0569 - Teufel im Leib
Bode reagierte blitzartig, aber diese Tat hätte er der Dunkelhaarigen nicht zugetraut. Er schaute sogar dem Gerät nach, wie es zu Boden fiel und dort liegenblieb. Noch in der gleichen Sekunde zerknirschte es unter dem harten Tritt eines Absatzes.
Bodes Blick nahm ein ungläubiges Staunen an. »Was, zum Teufel, haben Sie da getan?«
Reva gab die Antwort lächelnd. »Ich zertrat Ihr Gerät, weil ich der Meinung bin, daß Sie es nicht mehr benötigen. Das ist alles.«
»Ach ja?« höhnte er. »Sie sind also der Meinung, aber ich habe eine andere.«
»Das bleibt Ihnen unbenommen.«
»Hören Sie zu. Ich rechne damit, daß Sie…« Er stoppte mitten im Satz, denn sie legte plötzlich ihre Hände auf seine Schultern. Plötzlich sah er das blasse, ebenmäßige Gesicht der Frau und die lockenden, dunklen Augen sehr nahe.
»Was… was tun Sie da, zum Henker?«
»Etwas Menschliches. Du bist ein Mann, ich bin eine Frau.« Ihre Hände wanderten weiter und erreichten auch sein Gesicht. Sie strichen über die Wangen wie kalte Totenfinger Bode bekam eine Gänsehaut. Er schauderte, sein Atem ging keuchend und heftig.
»Ich habe meinen Job zu machen, Reva. Ich werde nicht auf Sie reinfallen.«
»O doch!« flüsterte sie. Bevor er sie wegdrücken konnte, schob sie ihren Kopf vor und öffnete den schönen Mund.
Die wunderbar geformten Lippen ließen eine Reihe weißer Zähne frei, aber zwei davon wuchsen wie gekrümmte, sehr kompakt und spitz wirkende Dolche aus dem Oberkiefer.
Vampirzähne!
In diesem Augenblick hatte das Gesicht seine Schönheit verloren.
Es war nicht mehr als eine Larve, die den Blick in das Grauen freigegeben hatte.
Sie biß zu.
Killer hatten Gerd Bode bisher nicht überrumpeln können. Diese Frau aber schaffte es.
Er spürte die beiden Stiche am Hals. Das kurze, harte Brennen, dann den Schmerz, als sich die Frau regelrecht festbiß. Er wollte sie abschütteln, doch ein Gefühl der Schwere durchströmte seinen Körper. Das Blut schien zu flüssigem Metall geworden zu sein. Er merkte, wie sein Waffenarm nach unten glitt. Er hörte Geräusche, die ihn an ein Saugen und Schmatzen erinnerten, als wären ein Hund oder eine Katze dabei, ihren Teller leerzuschlecken.
Die Frau schleckte auch, aber Blut…
Sie ließ nicht von ihm ab. Als ihr Opfer in die Knie sackte, da hob sie den Mann an und hielt ihn in ihrem Griff.
Die Vampirin ließ nicht locker. Sie hörte erst auf, als sie sein Blut getrunken hatte. Dann ließ sie ihn aus ihrem Griff rutschen und schaute zu, wie er vor ihren Füßen zusammenbrach.
Die roten Lippen sahen aus wie verschmiert. Es hingen noch einige Blutstropfen an ihnen, die sie verrieben hatte. Sie wischte sie nicht weg, sondern ging dorthin, wo die Oberfläche des Sargs in einem tiefen Schwarz schimmerte.
Was Gerd Bode begonnen hatte, führte sie fort. Hin und wieder warf sie einen Blick auf ihr Opfer.
Bode rührte sich nicht.
Das würde sich bald ändern.
Kalt zogen die langen Nebelschwaden in die Mulde. Reva hatte nicht gelogen, sie liebte dieses Wetter tatsächlich. Besonders wenn die Nebel wie Leichentücher heranglitten.
Die Blutsaugerin arbeitete schnell und geschickt. Sie spürte, wie das frische Blut durch ihre Adern glitt und dort ein Sausen und Brausen hinterließ.
Teufel im Leib, dachte sie. Ja, ich habe den Teufel im Leib. Es ist wieder einmal soweit.
Und sie freute sich darüber, denn das frische, unverbrauchte Blut der Menschen gab ihr jedesmal die neue Kraft. Es füllte sie förmlich auf, so daß sie sich wieder wohl fühlen konnte.
Den großen Sarg hatte sie sehr bald freigelegt. Lange genug lag er in seinem Versteck. Sein Freilegen war praktisch das Zeichen für den Startschuß der Aktion D.
Das alte Blut meldete sich wieder. Es kochte, es hatte neue Nahrung bekommen. Dracula würde auferstehen und es der verdammten Welt, die voller Ignoranten steckte, zeigen.
Das war nicht alles.
Reva brauchte eine Mannschaft. Für ihn, für Dracula, denn auch er war schon ausgesucht worden.
Den ersten hatte sie bereits.
Der Mann, der nicht weit entfernt lag und sich plötzlich bewegte.
Sein Bein zuckte. Es sah so aus, als wollte er nach einem Ball treten, doch seine Hacke zog nur eine Furche in das feuchte Laub.
Reva nickte. Sie wußte jetzt, daß es soweit war und sie ihm aufhelfen mußte, denn zu Beginn waren ihre Opfer meist etwas schwach.
Sie bückte sich und faßte nach seiner rechten Hand. Dann zog sie ihn hoch, und er hob auch den Kopf an.
Ihre Blicke
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