0985 - Luzifers Gesandte
wie die Glut aus der Hölle keuchten, aber das war nicht alles, denn aus dem Feuer hervor schob sich die Gestalt einer Frau, deren Gesicht bis hin zu den Augenbrauen normal aussah, doch sah sie schrecklich aus.
Da gab es keine Haare und keine Haut mehr. Der gesamte Kopf bestand in seiner oberen Hälfte aus einem zuckenden, pulsierenden und sich windenden Gehirn.
Zebuion spürte den Eishauch der tödlichen Gefahr, der von dieser Person ausging. Sie war unvollständig bekleidet. Dünner Stoff oder dünnes Leder bedeckte den Körper an gewissen Stellen, aber Zebuion schaute nur in das Gesicht, während er in dieser seltsamen Welt schwebte.
Er hatte die Grenze erreicht. Vor ihm lauerte die Unterwelt zusammen mit ihrer Herrin. Es war ein Bild, eine Szene, eine Welt, und Zebuion wußte genau, in welchen Dimensionen er sich befand.
War es tatsächlich eine Traumwelt? War diese Welt durch einen Träumer geschaffen worden?
Nein, das wollte und konnte Zebuion nicht glauben. Diese hier war einfach anders. Es konnte keine Traumwelt sein. Er kannte sie gut genug, er hatte sie durchflogen, und vielleicht lag diese Welt noch jenseits der Traumwelten. Möglicherweise war er in eine Region vorgestoßen, die selbst für ihn neu war.
Aber die Frau stand im Feuer. Sie glühte nicht, während um sie herum die Flammen tanzten und mit ihrer Hitze Gestein zum Schmelzen brachten.
Nur sie nicht und auch nicht ihr Gehirn, dessen Masse zwar zuckte und sich wand, aber nicht verging.
Beide starrten sich an.
Sie wußten, daß sie noch einmal zusammentreffen würden, und Zebuion merkte, wie sich der Druck um ihn herum verstärkte. Er sah sich plötzlich in einer Falle, während sich die andere Welt immer weiter zurückzog und die Lücke mit dem lodernden Feuer kleiner und kleiner wurde.
Dann war sie verschwunden.
Ein Taumel packte den Schattenkrieger, der sich dagegen nicht wehren konnte. Er schlug mit den Flügeln um sich, raste aber trotzdem hinein in das Nichts.
Das war der Augenblick, in dem Barry F. Bracht wieder aus seinem Schlaf erwachte…
***
Der Lektor schlug die Augen auf. Er stöhnte leise. Er schüttelte auch den Kopf, als er nach vorn schaute und kein Feuer mehr sah. Keine Frau, auch keine Schatten, dafür schälten sich allmählich die Umrisse des Parks hervor, gerieten in sein Blickfeld. Ihm kam es vor, als würde jemand einen Vorhang intervallweise aufziehen. So hatte ihn die normale Welt zurückbekommen.
Barry schüttelte den Kopf. Er fror. Das Gefühl durchlief ihn wie eiskaltes Wasser.
»Ist Ihnen nicht gut?«
Bracht schrak zusammen, als er die Stimme der Frau hörte. Er schaute nach rechts und sah die Person in einer respektablen Entfernung schräg vor der Bank stehen.
Die Frau war schon älter. Sie hatte graues Haar, trug einen hellen Übergangsmantel und auf ihren Armen einen schwarzen Pudel, der leise knurrte.
Barry wischte über seine Augen. »Doch, danke, mir geht es gut. Ich muß wohl eingeschlafen sein.« Er wurde angelacht. »Und ob Sie eingeschlafen sind, Mister, ich habe Sie sogar schnarchen gehört.«
Barry lächelte. »Das hat Sie doch hoffentlich nicht erschreckt.«
»Nein, aber komisch ist es schon. Und gefährlich.« Sie stellte ihren Hund wieder auf den Boden, und zwar so behutsam, als wäre er aus Prozellan. Sie richtete sich wieder auf. »Früher war es ja anders, aber heutzutage treibt sich viel Gesindel herum. Sie haben Glück gehabt, Mister.«
»Wieso?«
»Man hätte sie auch ausrauben können.«
»Ja, das stimmt«, gab Barry zu. »Deshalb bin ich Ihnen auch dankbar, daß Sie mich geweckt haben. Aber ich habe in der letzten Zeit kaum Schlaf gefunden, da dachte ich, daß mir die frische Luft guttun würde. Nun ja, der Körper holt sich eben immer, was er braucht, denke ich. Auch den Schlaf am Tage.«
»Das sollten Sie aber bei sich zu Hause tun.«
»Danke, ich werde Ihren Rat beherzigen.«
Der Pudel fing an zu kläffen und zerrte an der Leine. Er wollte weg, und Frauchen tat ihm und auch Barry den Gefallen. Sie ließ den Lektor allein zurück, der zunächst einmal aufatmete und sich streckte. Er war froh, daß sie gegangen waren, so konnte er über die Erlebnisse des Schattenkriegers nachdenken.
Zebuion hatte seine Erlebnisse dem Schlafenden mitgeteilt, von dessen Gehirn sie gespeichert worden waren. So konnte sich Barry F. Bracht an jedes Detail erinnern, aber - wie er selbst zugeben mußte, es war ihm sehr fremd. Er kam damit nicht zurecht. Dieser Flug des Schattenkriegers hatte
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