0478 - Der Horror-Kalender
Geisterjäger«, spottete Suko und reichte mir das Badetuch, in das ich mich einwickelte. »Soll ich dich auch noch abfrottieren?«
»Seit wann stehst du auf Männer?«
Suko winkte ab und verließ das Bad.
Plötzlich wurde mir schwindelig. Ich setzte mich auf den Wannenrand.
Fünf Minuten später hatte ich mir den Bademantel übergestreift und ging in den Wohnraum, wo Suko schon etwas vorbereitet hatte. Den Geruch kannte ich.
»Ist das nicht Rum?« fragte ich schnuppernd.
»Und wie«, sagte mein Freund. Er deutete auf das Glas. »Rum, Wasser und Zucker.«
»In welch einem Verhältnis?«
»Zucker weniger. Das andere, nun ja…«
Ich ließ mich in einen Sessel fallen. Suko schob mir das Glas hin. Es war verdammt heiß, kaum zum Anfassen, und auch der Grog schien meine Kehle in ein Feuerloch zu verwandeln.
Ich trank ihn in vorsichtigen Schlucken. Mein Magen wurde regelrecht ausgeglüht. Aber das Zeug wärmte durch. Die alten Hausrezepte waren noch immer die besten. Die Wärme stieg mir bis in die Haarspitzen.
Suko saß mir grinsend und nickend gegenüber. »So gefällst du mir, Alter. Soll ich dir noch einen Gefallen tun?«
Ich schielte ihn über den Rand des Glases an. »Welchen denn?«
»Du hast die freie Wahl. Wen soll ich anrufen und zu deiner Krankenschwester machen. Jane oder Glenda?«
»Am besten beide.«
»Angeber. Übernimm dich nicht, sonst bist du der Blamierte.« Er nahm mir das Glas aus den Händen und bereitete mir einen zweiten Grog zu. Ich protestierte zwar, kam aber nicht durch.
Der zweite haute mich dann um. Ich bekam wohl noch mit, daß mich Suko ins Schlafzimmer brachte. Der Rest fiel dann aus wegen einer ungeheuren Müdigkeit…
***
Das Wohnmobil stand auf einem öffentlichen Parkplatz in einer Reihe mit anderen Fahrzeugen.
Nicht weit entfernt schob sich die dunkle Silhouette des Hochhauses in die Höhe, in dem der Geisterjäger John Sinclair wohnte. Javankala hatte hin und wieder einen Blick aus dem Seitenfenster geworfen und sich den mächtigen Bau angesehen. Die Fassade wirkte wie ein hochgestelltes Rechteck, in das jemand zahlreiche, rechteckige Löcher hineingeschnitten hatte, damit Lichtschein nach außen dringen konnte.
Der war jedoch bald verschwunden, ebenso wie die Silhouette des Hauses. Dichter Schneeregen jagte vom Himmel und wirkte wie ein Vorhang, den jemand zugezogen hatte, so daß die Akteure und Fassaden nicht mehr zu sehen waren.
Im hinteren Teil des Wagens hatte sich Javankala so etwas wie ein Atelier eingerichtet. Hier stand ein angeschraubter Zeichentisch und in einem Regal daneben die Töpfe mit den Farben. Des öfteren überkam ihn die Arbeitswut, wenn er und Myrthe sich auf Reisen befanden. Dann mußte er einfach malen.
Oder er zeichnete die Motive, die ihm seine Begleiterin eingab. Zumeist schreckliche Gestalten aus ihrer Heimat, dem alten Atlantis, an die sie sich noch gut erinnerte.
Auch das Februarbild gehörte zu einem Monstrum, das in Atlantis gelebt hatte.
Man hatte es das Tier genannt. Es lebte in den Bergen und den Wäldern, wo es sich seine Beute holte, die aus Zwei- und Vierbeinern bestand. Unterschiede gab es bei dem Tier nicht.
Und ihm hatte die Harpyie den grausamen Atem eingehaucht, um es zum Leben zu erwecken.
Ja, Myrthe war schon etwas Besonderes. Sie gab dem Maler Kraft und Sicherheit. Mit ihr zusammen würde es ihm gelingen, die Welt auf den Kopf zu stellen.
Sie hatten beide noch viel vor. Zunächst aber mußte dieser Sinclair aus dem Weg geräumt werden.
Bisher war es ihm gelungen, nicht so offen in Erscheinung zu treten. Sie hatten mehr im Untergrund gearbeitet und die richtigen Fäden gezogen. Der Erfolg hatte ihnen tatsächlich recht gegeben. Die Kalender waren verkauft worden wie nichts und hatten sich zu einem regelrechten Bestseller unter den Fans entwickelt.
Sie alle würden am morgigen Tag die wahre Stärke des Kalenders zu spüren bekommen.
Das große Chaos, der absolute Schrecken stand dicht bevor. Die Polizei würde durchdrehen. Die Menschen wurden zum erstenmal mit einer Magie konfrontiert, die aus einer fernen Zeit kam und sie einfach überrollen würde.
Nur wenige wußten Bescheid. Zu den Nichteingeweihten gehörte dieser Sinclair, doch dieses Problem erledigte Myrthe auf ihre Art und Weise. Ihr war noch niemand entkommen. Sie beherrschte den Wind und hauchte gleichzeitig den Pestodem des Bösen aus.
Auch jetzt saß der Maler vor einer Zeichnung. Nur wollte sie ihm nicht so recht gelingen. Motive gab es ja
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