1033 - Schlangenfluch
fremde Musik anhörte. »Wer sollte uns hier finden? Wer sollte überhaupt nach uns suchen?«
»Da kenne ich einige Menschen. Freunde, die sicherlich schon in Alarmbereitschaft versetzt worden sind.«
»Wie kommst du denn darauf, Jane? Du bist nur eine Nacht lang weg. Ich aber lange Zeit. Und meine Verwandten leben in Schottland. Mit ihnen habe ich kaum Kontakt.«
»Du kennst meinen Beruf, Kelly. Ich bin Privatdetektivin. In meinem Job habe ich es mir angewöhnt, nicht ohne Rückendeckung zu arbeiten.«
»Gibt es die jetzt auch?«
»Ja.«
»Wem hast du Bescheid gegeben?«
»Der Frau, in deren Haus ich wohne. Sie ist schon älter, aber mehr auf Zack als mancher junge Mensch. Wie ich Lady Sarah kenne, wird sie einiges in Bewegung setzen, um mich oder uns zu finden.«
»Falls es nicht schon zu spät ist«, sagte Kelly Farlane leise und flüsterte auch weiter. »Ich fürchte mich wie wahnsinnig vor diesem Ritual, von dem Peter Gilmore gesprochen hat. Ich komme damit einfach nicht zurecht. Es ist so aus der Welt, wenn du verstehst.«
»Klar, das begreife ich.«
»Hast du keine Angst?«
»Ich versuche eben, mich zu beherrschen. Zudem habe ich einfach zuviel erlebt, Kelly.«
»Da kann ich nicht mitreden.«
Wieder schaute Jane auf die Uhr. Es wirkte wie abgesprochen, denn kaum hatte sie ihren Blick angehoben, als die Schlangen plötzlich unruhig wurden. Beide Frauen schraken zusammen. Selbst die Tiere auf der Treppe blieben nicht mehr ruhig liegen.
»Ich denke, daß Peter kommt!« flüsterte Jane.
»Hast du ihn gehört?«
»Nein. Aber die Schlangen, denn sie haben die Vibrationen wahrgenommen. Darauf reagieren sie. Schlangen sind sensibler als wir denken.« Das letzte Wort war gesprochen, da hörten sie die Tür am Ende der Treppe klappern. Sie schleifte beim Öffnen leicht über den Boden. Beide Frauen drehten die Köpfe in die entsprechende Richtung.
Der Lichtschein bestrich auch die Stufen. Zwar nicht so hell wie direkt innerhalb des angrenzenden Kellers, aber er war vorhanden, und so konnten die beiden sehen, daß es tatsächlich Peter Gilmore war, der die ersten Stufen herabkam.
Er brachte das Frühstück. Auf einem Tablett hatte er das Geschirr sortiert und auch das Essen bereitgelegt. Sogar eine Warmhaltekanne hatte dort ihren Platz gefunden.
Von den auf der Treppe liegenden Schlangen ließ sich der Mann nicht beirren. Er stieg locker die Stufen hinab, denn daß Tiere dort lagen, war er gewohnt.
Sein Gesicht sah starr aus. Das Lächeln auf den in die Breite gezogenen Lippen wirkte verfremdet. Locker kam er näher und stellte das Tablett ab.
Wäre er nicht von seinen Lieblingen bewacht worden, dann hätte Jane ihn längst angegriffen. So aber blieb sie sitzen und schaute zu, was der Mann weiterhin unternahm. Für das gefüllte Tablett hatte sie keinen Blick übrig.
»Ich bin ja kein Unmensch«, sagte er und griff in die Tasche, um einen blinkenden Schlüssel hervorzuholen, den er dann auch hochhielt. »Deshalb möchte ich das Leiden meiner Freundin Kelly gern beenden. Du freust dich doch, Kelly?«
Die Angesprochene gab keine Antwort und preßte nur die Lippen zusammen. Es war zu hören, wie sie durch die Nase atmete. Ohne Jane Collins eines Blickes zu würdigen, ging Peter Gilmore auf Kelly Farlane zu. Er winkte wieder mit dem Schlüssel, der im Licht der Lampen funkelte.
Dann schloß er die Ringe an beiden Handgelenken der Frau auf.
Damit war Kelly frei. Nur konnte sie mit ihrer Freiheit nichts anfangen. Sie war einfach zu schwach und sackte auf der Stelle zusammen. Peter war großzügig, er fing sie auf.
Jane hatte schon hinlaufen wollen. Nach den ersten Bewegungen schon war sie wieder in ihre alte Sitzposition zurückgesunken, denn dieses Zucken hatte den Schlangen in ihrer Nähe nicht gefallen.
Zwei von ihnen richteten sich auf.
Jane schaute auf ihre flachen Körper und auf die aus den Mäulerspalten huschenden Zungen, die immer wieder vorfuhren und dann zurückglitten. Sie tat nichts. Es war besser, wenn sie vorerst nur als Beobachterin fungierte.
Kelly saß auf dem Boden. Mit dem Rücken lehnte sie an der Steinwand. Dabei rieb sie ihre Handgelenke, bei denen die Haut durch das Eisen aufgescheuert worden war und einen dünnen Film aus Blut zeigten.
»Ich will mal nicht so sein«, erklärte Peter Gilmore. Er hockte sich nieder, öffnete die Kanne und schenke die braune Brühe in zwei verschiedene Becher ein.
Das Getränk war heiß und dampfte. Die Frauen nahmen den Duft überdeutlich
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