065 - Dem Dämon als Geschenk
Blut war dann in der Teufelskapelle geflossen?
Ich mußte nachsehen! Esther schickte ich auf ihr Zimmer. Ich sagte ihr, daß sie sich wirklich keine Sorgen machen müsse, ich hätte alles unter Kontrolle.
Es fiel ihr nicht leicht, mir zu glauben, aber sie kehrte um, und ich eilte durch die große Halle und trat wenig später in die kalte Nacht hinaus.
Die Stablampe nahm ich in die Linke, den Colt Diamondback in die Rechte. Noch hatte ich die Lampe nicht eingeschaltet. Wir hatten fast Vollmond. Er hellte die Nacht soweit auf, daß ich ohne den Lichtstrahl meiner Lampe auskam.
Ich wollte nicht, daß er mich verriet und die beiden unheimlichen Spukgestalten verscheuchte. Aber vielleicht wußten sie auch so, daß ich mich ihnen näherte.
Ich hatte keine Ahnung, wieviel man ihnen verheimlichen konnte.
Als ich unter Esthers Fenster anlangte, blickte ich nach oben. Ich sah die blasse Gestalt hinter dem Glas. Esther war nicht zu Bett gegangen. Sie hatte mir nicht geglaubt, daß sie nur im Schlaf durch das Haus gewandert war.
Sie glaubte zu wissen, daß mehr dahintersteckte. Deshalb beobachtete sie mich jetzt. Ich winkte ihr zu. Für sie sollte das heißen, daß alles in Ordnung war.
Aber war es das wirklich? Davon würde ich mich erst gründlich überzeugen müssen. Gespannt schaute ich mich um, und meine Nackenhärchen sträubten sich leicht, als ich in meiner Nähe ein raschelndes Geräusch vernahm. Da war ein hoher Busch, an dem kaum noch Blätter hingen.
Er hatte so viele dichte Zweige, daß man sich dahinter dennoch verstecken konnte. Meine Hand umschloß den Kolben des Revolvers fester, als ich mich dem Busch näherte. Sollte ich angegriffen werden, würde ich den Stecher augenblicklich durchziehen. Mit schneller schlagendem Herzen erreichte ich den Busch und ging an ihm vorbei.
Deutlich spürte ich, wie sich meine Nervenstränge immer mehr strafften. Ich rechnete mit einer Attacke, glaubte sogar, daß es beide zugleich versuchen würden, doch ich irrte mich.
Nichts passierte. Niemand war da.
Es schien wirklich alles in Ordnung zu sein.
Ich drehte mich um und schaute wieder zu Esthers Fenster hinauf. Sie war nicht mehr zu sehen. Vielleicht hatte sie sich nun doch zu Bett begeben.
Und ich wollte mir nun die Teufelskapelle ansehen. Das war zwar nicht die günstigste Zeit dafür, aber ich fühlte mich im Zugzwang. Ich konnte nicht zu Vicky zurückkehren und so tun, als wäre alles in Butter.
Immerhin hatte ich Stimmen gehört, und dieser Sache mußte ich auf den Grund gehen.
Der Weg zur Teufelskapelle war schmal, holperig und von zum Teil dürr gewordenem Unkraut bewachsen. Auch hier gab es Büsche. Manchmal standen sie so eng beisammen, als wollten sie den Weg für sich beanspruchen und niemanden durchlassen.
Die Gefahr konnte überall lauern, deshalb ließ meine nervliche Anspannung nicht nach.
***
Urplötzlich ragte vor mir die alte, verwitterte Teufelskapelle auf. Ich blieb stehen. Mein Blick wanderte zum Glockenturm hinauf, den Dachrand entlang, über die Seitenfront wieder nach unten.
Hier also war Asmodis oft zu Gast gewesen. Hier waren ihm Menschen geopfert worden. Man hätte diese Stätte des Bösen schon längst entfernen sollen, aber anscheinend hatte niemand den Mut dazu gehabt.
Ich lauschte, vernahm aber nur die harmlosen Geräusche der Natur. Langsam ging ich weiter. Doch nach etwa zehn Schritten blieb ich abermals stehen, und mir wurde die Kehle eng.
Das Kapellentor war aufgebrochen! Die Steine lagen davor auf dem Boden, und das Tor selbst stand offen!
Esther Parks hatte einen Wahrtraum gehabt.
Folglich mußte auch stimmen, daß jemandes Blut in der Kapelle vergossen worden war. Ein Mensch mußte Zachary Jaggom und seiner Geliebten zum Opfer gefallen sein.
Jetzt knipste ich die Lampe an und ging bis zu dem Trümmerhaufen vor. Ich schickte den starken Lichtstrahl in die Kapelle des Grauens und rechnete damit, eine furchtbare Entdeckung zu machen.
Der Lichtfinger tastete an der Wand entlang. Nüchtern und kahl war sie, ganz schmucklos. Ich hatte schon Räume gesehen, in denen schwarze Messen zelebriert wurden. Sie waren mit schwarzem Pomp überladen gewesen. Hier gab es nichts. Nur den Altar, und ich konnte mir nur allzugut vorstellen, auf welche grauenvolle Weise die armen Opfer darauf ihr Leben verloren.
Der Altar sah aus wie ein Sarkophag. Er war nicht sehr hoch, und vor meinem geistigen Auge tauchte plötzlich eine schreckliche Vision auf.
Ich sah ein nacktes Mädchen auf dem
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