ in die Augen. Er las:
    ›Telefonischer Bericht aus Chelfordbury, zwei Uhr morgens. - Das Erscheinen des Schwarzen Abtes, des Hausgeistes von Fossaway, über das wir früher schon berichteten, hat eine tragische Fortsetzung gefunden. Gestern abend um elf Uhr hörte Mr. Richard Alford Schreie im Park, lief hinaus und fand den Leichnam eines Mannes in Mönchstracht. Der Körper wies nicht weniger als neun Stichwunden auf. Der Ermordete ist identifiziert worden als Thomas Glück, früherer Diener des Grafen von Chelford.‹
    Bestürzt ließ Gilder die Zeitung sinken. Thomas!
    Sein erster Gedanke galt sich selbst. Wenn es herauskam, daß Thomas in seinem Häuschen gewohnt hatte, würde er unfehlbar in diese Affäre mit hineingezogen werden. Er würde vorgeladen, verhört werden - in einem Mordverfahren! Gilder zweifelte nicht, daß Thomas nach Fossaway zurückgegangen war, um sich den Rest Bargeld anzueignen. Und weiter? Hatte Thomas schon früher die Rolle des Schwarzen Abtes gespielt? Sollte das die Erklärung des ganzen Spukes sein?
    Gilders Gedanken kehrten von diesem Vorfall zu Leslie Gine zurück. Die zweite Post würde ihren Brief bringen, und dann wollte er sich großzügig zeigen. Kein Handeln und Feilschen, keine Klausel - ihr Wort sollte genügen.

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