Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
048 - Die Bande des Schreckens

048 - Die Bande des Schreckens

Titel: 048 - Die Bande des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
schaute er sich um.
    »Wo ist der Kerl?« fragte er.
    »Er ist weg. - Mr. Crayley, warum bin ich hier?«
    Er rieb sich das Kinn. Sie glaubte, daß seine Hände zitterten, doch konnte das Einbildung sein.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er verlegen. »Es wird Ihnen hier nichts geschehen.«
    Es entstand eine Pause. Sein düsterer Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Es kam ihr so vor, als wäre er ängstlicher als sie selbst. Einige Male schaute er sich nervös um, und sie vermutete, daß ihn der merkwürdige Schatten erschreckte, den das Kerzenlicht auf die Wand warf.
    »Er ist fort?« fragte er und meinte damit den Bewacher. »Das ist sehr unangenehm.« Er räusperte sich. »Ich fürchte, Sie sind in einer sehr peinlichen Lage - in einer äußerst peinlichen Lage.« Er dachte nach, als ob er sich sammeln müßte. »Ich glaube, kaum jemand war je in einer so schrecklichen Lage, wie Sie es jetzt sind.«
    Die geistlose Wiederholung dieser Feststellung rief ein flüchtiges Lächeln auf ihr Gesicht.
    »Nun, meine Lage kann nicht so schlecht sein, Mr. Crayley, da Sie jetzt bei mir sind.« Er schaute sie nicht an.
    »Setzen Sie sich, bitte!« Er zog ein seidenes Taschentuch aus seinem Ärmel und stäubte einen Stuhl ab. »Ich muß mit Ihnen über etwas sprechen, und sobald ich das getan habe, werden Sie mich wahrscheinlich für einen ungebildeten Menschen halten.«
    Gehorsam setzte sie sich, gespannt, was nun kommen würde. »Das einzige, was Sie aus dieser schwierigen Lage retten kann, ist -Heirat«, begann er verwirrt, »Wirklich, wenn Sie es sich überlegen, ist einer so gut wie der andere - ich meine, als Ehemann.«
    »Ich verstehe Sie nicht, Mr. Crayley - ich denke gar nicht an Heirat, und wenn ich...«
    »Das ist es.« Er nickte verständnisvoll, als wüßte er im voraus, was sie sagen wollte. »Wenn ich Sie bitten würde, mich zu heiraten, wären Sie dann sehr beunruhigt?« »Sie - heiraten?«
    Sie war nicht beunruhigt, sondern verblüfft.
    »Das ist es!« wiederholte er hartnäckig. »Heiraten Sie mich morgen, und alles wird in Ordnung kommen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich könnte Sie nie heiraten, Mr. Crayley.« Der bestürzte Ausdruck seines Gesichts wirkte beinah komisch. »Sie sollten es doch tun! Bei Gott, Sie sollten es tun!« versetzte er eindringlich. »Ich will Ihnen die Wahrheit sagen, Miss Nora -ich wünsche ebensowenig wie Sie, zu heiraten. Aber ich wäre sehr erleichtert, wenn Sie mich heiraten würden, falls...« Seine unruhige Hand berührte die Lippen, er schaute nach rechts und links und dämpfte die Stimme. »Es wäre besser für Sie, wenn Sie meinen Rat befolgten. Versprechen Sie mir auf Ehrenwort, mich morgen früh zu heiraten, und ich werde - ich schwöre...« Er sprach immer erregter. Jetzt trocknete er sich die feuchte Stirn mit einem roten Taschentuch. »Wenn Sie es nicht tun -Gott! Ich weiß nicht, was dann geschehen wird!«
    Sie war verwirrt. Seine unzusammenhängende Rede brachte ihr keine Klärung. Er senkte den Kopf und sprach wie zu sich selbst:
    »Ich bin nur eine Null, die kleinste Null. Ich hasse diese ganze verfluchte Geschichte! Gott! Wenn ich verschwinden, dieses verdammte Land verlassen könnte! Einmal hätte ich es beinah getan, als ich in Italien war, ich ging schon an Bord - in Genua, aber ich hatte nicht den Mut.« Sie wartete, und als er schwieg, antwortete sie:
    »Ich weiß nicht, was das alles bedeuten soll, Mr. Crayley, aber ich spüre, daß Sie versuchen, freundlich gegen mich zu sein. Heirat ist jedoch unmöglich - ganz unmöglich. Wollen Sie mir helfen, diesen Ort zu verlassen? Warum hat man mich hierhergebracht?«
    Plötzlich richtete er sich aus seiner schlaffen Haltung gerade auf, horchte und hob warnend den Finger.
    »Bleiben Sie hier!« flüsterte er, eilte zur Eingangstür, die verschlossen war, und ging dann zur gegenüberliegenden Tür, aus der er gekommen war. Gleich darauf hörte Nora aus dem angrenzenden Zimmer Stimmen, aber so leise, daß sie, obgleich sie näher schlich, kein Wort verstehen konnte. Es waren zwei tiefe, brummige Männerstimmen, unterbrochen von Crayleys ängstlichem, eindringlichem Flüstern. Nach einer Weile hörte sie ein Scharren von Schuhen und sich entfernende Schritte. Auf den Fußspitzen schlich sie an die alte Stelle zurück.
    Die Türklinke bewegte sich langsam, und Crayley schlüpfte wieder ins Zimmer. Wenn er vorher erschöpft und verzweifelt ausgesehen hatte, glich er jetzt einem Geist. Wieder erhob er den Finger,

Weitere Kostenlose Bücher