1005 - Im Bann des alten Königs
recht ist.«
»Ja, danke sehr.«
»Kann ich Sie jetzt allein lassen?« fragte der Constabler.
»Natürlich. Warum? Was ist?«
»Es gibt da einen Streit, den ich schlichten müßte. Kein großer Einsatz, aber es sind Leute, die nicht eben zu den harmlosesten zählen, wenn Sie verstehen.«
»Immer, Mr. Bull, gehen Sie nur.«
»Sie halten hier die Stellung?«
»Ja, ich…«
Das Telefon meldete sich. Bull hob ab, lauschte nur kurz und nickte. »Es geht schon los. Verdammt, daß diese Burschen nie friedlich miteinander umgehen können.« Er hatte es so eilig, daß Suko nicht auf den Gedanken kam, ihn zu fragen, wohin er wollte. Der Constabler eilte der Tür entgegen und war sehr bald verschwunden.
Allein blieb der Inspektor zurück. Nein, nicht ganz, denn im Anbau lagen die beiden Toten, von denen sich einer so furchtbar verändert hatte. Suko zog eine Wasserflasche aus dem Kasten, drehte sie auf und trank. Auf dem Schreibtisch stellte er sie ab. Dabei überlegte er, ob er nicht noch einmal nachschauen sollte. Er konnte sich auch vorstellen, daß es eine Veränderung gegeben hatte. Die Augen waren nicht nur zum Spaß so anders geworden.
Er stand auf. Ging zum Fenster. Öffnete es. Die Luft mußte ausgetauscht werden. Im Büro war sie ihm einfach zu muffig geworden.
Er schaute hinaus und dachte daran, daß sich die Dämmerung bald über den Ort legen würde.
Nicht daß er sich davor und vor der folgenden Nacht besonders gefürchtet hätte, aber ein ungutes Gefühl hatte ihn schon überkommen, und er merkte, wie ein Schauer über seinen Rücken floß.
Die Nacht war wichtig. Sie würde wichtig werden. Dieser Gedanke hatte Suko urplötzlich überfallen, und er konnte sich auch so einfach nicht von ihm trennen. Irgend etwas mußte oder würde geschehen.
Draußen war nichts zu erkennen. Der normale Betrieb lief weiter.
Menschen hielten sich im Freien auf. Sie suchten, sie kauften, sie gingen in die Kneipen, die kleinen Cafés oder Bistros, das alles gehörte einfach zum Bild der Stadt, aber es war niemand da, der auch hinter die Kulissen schaute.
Wenn Menschen am Fenster vorbeigingen, warfen sie Suko höchstens einen erstaunten Blick zu, aber sie gingen weiter. Fragen wurden nicht gestellt.
Suko schloß das Fenster wieder. Er zog sich zurück in seine kleine, selbst gewählte Einsamkeit, die zu einer Oase der Stille geworden war, in der sich nur Suko bewegte.
Er nahm seinen Platz hinter dem Schreibtisch wieder ein. Er trank und schaute sich um. Er suchte nach einem Lesestoff, dachte auch an Shao, seine Partnerin, die in London saß und auf ihn wartete.
Suko spürte das schlechte Gewissen. Er griff deshalb zum Telefon, rief Shao an, die schon auf die Nachricht gewartet hatte.
Suko konnte sie beruhigen. Über die Veränderungen in Sinclairs Augen sagte er nichts. Vielleicht hing auch dies mit dem Fluch der Sinclairs zusammen.
Danach hüllte ihn die Stille wieder ein. Es kam auch kein Besucher. Die Polizei in Lauder konnte hier einen ruhigen Job verrichten.
Hier kannte man die Drogenkriminalität nur aus den Medien. Dafür liefen andere Dinge ab. Hinter den Kulissen, versteckt und unheimlich. Dabei ausstrahlend. Besonders für Suko zu spüren. Es gab keine sichtbare Veränderung, und er hätte sich eigentlich entspannen können, wie es sonst seine Art war. Nur wollte ihm das nicht so recht gelingen, denn hier lauerte etwas hinter den Kulissen.
Ihn hielt eine ungewöhnliche Nervosität umklammert. Ungewöhnlich für ihn, denn seine asiatische Erziehung in einem Kloster war auch nach all den Jahren in Europa noch immer präsent. Er war der stillere Part zwischen John und Bill. Er brachte immer die entsprechende Geduld auf, er wartete ab, um dann blitzschnell und genau zum richtigen Zeitpunkt zuschlagen zu können.
An diesem Tag jedoch nicht.
Und es hatte auch nichts direkt mit den Ereignissen der Vergangenheit zu tun. Aber natürlich mit den beiden Toten, die Suko in seiner Nähe wußte.
Er fühlte sich auf irgendeine Art und Weise zu ihnen hingezogen, ohne behaupten zu können, was der wirkliche Grund war.
Es lag etwas in der Luft…
Suko stand auf. Seine Schritte dämpfte er schon, als er auf die Tür zuging, hinter der der Zellengang lag. Anschließend ging es dann in den Anbau.
Er öffnete die Tür.
Der erste Blick in den Gang.
Er war leer.
Nichts hatte sich getan, nichts hatte sich verändert. Zumindest nicht äußerlich. Aber da war trotzdem etwas, das ihm nicht gefiel.
Suko wollte nicht von
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