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0799 - Zum Nachtisch kam der Teufel

0799 - Zum Nachtisch kam der Teufel

Titel: 0799 - Zum Nachtisch kam der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Tagen Schatten. Sie streckten ihre Äste aus, als wollten sie nach allen Seiten um milde Gaben bitten.
    Jerry Prather zog sich wieder zurück und öffnete den Koffer, um die Kleidung herauszusuchen, die er später anziehen wollte.
    Ein graues Jackett, eine schwarze Hose, das weiße Hemd und die bunte Fliege. Ja, das gefiel ihm, es würde einen guten Eindruck machen. Er lächelte, als er an sein Testessen dachte. Er überlegte auch, ob er sich zu erkennen geben sollte, was allerdings nicht den Regeln entsprach.
    Er ging diesem Beruf gern nach, doch in der letzten Zeit nicht mehr. Zu viele seiner Kollegen, mit denen er sich zumeist nicht gut verstand, waren umgekommen.
    Sieben insgesamt!
    Als er daran dachte, überzog Röte sein schmales Gesicht. Das aufgehellte Blondhaar kribbelte, das glaubte er zumindest, und er strich mit einigen fahrig wirkenden Bewegungen über sein Kinn. Nachdenklich war er schon geworden. Bisher hatte er den Gedanken an den Killer verdrängen können, in dieser Minute aber, als er auf seine Kleidung schaute, kam er so heftig zurück.
    Warum nur?
    Jerry hatte plötzlich das Gefühl, ein Totenhemd aus dem Koffer geholt zu haben.
    »Unsinn!«, flüsterte er sich zu und wandte sich ab.
    Er zog die Sportjacke aus, hängte sie an einen Haken und ging ins Bad, die frische Wäsche auf dem Arm. Er kleidete sich langsam aus.
    Im Spiegel schaute er sich den Bauchansatz an. Den würde er immer behalten, er war eben der Typ dafür.
    Prather war fast fünfzig. Dennoch wollte er jünger wirken, verwendete viel Geld für Kosmetik und hoffte damit auf Chancen bei den Frauen. Dass er trotzdem nicht so ankam, lag an seiner Arroganz.
    Er trat an die Duschkabine heran und überprüfte die Armaturen.
    Im Prinzip funktionierten sie gleich, aber in jedem Hotel waren sie anders angeordnet. Hier hatte er keine Schwierigkeiten, die gewünschte Temperatur einzustellen. Erst als das Wasser aus der Brausetasse schäumte, streifte er seine eng sitzende Unterhose ab, einen Designerslip, so etwas gehörte dazu.
    Dann stieg er in die Kabine.
    Es war herrlich, sich den Strahlen der Dusche hinzugeben. Er ließ sie auf seinen Körper prasseln, genoss das harte Hämmern, und seine Gedanken gingen dabei auf Wanderschaft. Nur seltsam, dass ihm ausgerechnet jetzt die Duschszene aus dem Thriller »Psycho« einfiel.
    Da war der Killer mit dem langen Messer gekommen, hatte die Klinge durch den Vorhang in den Körper des Opfers gestoßen. Das Opfer sackte in sich zusammen, und das Blut verschwand kreiselnd im Abfluss.
    Eine Szene, die oft kopiert, aber nie erreicht worden war, überspielt von einer schrillen Musik, die ebenfalls in die Filmgeschichte eingegangen war.
    Die Kabine war groß genug, damit sich der duschende Mensch auch drehen konnte. Jerry Prather tat es, ohne das Wasser dabei abzustellen. Er beugte sich nur etwas nach vorn, sodass die Strahlen auf seinen Rücken hämmerten.
    Vor ihm befand sich der Duschvorhang. Auch er schimmerte in einem sanften Blau. An seiner Innnenseite allerdings klebte die Nässe in langen Streifen. Nur in Kopfhöhe war er noch relativ durchsichtig. Dort schaute Jerry hin – und wurde inmitten der heißen Strahlen zu Eis.
    Er stand regungslos.
    Sein Herz raste, denn was er gesehen hatte, wollte ihm nicht in den Sinn.
    Jenseits des Vorhangs stand jemand. Er sah ein Gesicht, da war er sich ganz sicher, nur den Schatten des dazugehörigen Körpers konnte er nicht entdecken.
    Warum schwebte dort das Gesicht? Hatte sich jemand einen Scherz mit ihm erlaubt und einen Ballon an einem Band befestigt, das Jerry nicht sehen konnte?
    Komischerweise wollte er daran nicht glauben. Sein Gefühl signalisierte ihm Gefahr, und er bekam schreckliche Angst.
    Sein Herzschlag trommelte noch stärker. Und allmählich erhielt die Furcht Flügel. Er konnte nur auf das Gesicht schauen. Die Dusche stellte er nicht ab, das Wasser rauschte hinter ihm in die Wanne, gurgelte in den Abfluss und produzierte dabei das gleiche Geräusch wie in dem Film von Hitchcock.
    Jerry Prather hatte sich zu stark auf den Gesichtsumriss konzentriert, deshalb sah er den Schatten viel zu spät. Erst als er den Vorhang etwas bewegte, wurde er aufmerksam.
    Lang, etwas dunkel und spitz…
    Ein Messer!
    Der Gedanke setzte sich wie ein Schrei in seinem Hirn fest. Prather glaubte, wahnsinnig zu werden. Plötzlich war alles anders. Das Leben war zum Horrorfilm geworden. Er befand sich bereits mittendrin in diesem reißenden Strudel, aber sein

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