0442 - Der Blick ins Jenseits
nicht sicher.«
»Sie reden in Rätseln.« Ich strich über Arlettes Haar. »Vielleicht werden sie bald gelöst.« Noch einen Schritt bewegte ich mich auf die Wand zu und konzentrierte mich auf die schwarze Fläche.
Nur von der Ferne aus gesehen wirkte sie ruhig. Wer dicht vor ihr stand, so wie ich, der sah, daß die Wand etwas vibrierte und möglicherweise eine gewisse Körnung aufwies. Irgendwo im Innern fanden die Bewegungen statt, und die Vibrationen hielten sich auch in den Abmessungen.
Das Mädchen hatte die Kälte gespürt. Auch mir wehte sie entgegen, als ich nahe herantrat.
Es war für mich schwer zu erklären, aber ich hatte den Eindruck, als würde mir ein Gruß aus der Unendlichkeit entgegenwehen. Die Wand grüßte und warnte mich gleichzeitig.
Die Warnung ignorierte ich, mich interessierte die Magie der Wand, die ich mit dem Kreuz testen wollte.
Als ich meine Hand vorschob und die Blicke auf das Kreuz gerichtet hielt, da erkannte ich auch die Reaktion. An den Seiten war das Licht heller, in der Mitte jedoch, wo ich das Gesicht des Hector de Valois gesehen hatte, verdunkelte sich die Stelle.
Ein Omen?
»Was machen Sie denn da?« hörte ich Arlettes Stimme.
Ich verkniff mir eine Antwort, denn sehr deutlich spürte ich die Strömungen, die aus der Wand traten und gegen das Kreuz flössen. Die Wand schien größer geworden zu sein, und innerhalb dieser pechschwarzen Finsternis zeichnete sich das Kreuz als ein gewaltiger grauer Schatten ab.
Doch was war das?
Im Hintergrund der Wand, möglicherweise unendlich weit entfernt, entstand etwas.
Gefangen in einem drei- oder sogar vierdimensionalen Raum drehte und wendete es sich, tauchte aus der Tiefe hervor, wurde nach vorn gedrückt, nahm deutlichere Konturen an, so daß ich es plötzlich sehen konnte.
Es waren Gestirne…
Planeten, Sterne, eine Sonne - eben ein Ausschnitt des Alls. Vielleicht eine tiefe Vergangenheit, die ich schon einmal erlebt hatte, als man mir die Geisterdämmerung ankündigte.
Aber das hier war anders, denn die Planeten blieben zurück. Es näherten sich Dinge, die ich kannte.
Ein Monster.
Schwarz, mit einer Sense in der rechten Knochenhand. Der dunkle Umhang und die schwarzen Knochen paßten zusammen, während das silbrig funkelnde Sensenblatt im schroffen Gegensatz dazu stand.
Mein Herz schlug schnell. Diese Gestalt, die sich aus den Tiefen des Raums näherte, war mir kein Unbekannter.
Ich hatte früher des öfteren gegen ihn gekämpft, ihn schließlich vernichtet, so daß es ihn nicht mehr gab. Daß ich ihn trotzdem sah, ließ nur einen Schluß zu.
Die Szene, die man mir vorführte, gehörte nicht in die Gegenwart, sondern in die Vergangenheit.
Denn nur aus ihr konnte der Schwarze Tod kommen!
***
Genau das war er!
Der Schwarze Tod. Ein Superdämon. Überhaupt der erste Superdämon, den ich gekannt und besiegt hatte. Über Monate hatten sich die Kämpfe zwischen uns hingezogen. Auf dem Friedhof am Ende der Welt war es mir schließlich gelungen, ihn dank meines Bumerangs zu köpfen, ihn regelrecht zu zerhämmern.
In der Gegenwart konnte er mir nicht mehr gefährlich werden, aber die Vergangenheit brachte noch viele, unaufgeklärte Dinge mit sich. So hatte ich seine Geburt erlebt und ihn auch getroffen, als der gewaltige Kontinent Atlantis unterging, wozu er seinen Teil beigetragen hatte.
Und jetzt zeigte man mir dieses Bild.
Diese Wand war ein Phänomen. Ich suchte nach einer Bezeichnung für sie und kam auch zu einem Ergebnis.
Sie war ein magisches Hologramm!
Tief holte ich Luft, drehte auch den Kopf, weil ich nach Arlette sehen wollte.
Sie stand hinter mir und wartete. Ihr Gesicht zeigte einen gespannten und verständnislosen Ausdruck. Dabei hob sie plötzlich den Arm, und deutete an mir vorbei.
Wahrscheinlich wollte sie mir etwas zeigen.
»Da, da ist etwas. Da kommt noch was hervor.« Sie sprach stockend.
Ich sah sie auch zittern.
Rasch drehte ich mich.
Arlette hatte sich nicht getäuscht. Das magische Hologramm zeigte einen weiteren Gegenstand.
Auch er tauchte in den unergründlichen Tiefen auf und schob sich nach vorn, als würde er von einem Band gezogen.
Diesmal war es kein Dämon, auch kein Mensch oder der Teufel. Es war etwas ganz anderes, aber das, was ich jetzt zu sehen bekam, hieb mich fast von den Beinen.
Vor Jahren hatte ich es bisher zum ersten- und zum letztenmal gesehen.
Und jetzt wieder.
Es war - das Buch der grausamen Träume!
***
»John!«
Obwohl der Geisterjäger nicht zu sehen
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