096 - Kreuzfahrt des Grauens
Blutlache liegenden Körper.
Sein Atem ging schwer.
„Gut“, sagte er. „Das waren die drei ersten. Sie werden alle, alle folgen. Jede Menschenseele hier an Bord.“
Sein Gelächter hallte schaurig durch den Laderaum.
Noch in der Nacht wurde das Verschwinden der beiden Matrosen und des Stewards bemerkt. Am nächsten Morgen fand eine Suchaktion statt, aber die Männer blieben verschwunden. Es war, als hätten sie sich in Luft aufgelöst.
Die Marcos III machte volle Fahrt voraus und kreuzte durch die Sulusee. Die Insel Negros an der Backbordseite wurde passiert. Die Marcos III kam an Inseln und Inselchen vorüber. Die meisten waren unbewohnt und vulkanischen Ursprungs. Auf einigen gab es rauchende Vulkankrater.
Der Kapitän versammelte die Passagiere auf dem Promenadendeck am Bug. Er schilderte, wie vor dreizehn Jahren eine Insel, die gerade in Sicht kam, aus dem Wasser gestiegen war. Ein urwüchsiges Eiland, durch ein Seebeben gezeugt, das von einem unterseeischen Vulkanausbruch herrührte. Die Schilderung des Kapitäns, wie der Meeresboden sich an einer Stelle hob und dafür an anderen Stellen mehrere hundert Fuß absackte, war sehr anschaulich.
Beeindruckt sahen die Passagiere auf die Insel, die fünf Kilometer lang war und von einem tätigen Vulkan gekrönt wurde.
Auch Walter Martin, Sue Diaz, Gichin Yanakawa und Harriet Stone hatten den Vortrag des Kapitäns gehört. Yanakawa und Harriet waren ein Herz und eine Seele. Der kleine Japaner hielt die Hand der um einen halben Kopf größeren Blondine. Er bemühte sich, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen und war von einer Galanterie, daß Martin nur staunen konnte.
Die letzte Nacht war Sue zwar in Martins luxuriöser Erster-Klasse-Kabine geblieben, doch der Heidelberger Bauunternehmer hatte wieder nichts bei ihr erreicht.
Dabei war Sue von einer solchen Natürlichkeit und einem solchen Liebreiz, daß Martin ihr nicht einmal grollen konnte.
Er tröstete sich mit der Erkenntnis, daß andere Länder andere Sitten haben, und traf die Feststellung, daß ihm in Mannheim so etwas nicht passiert wäre.
Als die Passagiere das Promenadendeck verließen, wandte sich Kapitän Rizar an Larry Ridderboom, den langen Ersten Offizier. Ridderboom schwankte sanft hin wie ein Rohr im Wind. Aus seinem Mund wehte eine umfangreichere Fahne als die am Flaggenmast des Schiffes.
„Ridderboom“, sagte der Kapitän mit sanftem Tadel, „Sie haben wieder getrunken.“
„Nur einen Fingerhut voll, Sir. Das klärt den Blick und bringt den Belag von den Zähnen.“
„Ihre Fingerhüte kenne ich“, sagte der Kapitän. „Die fassen eine Viertel Gallone. Kontrollieren Sie Laderaum VIII. Mit einer Lieferung stimmt etwas nicht.“
„Aye, aye, Sir, wird sofort erledigt.“
Kopfschüttelnd sah der Kapitän Ridderboom nach.
Mit zwei Matrosen ging der Lange zum Laderaum VIII. Die Männer fanden dort drei schrecklich zugerichtete Tote in dem engen Spalt zwischen zwei Ladungseinheiten.
Es waren die Vermißten, der Steward und die beiden Matrosen. Ridderboom wurde erst bleich und dann grün im Gesicht, als er die starren, blutigen Körper sah, und das viele, getrocknete Blut. Er schickte einen der Matrosen zum Kapitän.
Dann nahm er zuerst einmal die flache Flasche aus der Brusttasche seiner zerknautschten, ehemals weißen Seeoffiziersuniform, und genehmigte sich einen Schluck zur Nervenstärkung.
Kapitän Rizar kam und sah sich die drei Toten an. Er ließ sie aus dem engen Versteck hervorziehen, was nicht leicht war, da die Leichenstarre inzwischen eingetreten war. Der Schiffsarzt untersuchte die Leichen, aber die Todesursache war auch so offensichtlich.
Bleich im Gesicht sagte der Schiffsarzt: „So schrecklich zugerichtete Tote habe ich in meiner zwanzigjährigen Ärztelaufbahn nicht zu Gesicht bekommen. Sehen Sie nur, Kapitän, ihre Gesichter sind von Todesfurcht und Grauen verzerrt. Sie müssen etwas Gräßliches erlebt haben, ehe sie starben.“
Der Kapitän nickte, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Das Gerede der Matrosen fiel dem Kapitän ein. Sie sagten, das Schiff sei verflucht, seit der Teufel selbst es in Gestalt eines schwarzen Albatros mit Totenkopf und Glutaugen umkreist habe. Rizar glaubte nicht an derlei Schauermärchen, aber auch ihm war klar, daß die Fahrt unter keinem guten Stern stand.
„Wir schicken Funksprüche an die Reederei, an die Marine und an die Polizei“, entschied der Kapitän. „Die Passagiere und die dienstfreien
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