0569 - Teufel im Leib
etwas ergibt. Das würde mich natürlich happy machen, würde mich das.«
Siebel gab keinen Kommentar. Er kannte Scholz, den Mann mit dem Gurgelpropeller. Er gehörte nicht eben zu den Leuten, die man als beliebt bezeichnen konnte. Auf Scholz traf die Bezeichnung Ehrgeizling zu und Karrieremacher, natürlich nur innerhalb des gesicherten Beamtenverhältnisses. Siebel wußte nicht einmal, welchen Dienstgrad Scholz momentan innehatte.
Sie hatten mittlerweile die Höhe erreicht, über die sich die Straße wand. Sie beschrieb weite Kurven, blieb aber zumeist oberhalb des Waldes.
Die nassen Flecken gab es nicht mehr. Auf den Wiesen glitzerten Wassertropfen. Es war ein wunderschöner Wintertag, nicht zu kalt und nicht zu warm. Ein Tag, um ihn als Spaziergänger zu verbringen.
Wie es auch die Frau tat, die plötzlich inmitten einer Kurve stand.
Zuerst glaubte Scholz an eine Halluzination. Er wischte über seine Augen, grinste etwas schief und sagte dann, als er sie besser sah.
»Entweder ist die verrückt oder eine Nutte.«
»Vielleicht beides«, vermutete Siebel. »Soll ich anhalten?«
»Ja, tun Sie das.«
Der Jeep verlor an Tempo und rollte langsamer der am Straßenrand stehenden Person entgegen. Auch der Transporter hinter ihnen hatte an Geschwindigkeit verloren.
»Es kann auch eine Falle sein«, warnte Siebel.
»Wer sollte uns die gestellt haben? Die Perle da?«
»Man kann nie wissen.«
Scholz grinste und zupfte seinen Gurgelpropeller zurecht. Die Frau sah in der Tat außergewöhnlich aus. So wie sie da stand, mußte sie sich einfach etwas abfrieren.
Besonders auffallend waren ihre langen Beine, die in zarten hellgrauen Nylons steckten. Ins Auge stach dabei die rote Naht, die mit dem roten Leder der hochhackigen Schuhe harmonierte.
Die Frau trug nicht einmal einen Mantel. Ihr Seidenkleid war kurz und wehte im Wind. Verdammt sexy sah sie darin aus.
Dann das Gesicht. Ausdrucksstark, nicht ein glattes Puppengesicht, sondern einfach anders, wie auch die Haare, durch deren schwarz sich Mahagonisträhnen zogen.
»Halten Sie jetzt, Siebel!«
Direkt neben der rechten Beifahrertür wuchs die Frau in die Höhe.
Scholz konnte mit ihr reden, ohne aus dem Wagen steigen zu müssen. Er grinste sie an. »Hören Sie mal, Sie Scherzbold. Glauben Sie nicht, daß es für diesen Aufzug etwas kalt ist?«
»Nein.«
»Gut. Wollen Sie trampen?«
»Das sehen Sie doch.«
»Und wo soll’s hingehen?«
Sie beugte sich vor. Ihr Haar klaffte dabei auseinander. Die beiden Hälften wehten vor ihr Gesicht. »Es ist mir egal. Und wenn ich in die Hölle trampe.«
»Wie nett. Wollen Sie einsteigen?«
»Nein.«
Scholz schüttelte den Kopf, schaute seinen Fahrer an, der ebenfalls nichts begriff und nur die Schultern hob. »Was soll das denn bedeuten? Sie stehen hier und…«
»Ich suche mir die Fahrer selbst aus, mein Herr. Schauen Sie mich an. Das kann ich mir leisten.«
»In der Tat«, sagte Siebel grinsend.
Scholz schaute ihn scharf an, bevor er sich wieder an die Anhalterin wandte.
»Was wollen Sie wirklich?«
»Sie suchen doch jemand – oder?«
»Kann sein.«
Sie lächelte breit. »Ist es nicht eine Frau, die Sie suchen?«
Scholz wurde plötzlich mißtrauisch. »Woher wissen Sie das?«
»Man hat es mir geflüstert.«
»Und wer?«
»Vielleicht ein Mann.«
»Wollen Sie nicht doch mit uns fahren?«
»Nein. Ich habe mich einmal entschlossen, und dabei bleibt es. Tut mir leid.«
Sie drehte sich um und schritt über eine Wiese den Hang hinab und dem Waldrand zu. Scholz und Siebel waren dermaßen überrascht, daß sie erst reagierten, als eine gewisse Distanz zwischen ihnen und der Frau lag. Dann sagte Siebel etwas, das Scholz elektrisierte.
»Reva. Es kann diese geheimnisvolle Reva gewesen sein!«
Scholz rammte die Tür auf. »Alarmieren Sie die anderen. Ich nehme die Verfolgung auf!«
Bevor Siebel etwas erwidern konnte, war er nach draußen gesprungen. Mit einem Satz hatte er den Straßengraben überquert. Die Frau kümmerte sich nicht um ihn, obwohl er hinter ihr herschrie. Sie ging mit schleifenden Schritten durch das hohe feuchte Gras, schaute ab und zu gegen den Himmel und bewegte schlenkernd den rechten Arm. Scholz konnte sich keinen Reim darauf machen. Irgend etwas mußte mit dem Arm passiert sein. Er beschleunigte seine Schritte, weil er die Frau noch vor dem Waldrand einholen wollte. Dabei ärgerte er sich, daß er den Männern nicht Bescheid gegeben hatte, sich an der Verfolgung zu beteiligen. Er kam sich
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