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056 - Der Werwolf

056 - Der Werwolf

Titel: 056 - Der Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hivar Kelasker
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reißen – seine Kraft und Ausdauer reichten noch viel weiter. Hier war er der Herr des. Waldes und niemand konnte ihn überlisten!
    Der Atem des schwarzen Wolfes ging ruhiger, aus dem Rennen wurde ein schneller Trab, die charakteristische, kräftesparende Fortbewegungsart eines Wolfes. Er hielt mit seiner Kraft haus, denn heute nacht würde er seinen nächsten Mord begehen.
    Nein – keinen Mord, eine Hinrichtung!
     

     
    Aus dem Wohnwagengespann kamen die Klänge eines Autoradios. Plötzlich wurde die Musik durch eine Nachricht unterbrochen.
    „… wie die örtliche Polizei bekanntgab, handelte es sich bei dem Opfer um die Schwester des geistesgestörten Christian Franke, der seinem Arzt gegenüber geäußert hatte, er wolle seine Familie und eine Reihe anderer Personen umbringen. Nach dem Wolf wurde eine große Suchaktion gestartet, an der Forstbeamte, Bundesgrenzschutz und Polizei beteiligt sind …“
    Die vierköpfige Familie, die um den steinernen Tisch des Rastplatzes saß, lauschte wie gebannt. Es war unvorstellbar, daß sich in dieser schönen Landschaft eine solche Tragödie ereignet haben sollte.
    Unter ihnen lag ein großer Wald mit einem schmalen Flußlauf, der sich wie eine Schlange durch das herbstlich getönte Tal wand.
    „Was sagen Sie dazu, Herr Förster?“ wandte sich die Frau des Wohnwagenbesitzers an den jungen Waidmann, der ihnen vorhin geraten hatte, sich ja in der Nähe ihres Wagens aufzuhalten.
    Der junge Förster zuckte die Schultern und blickte auf die Uhr. Es war einige Minuten vor drei Uhr nachmittags.
    „Ich weiß nicht recht“, sagte er leise und nachdenklich. „Es gibt seit rund einem Jahrhundert hier keine Wölfe mehr. Dieser schwarze Wolfsrüde wurde eingeführt, im Naturschutzgebiet ausgesetzt, und jetzt rennt er durch die Gegend und mordet wie besessen. Wir haben Anweisung, ihn zu erschießen, falls wir ihn sehen.“
    „Wenn Sie ihn nicht bemerken, werden Sie ihn schlecht erschießen können!“ meinte der halbwüchsige Sohn schnippisch.
    „Otto!“ rief die Mutter vorwurfsvoll.
    „Er hat recht!“ erwiderte der Beamte und setzte den Plastikbecher ab, den ihm der Familienvater vorhin zugeschoben hatte. „Danke für den Schnaps.“
    „Zielwasser für den Wolf!“ meinte die Tochter ungerührt und stand auf. Sie ging zum Wagen und drehte am Radio. Musik dröhnte durch die Stille des frühen Nachmittags, dann hörten sie den charakteristischen Pfeifton, auf den die Nachrichten folgten.
    „Ruhe!“ rief der Wagenbesitzer.
    „An die Bevölkerung“, klang die Stimme aus dem Äther. „Trotz einer umfangreichen Suchaktion, an der auch Hubschrauber des Grenzschutzes teilnahmen, ist der Wolf entkommen. Nach übereinstimmenden Aussagen der Beobachter hat er sich zur nächst in ein Waldstück nahe Karsting zurückgezogen. Von dort aus flüchtete er, obwohl mehr als fünfzig Schüsse auf ihn abgegeben wurden, nach Osten. Die Hubschrauberbesatzung verlor ihn aus den Augen. Wir warnen hiermit alle Autofahrer, Holzfäller und Wanderer.“
    Der Sohn deutete aufgeregt auf das Jagdgewehr und sagte: „Vielleicht treffen Sie ihn wirklich. Das ist unsere Richtung!“
    Er hob seine Hand vor die Augen und suchte das Gelände ab, als wolle er dort den streifenden Wolf finden.
    „Vermutlich finden wir ihn nie oder nur durch Zufall!“ erklärte der Beamte. Er stand auf und sagte:
    „Weißt du, ein einzelnes Tier, dazu noch ein so schlaues wie ein Wolf, kann sich hier jahrelang verstecken.“
    Der Förster deutete auf die umliegenden Wälder und nickte dem Wagenbesitzer zu. Seine Frau stand an der Tür des Wohnwagens und wollte gerade etwas sagen. Sie blickte am Kopf des Forstbeamten vorbei. Plötzlich wurde sie bleich und schrie kreischend auf.
    „Dort … dort … der Wolf!“ rief sie angsterfüllt.
    Der Förster fuhr herum und griff nach seinem Gewehr. Er traute seinen Augen nicht. Etwa vierzig Meter entfernt stand der schwarze Wolf am Rand der Straße und äugte zu ihnen herüber.
    Die Frau riß die Wagentür auf. Kreischend rannten die Kinder auf das Auto und den Anhänger zu, während der Vater auf die andere Seite des Wagens lief, um die Tür neben dem Fahrersitz zu öffnen.
    Der Beamte hob das Gewehr und entsicherte es. Er lehnte sich gegen den steinernen Tisch und stemmte den Kolben der Waffe gegen die Schulter. Der Schaft berührte seine Wange. Langsam wanderte das Korn in die Kimme.
    Der Wolf stand noch immer am gleichen Fleck. Es war wie Scheibenschießen – mitten im

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