0964 - Königin der Toten
kam Jarrel wieder zu sich und fragte: »Werden sie denn zurückkehren?«
»Das hoffe ich stark.«
»Auch meine Nichte?«
»Selbstverständlich.«
Jarrel konnte es nicht glauben. Er schaute Sir James forschend an, wie jemand, der die Lüge in den Augen eines anderen entdecken wollte. »Ich kann das nicht nachvollziehen, Sir, denn für mich ist die Sache so gut wie ausgestanden. Ich kann nicht mehr daran glauben, daß meine Nichte zurückkehrt. Trotzdem habe ich meinen Bruder und meine Schwägerin noch nicht verständigt. Die würden mich vierteilen, wenn sie hören, was hier abgelaufen ist. Außerdem würden sie mir kein Wort glauben und mich für verrückt halten.«
»Das ist sicher richtig.«
Jarrel nickte. Dabei knetete er nervös seine Hände. »Gut, Sir, dann warten wir.«
Bevor Jarrel sich setzte, bat Sir James um einen Schluck Wasser.
»Ja, mit möglichst wenig Kohlensäure. Falls Sie das im Haus haben, Mr. Jarrel.«
»Nein, habe ich nicht. Nur ein normales.«
»Dann das, bitte, und bringen Sie bitte einen Löffel mit, damit ich die Kohlensäure herausrühren kann.«
»Gut, werde ich machen.« Er verschwand in der Küche und ließ seinen Besucher allein zurück.
Sir James dachte nach. Was bisher geschehen war, gehörte zu einem großen Plan, und Sir James war davon überzeugt, daß dieser Plan noch am Anfang stand. Aber was steckte dahinter?
Spekulieren konnte er nicht mehr. Seine Gedanken drehten sich um Atlantis. Etwas mußte aus der Vergangenheit hervorgetreten sein, um in der Gegenwart zuzuschlagen.
Niemand kannte sich auf dem versunkenen Kontinent aus. Zumindest nicht er, auch nicht John Sinclair oder Suko, obwohl sie schon des öfteren dort gewesen waren. Dazu war dieser Kontinent einfach zu vielschichtig. Auch damals hatte es gewisse Strukturen gegeben. Freund - Feind. Magie aufgeteilt in weiße und schwarze.
Das alles kam zusammen, und darauf hatten sich Dinge entwickelt, die noch bis in die Zukunft hinein bestehen blieben.
Er schaute hoch, als Jarrel mit dem Wasser kam. Das Glas in seiner Hand zitterte und der in der Flüssigkeit steckende Löffel klapperte.
»Danke«, sagte Sir James, als er das Glas entgegennahm. »Das ist wirklich nett von Ihnen.«
»Ich trinke es nur selten.«
Sir James rührte um. »Verstehe. Aber Sie können sich ruhig setzen, Mr. Jarrel.«
»Ja, gern.« Er nahm Platz. Allerdings so, daß er die Tür im Blickfeld hatte. »Wann kommt denn diese Miß Collins?«
Sir James schaute auf seine Uhr. »Sie rechnete mit einer Stunde Fahrzeit, aber Sie kennen ja den Verkehr. Da kann man sich auf keine Zeiten mehr festlegen.«
»Ja, es ist schlimm geworden.« Er rieb seine Handflächen gegeneinander. »Glauben Sie denn, Sir, daß Jane Collins etwas ändern kann?«
»Ich weiß es nicht. Aber auch sie ist - sagen wir - eine besondere Person.«
»Da bin ich gespannt.«
»Das dürfen Sie auch.« Sir James nahm den ersten Schluck und war zufrieden. »Ja, das wird meinen Magen nicht belasten. Es ist kaum noch Kohlensäure drin.«
Jarrel schüttelte den Kopf. »Daß Sie in dieser Lage an so etwas denken können.«
Sir James lächelte. »Wissen Sie, Mr. Jarrel, wenn Sie so lange in einer Arbeit stecken wie ich, dann ist Ihnen nichts Menschliches mehr fremd. Ich habe Dinge erlebt, die würden Sie mir nicht glauben. Unsere Abteilung hat gute Erfolge aufzuweisen, deshalb bin ich recht optimistisch. Sie haben John Sinclair und Suko kennengelernt. Das sind erfahrene Spezialisten, die wissen genau, was sie tun.«
»Auch bei derartigen Entführungen?«
»Ja.«
James Jarrel überlegte. »Ich wünschte mir wirklich, daß ich Ihren Optimismus teilen könnte.«
»Das verstehe ich, aber für mich sind solche Fälle halt nichts Neues. Sie wären sicherlich ruhiger, wenn Sie in meiner Haut stecken würden.«
»Kann sein.«
Die Zeit verging. Jarrel schwieg. Er starrte ins Leere. Seine Gedanken drehten sich, und er zuckte zusammen, als das Telefon tutete.
»Soll ich abheben, Sir?«
»Natürlich. Reagieren Sie völlig normal.«
»Das ist schwer.« Er meldete sich und erbleichte, was auch Sir James auffiel, dessen Haltung gespannter wurde. »Hi, Margret, schön, daß du anrufst.«
Es war also nicht Jane, sondern eine Bekannte des Mieters. Sir James entspannte sich wieder, wurde aber in den folgenden Sekunden aufmerksamer, denn aus dem Gespräch hörte er heraus, daß diese Margret Jarrels Schwägerin war.
»Nein, Margret, du kannst leider nicht mit deiner Tochter sprechen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher